Eines zeigt der Verlauf; wer als Ausländer mit Hartwährung 2010/2011 nicht in Brasilien investiert hat, hat nichts falsch gemacht. Aber wer dies jetzt nicht tut, läuft Gefahr, einen Riesenfehler zu begehen. Er kann zwar noch etwas warten - die USA haben angekündigt, den Leitzins im Dezember erhöhen zu wollen - weil der US$ eventuell noch stärker wird, aber dann kann der Zug sehr schnell abfahren.
Wer Zeitungsberichte über Brasilien verfolgt, kann nämlich feststellen, dass wir vor Umwälzungen stehen, die zwar vorübergehend sehr unbequem sein können - ich denke an Regierungswechsel und tiefgreifende Reformen - aber dem Lande in mittlerer Zukunft einen Wettbewerbsvorteil verschaffen sollten, der es für jeden Unternehmer wünschenswert erscheinen lassen, in Brasilien Präsenz zu zeigen.
Die Überschriften in den Zeitungen erinnern zur Zeit an ein Wechselbad. Auf der einen Seite negative Nachrichten wie
- Mieten steigen in den letzten 12 Monaten um 10,09 %
- Zentralbank sieht höhere Inflation in 2015 und 2916
- Via Varejo macht iim dritten Quartal 46 Mio. R$ Verlust
- Bovespa macht eine Kehrtwendung und schließt nach (Leitzinserhöhung-)Ankündigung der FED rot ab
- Mehr als eine Million verlieren ihren Arbeitsplatz und die Arbeitslosenrate steigt auf 8,7 %
- Bundesregierung hat das größte Haushaltsdefizit seit 1997 (wobei das Schlimmste ist, dass unsere Regierung keine Ahnung hat, wie hoch das Defizit tatsächlich ist - irgendein Wert zwischen 52 und 100 Mrd. R$!!!)
und auf der anderen Seite positive wie
- Bradesco erzielt im dritten Quartal Nettogewinn von 4,12 Mrd. R$
- Gewinn von Santander wächst im dritten Quartal um 5 % und erreicht 1,86 Mrd. US$
- Flughäfen benötigen bis 2020 Investitionen in Höhe von 57 Mrd. R$
Die letzte Überschrift kann man natürlich auch negativ deuten und sie so interpretieren, dass unsere Flughäfen aus allen Nähten platzen und nicht gut genug funktionieren. Und dass unsere Banken hohe Gewinne ausweisen, überrascht nicht - bei unglaublichen 414 % Zinsen auf Kreditkarten.
Die Unternehmer ergreifen - endlich - die Initiative, wie diese Anzeige von heute im ESTADÃO zeigt:
In dieser Anzeige beklagen die Vertreter unser Chemieindustrie die Kurzsichtigkeit unserer Regierung, weil bis heute die Lieferverträge für Nafta mit Petrobrás nicht erneuert wurden, obwohl sie Ende Oktober, also in 2 Tagen, auslaufen. Der Chemiesektor beschäftigt 2 Mio. Menschen in Brasilien und bewegt 157 Mrd. US$ jährlich, was 10 % unseres Bruttoinlandsproduktes bedeutet. Er ist immerhin der viertgrößte Volkswirtschaftssektor unseres Landes und liegt im globalen Maßstab auf Platz 6. Brasilien hat drei große Chemiepools, wenn nur einer davon wegen des beschriebenen Probleme geschlossen werden müßte, würden 10.000 direkte und 75.000 indirekte Arbeitsