31 Mai 2010

Wettbewerbsfähigkeit der Länder dieser Welt

Der deutsche Bundespräsident tritt zurück

und die brasilianischen Medien sehen diesen beispiellosen Vorgang auch Stunden danach nicht als bedeutend genug an, um ihm einige Zeilen auf der Titelseite ihrer Internetmedien zu widmen:
Deutsche Medien, hier stellvertretend die FAZ, sehen den Rücktritt naturgemäß in einem anderen Licht:


Die globale Internetausgabe der New York Herald Tribune sagt zum Rücktritt auf der ersten Seite nur unter "ferner liefen":

MORE NEWS
Gunmen Kill 12 at Pakistan Hospital 40 minutes ago
Toll From Tropical Storm Rises in Central America 11:56 PM ET
German President Quits Over Remarks on Military 2:03 PM ET

Das zeigt klar, wir sind nicht der Nabel der Welt!
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Eben kam dieser Kommentar herein:

Hallo Herr Naumann,

ich habe die Schlagzeilen in den brasilianischen Medien auch schon gesucht und vermisst. Lediglich bei terra (http://noticias.terra.com.br/mundo/ultimasnoticias/0,,EI294,00.html), in der Rubrik "Mundo" findet man hierzu etwas ausführlicheres:


Viele Grüsse
Torsten Lesniak

27 Mai 2010

Arbeitslosenzahl sinkt in Brasilien

Heute sagte mir ein deutscher Kunde, dass er Überstunden fahre und fragte mich nach der Situation in Brasilien. Von hier ist auch Erfreuliches zu vermelden, denn seit der Einführung der PME - Pesquisa Mensal de Emprego, also monatliche Beschäftigungserhebung durch das IBGE - Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística im März 2002 gab es in einem April noch nie so wenige Arbeitslose. "Nur" 7,3 % der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung war arbeitslos. 51 % der Beschäftigten waren in einem regulären Arbeitsverhältnis mit unterschriebenem Arbeitsbuch (carteira de trabalho assinada), zusammen mit den Angestellten des Öffentlichen Dienstes und des Militärs sind also 59,8 % der Beschäftigten regulär angestellt, der Rest arbeitet im grauen Markt. Auch die 59,8 % sind ein neuer Rekord seit März 2002.

In den letzten 12 Monaten seit April 2010 wurden 997.000 neue Arbeitsplätze geschaffen; damit wuchs die arbeitende Bevölkerung um 4,3 % auf 21,8 Millionen Personen. Bleibt die grosse Frage, was der Rest der Bevölkerung von ca. 168 Millionen Personen macht! Der kann doch nicht nur aus Kindern, Hausfrauen, Rentnern und Arbeitslosen bestehen? Zahlen tatsächlich nur ca. 60 % von 21,8 Mio. = 13 Mio. Personen Sozialversicherungsbeiträge und Steuern, unter Einbeziehung des Öffentlichen Dienstes und der Streitkräfte? Oder sind die 21,8 Mio. Beschäftigte die mit dem Arbeitsbuch? Das geht leider nicht so klar aus der Erklärung des IBGE hervor.

25 Mai 2010

Wichtiges Luftfahrtabkommen zwischen EU und Brasilien unterzeichnet

Das Abkommen war überfällig, denn heute gibt es 20 Länder der EU ohne direkte Anbindung an Brasilien. Ab dem 14.7.2010 wird sich die Anzahl der Flüge zwischen beiden Regionen steigern, denn dann kann Brasilien von jedem europäischen Flughafen aus angeflogen werden.

Ausserdem wird der Flugzeugexport Brasiliens in die EU erleichtert, denn künftig reicht die brasilianische Zulassung, sie braucht in der EU nicht noch mal gemacht zu werden.

Schade, dass die Pharma- und Kosmetikindustrie nicht ähnlich behandelt wird. Diese müssen ihre Erzeugnisse leider weiterhin bei unserer ANVISA zulassen, ein langwieriger und oft auch teurer Prozess.


Uwe Schwarz bei Karlheinz K. Naumann

Hier steht er neben mir in meinem Eurolatina - Büro und lässt sich erklären, wie unser Firmenpool Brasilien / Mercosur der IHK Essen funktioniert. Im Gegenzug erzählte er mir, was es mit dem GERMAN BRAZIL CLUB auf sich hat, dessen General Manager er für São Paulo ist und der nach wenigen Wochen Existenz in Brasilien schon sehr regen Zulauf hat. Sein Club gehört zum GERMAN WORLD CLUB in Dubai; es gibt örtliche Clubs - immer ausserhalb Deutschlands - in Brasilien, Kanada, Neuseeland, Spanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, Gründungen in weiteren Ländern sind in Vorbereitung. Man kann nur Clubmitglied werden, wenn man dazu eingeladen wird, diese Ehre wurde mir heute zuteil. Wer mehr über den GERMAN BRAZIL CLUB wissen möchte, sollte Uwe Schwarz eine E-Mail schicken.

Musterversand aus dem "Billiglohnland" Brasilien nach Deutschland


Das war einmal! Das Billiglohnland. Und ist nicht mehr, wie folgender E-Mail-Wechsel unserer Frau Kunze mit einem Kunden zeigt:

Sehr geehrte Herren,
die Muster (siehe Foto) sind schon eingepackt, ich warte nur noch auf den Preis von Frankfurt bis zu Spaichingen. Bis jetzt sind folgenden Kosten bekannt:
- R$ 80,00 - Motoboy (Eurolatina / Senior)
- R$ 793,00 - Packung und Service Fa Senior)
- US$ 348,80 - Fracht bis Frankurt.
Ich hoffe, alle Kosten bis morgen zusammen haben.
Mit freundlichen Grüssen
Vera Kunze

Guten Tag, sehr geehrte Frau Kunze,
ich danke für Ihre Kostenaufstellung. Bei diesen Kosten wäre es gar nicht so abwegig, selbst nach São Paulo zu fliegen, einige Flaschen als Muster mitzunehmen, evtl. ein Kontaktgespräch mit Horizonte zu führen, um dann wieder zurückzufliegen. Ein Hin-/Rückflug mit Iberia kostet zur Zeit zwischen € 700,-- und € 800,--. Die Muster-Versandkosten kommen laut Ihren Ausführungen auf ca. € 670,--. Die Alternative des „Hinfliegens“ werde ich in den nächsten Tagen prüfen.

Wir bedanken uns und wünschen Ihnen noch einen schönen Tag!
Mit freundlichen Grüßen
G. S.

21 Mai 2010

Vielleicht macht eine Schwalbe doch den Sommer? Euro-Kurs geht steil nach oben!

20 Mai 2010

Wo kann man einfach Geschäfte machen?

Leider nicht in Brasilien. Ich habe eben den Antrag für eine allgemeine Importgenehmigung an's Notariat geschickt und Sie werden es nicht glauben:
  • 5 Formulare
  • 3 Buchhaltungsunterlagen
  • 2 Vollmachten
  • 70 Seiten zu beglaubigen
Darunter der Nachweis, welche Kunden und Lieferanten man im In- und Ausland hat, welchen Umsatz man mit ihnen macht etc.

Das schweizerische Institut IMD hat wieder mal eine Rangliste von Ländern veröffentlicht, in der diese nach der Leichtigkeit, in ihnen und mit ihnen Geschäfte zu machen, bewertet sind. Hier sind die Gewinner:
  1. 100 Singapur
  2. 99 Hong Kong
  3. 99 USA
  4. 96 Schweiz
  5. 92 Australien
  6. 91 Schweden
  7. 90 Kanada
  8. 90 Taiwan
  9. 90 Norwegen
  10. 87 Malaysia
Deutschland gehört nicht zu den ersten Zehn und Brasilien landete auf Platz 38 mit knapp 57 Punkten. Wir haben Nachholbedarf bei der Infrastruktur und bei der Regierungseffizienz, auch Gesundheits- und Erziehungswesen verhinderten einen besseren Platz.

Der benutze Weltwettbewerbsfähigkeitsindex ist in einem Jahrbuch veröffentlicht. Für Details klicken Sie bitte in den Link.

19 Mai 2010

Brasilianische Importkosten

werden von den Exporteuren im Ausland oft als extrem hoch empfunden. Der erste Blick gibt Ihnen Recht, aber klicken Sie bitte links in die Tabelle und Sie können ein Beispiel im Detail ansehen. Und bedenken Sie, dass brasilianische Waren beim Verkauf durch den Hersteller auch ICMS, IPI, PIS und COFINS zahlen. Der Unterschied ist also nicht sooo groß, wie gemeinhin angenommen wird. Außerdem gibt es Zollbefreiung oder -reduzierung für Waren, die nicht in Brasilien hergestellt werden und seit kurzem auch subventionierte Finanzierung importierter Waren, für die diese Zollbefreiung bzw. -reduzierung gewährt wurde. Finanziert werden auch die reinen Importkosten, d.h. alle Steuern, Zölle und Abgaben, siehe dazu auch FINANCIAMENTO. Ich war deswegen extra in Rio bei der BNDES, um mich zu informieren. Bei dieser Gelegenheit habe ich für EUROLATINA eine Partnerschaft mit der BANCO INDUSTRIAL vereinbart, um diese Finanzierung für unsere Kunden abwickeln zu können. Zuletzt noch der Hinweis, dass man sich ähnlich wie in Deutschland die beim Einkauf in Brasilien gezahlten Steuern beim Verkauf gutschreiben lassen kann.

Liegt Klondike in Brasilien?

Natürlich nicht, aber das El Dorado scheint nahe. Denn es herrscht Goldgräberstimmung. Um vor Überraschungen sicher zu sein, hatte die Zentralbank den IBC-Br geschaffen, den Index der Wirtschaftsaktivität der Zentralbank. Und dieser wuchs im ersten Vierteljahr des laufenden Jahres gegenüber dem Vorjahresvergleichsraum um 9,85 %. Am 8.6. werden wir mehr wissen, wenn das IBGE - unser Statistisches Bundesamt - die BIP-Zahlen bekanntgibt. Ich bin gespannt, ob wir an den Rekordwert von 1976 herankommen, als die Wirtschaft um 10,26 % wuchs. Zwischen 1968 und 1973 hatte Brasilien sein Wirtschaftswunder und seine goldenen Jahre mit dem höchsten Wachstum seiner Geschichte, welches 1973 chinesische Dimensionen erreichte, nämlich 13,97 %.

Wer Gold in Brasilien schürfen will, hat Gelegenheit, mit mir in Deutschland und Österreich über seine Chancen zu sprechen. Vom 8. - 11.6.2010 halte ich wieder kostenlose Sprechstunden in der IHK Essen ab, Anmeldungen nimmt Herr Slomke von der Kammer für Gespräche in Essen entgegen. Die IHK Essen ist der Träger des von mir geleiteten Firmenpools Brasilien / Mercosur. Wenn Sie mir vorher eine E-Mail schicken, um mir zu sagen, was für ein Geschäft Sie betreiben und was Sie nach Brasilien treibt, wäre ich Ihnen dankbar, denn dann kann ich mich auf unser Gespräch vorbereiten. Am 14. und 15. können Sie mit mir dann in Wien sprechen, am 16. in Salzburg. Anmeldungen dazu schicken Sie bitte direkt an mich.

18 Mai 2010

Ist das die berühmte Schwalbe?

Aber die macht ja bekanntermassen keinen Sommer! Und solche Auf- und Abbewegungen hatten wir schon vorher. Zur Zeit bin ich extrem pessimistisch, was die Zukunft des € angeht, der R$ wird wohl noch lange sehr stark bleiben. Wenn nicht die Nachfrage Chinas nach Rohstoffen plötzlich zurückgeht, dann wird es auch bei uns nicht gleich zappenduster, aber dunkler!

16 Mai 2010

Was macht man mit solchen Kunden?

Am 2.3.2020 schrieb ich an einen Kunden:

"Sehr geehrter Herr Dr. Meyer,

vielen Dank für Ihr letztes Schreiben. In der Zwischenzeit habe ich mich mit dem Vertriebsleiter Alexandre von Biotecnos zusammengesetzt und erörtert, was möglich und nötig ist, um Ihre Anlagen erfolgreich in Brasilien zu vermarkten."

Auf meine diversen Preis- und Leistungsangebote hat diese Firma dann mit hartnäckigem Schweigen geantwortet. Bis ich von der oben genannten brasilianischen Biotecnos erfuhr, dass mein Kunde hintenherum Kontakt aufgenommen hatte. Deshalb schrieb ich ihn am 23.4.2010 wieder an:

"Sehr geehrter Herr Dr. Meyer,

Biotecnos informierte uns, dass Gesellschafter Ihrer Firma zusammen mit Reinaldo Udwald vergangene Woche einen Besuch in Brasilien gemacht haben, um über eine Kooperation zu verhandeln. Können Sie mir dazu bitte eine aufklärende Information geben?"

Auch hierauf kam keine Reaktion. Am 12.5.2010 schrieb ich wieder:

"Sehr geehrter Herr Dr. Meyer,

wir haben Sie mit Biotecnos zusammengebracht. Wie stellen Sie sich unsere Vergütung vor?"

Was glauben Sie, war die Reaktion?

Genau, Schweigen im Walde. Und das bei einer honorigen deutschen Firma mit einem honorigen deutschen promovierten Geschäftsführendem Gesellschafter! O tempora, o mores!

Leider habe ich mit einer deutschen Stahlgießerei ähnliche Erfahrungen gemacht. Deshalb heisst es ab sofort bei mir: Nur noch schriftliche Vereinbarungen mit solchen Unternehmen, die ihre Rechnungen nicht zahlen und alles für lau haben wollen! Denn "Pacta sunt servanda!", Verträge müssen eingehalten werden. Eigentlich auch, wenn sie mündlich abgeschlossen wurden.

Gibt es eigentlich Ethiknachhilfeunterricht in Deutschland?

NACHTRAG VOM 20.6.2010:

Heute erhielt ich folgenden Kommentar zum Verhalten der H.A.R.M.biotec GmbH & Co.KG:

"Sehr geehrter Herr Naumann,

das ist eine Sauerei! Zermürben Sie diesen Kunden mit Anrufen, mindestens einmal täglich, dann geht er mit der Zeit in die Knie, nur damit er Ruhe hat. Vielleicht haben Sie ja auch einen deutschsprachigen Assistenten, der das übernehmen kann. Ziehen Sie alle Register! E-Mails sind viel leichter zu ignorieren, als Anrufe.

Da geht es ja wirklich ums Prinzip! Jeder soll wissen, dass Sie so etwas nicht durchgehen lassen! Ich hoffe sehr auf ein Posting von Ihnen in einiger Zeit, in dem Sie berichten können, dass der Kunde nach hartnäckigem Angriff nun doch gezahtl hat! So was regt mich wirklich auf! Es ist nur in seinem Interesse das er zahlt, denn mit solchen Methoden wird er auf Dauer keinen Erfolg haben.

Viele Grüße von Wien nach Brasilien!

PS: Ich verfolge Ihren Blog mit großen Interesse, und habe auch Ihr Buch erworben. Ich bin ein Brasilien Fan, ob wohl ich erst einmal dort wahr, und das nur im nicht sehr typischen Salvador! In 10 Jahren werde ich hin ziehen, und dort meine Geschäfte mache, doch zuvor habe ich hier noch was zu erledigen. :-)"

Dem ist nichts hinzuzufügen!

Was kauft der Brasilianer mit seinen Steuern?

Nicht viel, wenn man den Nachholbedarf bei den Investitionen im Infrastrukturbereich ansieht. Wer mehr darüber wissen will, kann am 14.6. in Wien und am 16.6. in Salzburg einen Vortrag von mir zu diesem Thema hören.

Weiss der Brasilianer überhaupt, wie viel Steuern er zahlt? Die Schattenwirtschaft soll laut dem Instituto Brasileiro de Ética Concorrencial - ETCO 30 % des BIP ausmachen, also leben wahrscheinlich viele Brasilianer in der Illusion, dass sie keine Steuern zahlen. Aber weit gefehlt, auch wem der Arbeitgeber nicht gleich die Lohnsteuer vom Bruttogehalt abzieht, zahlt Steuern, indirekte nämlich, wenn er Produkte oder Dienstleistungen einkauft. Einige Beispiele:
  • Basisbrotkorb 15 %
  • Licht 39,25 %
  • Telefon 28,66 %
  • Zucker 16,23 %
  • Waschpulver 32,25 %
  • Waschmaschine 55 %
Unsere Steuerlast, und sagen Sie ruhig LAST dazu, beträgt 36 % des Bruttoinlandsproduktes! Schade, dass die beim Einkauf bezahlten Steuern nicht klar und transparent auf der Rechnung vermerkt sind. Dann würden vielen Bürgern die Augen übergehen und er würde vielleicht auf dem Wahlzettel sein Kreuz anders setzen als heute.

Nebenbei bemerkt, in Brasilien gibt es schon lange keine Wahlzettel mehr. Wir hatten längst vor Deutschland und den USA elektronische Wahlurnen. Ob dies ein Vorteil ist, sei dahin gestellt. Zu diesem sehr interessanten Thema ein Wikipeda-Zitat: "Ein König für Deutschland ist ein Roman von Andreas Eschbach, der im September 2009 im Lübbe Verlag erschienen ist. Hauptthema ist die Manipulierbarkeit von Wahlcomputern." Sehr empfehlenswert, kann ich nur sagen!!!

Brasilien aus der Sicht einer ehemaligen PT-Bundesministerin

Marina Silva, Präsidentschaftskandidatin der Grünen (Partido Verde - PV) und ehemalige PT-Umweltministerin in der Regierung Lula, hat m.E. sehr vernünftige Ansichten, aber kaum Chance, gewählt zu werden. Immerhin hat sie es bis zur Senatorin gebracht. Hut ab vor diesem Werdegang und vor ihrem Mut, mit Lula zu brechen, dessen Ansichten sie heute grösstenteils nicht mehr verteidigt.

Nach ihrer Ansicht, die sie in einem in der größten Tageszeitung Brasiliens heute veröffentlichten Interview äußert, ist die prekäre Ausbildungslage Brasiliens eines seiner größten Probleme. Heute wären 18 % der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen Analphabeten, 7 Mio. davon leben im armen Nordosten, der Wählerhochburg Lulas. 55 % der Schüler schafften die Hürde der achten Serie nicht.

Als Fundament einer soliden Wirtschaft gelten ihr Inflationskontrolle, ausreichende Devisenreserven, fluktuierender Wechselkurs und eine unabhängige Zentralbank.

Für die überfälligen politischen, fiskalischen und sozialversicherungstechnischen Reformen würde sie eine spezielle Verfassungsgebende Versammlung einberufen.

Hoffen wir, dass der Gewinner der Präsidentschaftswahlen ihre Ansichten teilt.

15 Mai 2010

Brasilianische Rentabilitätsstars

Europa geht in die Knie und wächst kaum oder schrumpft sogar, während sich das Schwellenland Brasilien Sorgen machen muss, wie ein Wachstum des BIP über 7 % in diesem Jahr ohne Schaden für Land und Leute verhindert werden kann. Heute wurden im Estado de São Paulo Zahlen über die Eigenkapitalrentabilität der nach diesem Kriterium besten Unternehmen mit offenem Kapital veröffentlicht. Sie lassen die Guthabenzinsen aller Banken dieser Welt insignifikant erscheinen:
  • 155,7 % AES Tietê (Elektroenergie)
  • 74,4 % Natura (Kosmetik)
  • 73,8 % Souza Cruz (Zigaretten)
  • 47,5 % Coelba (Elektroenergie)
  • 45,1 % Lojas Americanas (Einzelhandel)
  • 43,5 % Elektro (Elektroenergie)
  • 33,1 % Tractebel (Elektroenergie)
  • 30,4 % Comgás (Gas)
  • 30,1 % Cemar (Elektroenergie)
Da drängt sich einem doch die Frage auf, warum bei der Privatisierung der EVUs kein deutsches Unternehmen zugegriffen hat. Tractebel z.B. ist schweizerisch-belgisch (Suez). Übrigens gibt es weitere EVUs mit allerfeinster Rentabilität, aber mit geschlossenem Kapital, die in obiger Liste nicht erscheinen.

Der Nutzer von Elektroenergie sollte übrigens 25 % Steuern (ICMS) für dieses "Privileg" zahlen, in Wirklichkeit erheben die Bundesstaaten aber 33,3 % durch die Art der Berechnung, bei uns "von innen" und "von aussen" genannt. Wenn man "von innen" rechnet, ergibt sich der höhere Satz, weil der Hebesatz absurderweise auf den Verbrauch plus ICMS angewandt wird.

14 Mai 2010

Voswinkel auf der Mecânica 2010 in São Paulo

Voswinkel, weltbekannter Hersteller u.a. von Hydraulikkupplungen und ehemaliges Mitglied des Firmenpools Brasilien / Mercosur der IKH Essen, stellt auf der Mecânica auf dem Stand des von Eurolatina vermittelten Händlers GEPEF aus.


Mit dem Gesicht zum Betrachter gewandt der Voswinkel-Betreuer Rubens de Oliveira Prado, Mitarbeiter von Eurolatina, ganz links auf dem Bild Uldis C. G. von Fritsch von GEPEF:



Die Brasilianische Regierung reagiert zu spät

auf unseren Wirtschaftsboom, meinen Wirtschaftsanalysten. Die Budgetkürzung von 21,8 Mrd. R$ plus die gestern verkündete Massnahme, weitere 10 Mrd. R$ einzusparen - ohne Sozialprogramme und Investitionen zu beeinträchtigen - werde deshalb nicht den von Guido Mantega gewünschten Abkühleffekt haben, aber wohl dazu beitragen, die Zahlungsbilanz zu verbessern. Der Finanzminister will das BIP nämlich dieses Jahr nicht um 7 % wachsen lassen, dabei sprechen manche Auguren jetzt bereits von 10 % Wachstum. Was die Regierung hoffentlich nicht dazu verleitet, den Leitzins heraufzusetzen, denn dann strömen weiterhin die Dollar in's Land, der R$ wird stärker, der € noch schwächer und das Handelsbilanzdefizits steht schon als Schreckgespenst im Hintergrund. Währenddessen ist unser Präsident in Moskau und jetzt auf dem Weg nach Teheran. Die Heimatfront ist für ihn zur Zeit unwichtig, er möchte Sanktionen gegen den Iran vermeiden und sich m.E. nach damit auf seine künftige Aufgabe als weltweiter Friedensfürst oder was immer er nach seiner Präsidentschaft anstrebt, qualifizieren.

13 Mai 2010

Stehen wir vor einer Erhitzung der brasilianischen Volkswirtschaft?

Die Regierung glaubt es und kündigt bereits Abkühlungsmassnahmen, die "weh tuen werden", an. Die BIP-Prognosen für dieses Jahr sind schon bei 7,5 % angelangt. Am 8. Juni werden die Zahlen des ersten Vierteljahres veröffentlicht (warum eigentlich nicht des ersten Halbjahres im Zeitalter der Informatik?), dann wissen wir mehr bzw. dann wissen wir, wie die Situation vor drei Monaten aussah. Stellen Sie sich mal vor, sie fahren Auto und sehen nur, wo sie vor 3 Sekunden waren!

Der internationale Flughafen von São Paulo wird ausgebaut

Eigentlich ist es ja der internationale Flughafen unserer Nachbarstadt Guarulhos. Er heisst übrigens Cumbica, ein Wort aus der Sprache der Tupi-Indios, welches "niedrige Wolke", also auf gut Deutsch "Nebelloch" bedeutet. Ein schöner Platz für einen Flughafen. Der notorisch überfüllt ist, von den Parkplätzen angefangen bis hin zu den Schlangen an der Passkontrolle und beim Zoll. Ich habe seit einigen Monaten noch das Glück als resident, die Schlange der Brasilianer bei der Passkontrolle benutzen zu können. Bevor es diese Regelung gab, sass meine Frau oft schon draussen, passte auf unser Gepäck auf und trank eine Tasse Kaffee, während ich noch in der Schlange stand, machmal eine ganze Stunde.

Bis zum Dezember soll jetzt ein neues Terminal eingeweiht werden und soll mit einer Kapazität von 1 Million Passagiere jährlich die beiden existierenden entlasten. Zwei weitere Terminals mit einer Kapazität für 3 und 2,5 Mio. Passagiere jährlich sollen dann bis Juni 2013 hinzukommen. Diese Terminals sind aus Fertigbauteilen modulartig aufgebaut, ein Beispiel dafür liefert der Flughafen von Florianópolis. Weitere Flughäfen, die solche Moduli empfangen werden, sind Brasília, Goiânia und Vitória. Diese Moduli kosten nur 2.500 R$ pro Quadratmeter und können in 9 Monaten errichtet werden; sobald die definitiven Terminals fertig sind, werden sie abgebaut und auf kleineren Flughäfen dauerhaft eingesetzt.

Die heutigen 67 Parkpositionen für Flugzeuge sollen auf 109 erhöht werden, ausserdem werden zwischen der Start- bzw. Landepiste und der Taxipiste zwei weitere Verbindungen geschaffen, damit gelandete Flugzeuge nicht die gesamte 3,7 km lange Piste abfahren müssen, um auf die Taxipiste, die zur Endposition am Finger führt, zu gelangen.

Damit wird der Flughafen unserer 20.000.000 Einwohner - Metropole endlich an den Bedarf und die Bedeutung São Paulos angepasst.

BRASILIEN AKTUELL überschreitet die 100.000 Besucher-Grenze

Und nur das hier ist über den Besucher mit der runden Nummer 100.000 bekannt:

12 Mai 2010

Infrastruktur

In den wegen der Militärdiktatur viel geschmähten 70er Jahren gaben Brasiliens Generäle, darunter der deutschstämmige Präsident Ernesto Geisel, dessen Amtszeit ich noch für einige Tage erlebte, 5,4 % vom BIP für die Infrastruktur des Landes aus. Aktuell sind es nur noch 2,1 %. 90 % der Infrastrukturinvestitionen kommen von der Privatwirtschaft. Die Bundesentwicklungsbank BNDES spricht von 274 Mrd. R$, die von 2010 bis 2013 für Infrastrukturmassnahmen ausgegeben werden sollen. Das sind 37 % mehr als im Zeitraum 2005 - 2008 - die Wahlen rücken näher.

HARDINGE BRIDGEPORT HAUSER KELLENBERGER TRIPET TSCHUDIN

Die Namen in der Überschrift sind wohl nur Spezialisten bekannt. Es sind die Marken der Werkzeugmaschinen, die die US-Gruppe Hardinge Inc. fertigt und vor allem in den USA, Europa und China vertreibt. In Brasilien ist der grösste Drehmaschinen- und Bearbeitungszentrumshersteller ROMI an ihm interessiert. Romi ist eine rein nationale Firma, von italienischen Auswanderern gegründet. Romi versucht Hardinge zu übernehmen, bisher erfolglos. Das neueste Angebot lautet auf 116 Mio. US$. Hardinge macht zwar Verlust und muss sinkenden Umsatz beklagen, aber der Auftragseingang ist stark gewachsen - das wird die Strategie von Romi beeinträchtigen. Aber immerhin, ein Schwellenlandfabrikant von hochwertigen selbst entwickelten Werkzeugmaschinen versucht, einen Traditionshersteller der USA zu übernehmen, Respekt!

11 Mai 2010

€ weiter auf Talfahrt - beste Chancen für Exporteure

Und als weitere gute Nachricht noch ein Bonbon: Ich war letzte Woche in Rio bei der Bundesentwicklungsbank BNDES, die seit kurzem importierte Maschinen und Anlagen zu Sonderkonditionen für brasilianische Käufer finanziert. Wer als Exporteur davon profitieren will, kann mich gerne ansprechen.

01 Mai 2010

Wer geht zuerst pleite?

Brasilien jedenfalls nicht und Deutschland schon lange nicht! Jedenfalls, wen man an den Zusammenhang des kontraktierten Wertes von CDS - CREDIT DEFAULT SWAPS und der Zahlungsunfähigkeit eines Landes glaubt. Diese CDS sind eine Art Versicherung gegen Kreditausfälle und je teuer die Prämie, desto riskanter ist es, in das betreffende Land zu investieren. Hier die für Deutsche und Brasilianer beruhigende Rangreihenfolge:

RISIKO DER ZAHLUNGSUNFÄHIGKEIT (%)
  1. Venezuela 48,5 %
  2. Argentinien 46,0 %
  3. Griechenland 24,4 %
  4. Portugal 11,7 %
  5. Spanien 9,8 %
  6. Italien 9,6 %
  7. Brasilien 9,0 %
  8. England 6,7 %
  9. China 5,6 %
  10. USA 3,6 %
  11. Deutschland 2,8 %
  12. Norwegen 1,6 %
Interessant und erschreckend für mich mit Partnern in Venezuela und Argentinien, dass diese beiden Länder die Liste anführen, noch vor dem viel gescholtenen Griechenland!

Bergbau und Erzverarbeitung investieren 54 Mrd. US$

Diese Summe soll bis 2014 dafür sorgen, dass die wieder gestiegene Rohstoffnachfrage befriedigt werden kann. So soll sie von 2010 bis 2014 verteilt werden (Mrd. US$):
  • Eisenerz 36,530
  • Nickel 6,716
  • Alumina 1,000
  • Bauxit 0,987
  • Aluminium 2,200
  • Phosphat 2,510
  • Kupfer 2,357
  • Gold 1,401
Nachzulesen beim Instituto Brasileiro de Mineração - IBRAM.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Schön wär's, aber leider stimmt dies nicht in São Paulo, auch wenn es seit 2005 sogar Gesetz ist. Das Vergraben von Kabeln nämlich, seien es Strom-, Telefon- oder TV-Kabel. Schön sind sie bestimmt nicht und ausserdem anfällig gegen Störungen. Aber bis heute sind in der 20.000.000 - Stadt Gross-São Paulo nur 15 km unter die Erde gekommen, grösstenteils bezahlt von Privatleuten. Hätten sich die fleissigen Kabelverleger (besser -aufhänger) an das Gesetz gehalten, hätten wir schon 1.000 km unterirdischer Kabel.


Ist Lula wirklich der Superpräsident?

Nachdem er wieder mal unter die 100 einflussreichsten Führer der Welt aufgenommen wurde, ist sein Ego - wenn das möglich ist - weiter gewachsen, nach seiner jetzigen und letzten Amtsperiode will er sich um Afrika kümmern und den Kontinent nach vorne bringen. Warten wir's ab.

Hier in Brasilien ist das Land einen grossen Schritt weitergekommen, nach dem Motto: Wir stehen vor einem Abgrund, aber morgen sind wir einen Schritt weiter! Warum? Die Steuereinnahmen sprudeln wie nie und die Ausgaben werden noch stärker beschleunigt, d.h. von ordentlicher Haushaltsführung kann keine Rede sein. Eine Erklärung ist das Wahljahr, aber dies ist keine Entschuldigung dafür, dass der Staatshaushalt ein Defizit ausweist. Ohne Berücksichtigung von Schuldzinszahlungen waren wir im ersten Vierteljahr 2010 mit 16,82 Mrd. R$ im schwarzen (die Brasilianer sagen blauen) Bereich, aber wegen der exorbitanten Verschuldung und Zinszahlungen von 44,98 Mrd. R$ rutschten wir mit 28,15 Mrd. R$ in's Defizit.

Damit ist die Nettoverschuldung des Staates Ende März 2010 bei 42,4 % des BIP angelangt, im März 2009 lag sie bei 39 %.

Man kann gespannt sein, was unser Superpräsident dagegen unternehmen wird.

Porträt der brasilianischen Automobilindustrie

  • Anzahl Kfz-Fabriken: 50
  • Kapazität: 4.300.000 Kfz/a
  • Produktion 2009: 3.180.000 Kfz
  • Absatz 2009: 3.140.000 Kfz
  • Export 2009: 8,2 Mrd. US$
  • Direkte Mitarbeiter: 127.800
  • Umsatz 2009: 86,5 Mrd. US$
  • Investition 2010 - 2012: 11,2 Mrd. US$
  • Zollreduzierung auf importierte Komponenten: 40 % (seit 10 Jahren)
  • Probleme: hohe Transportkosten der fertigen Fahrzeuge, Wettbewerbsfähigkeit (Brasilien ist der viertgrösste Kfz-Markt, aber nur der sechstgrösste Hersteller)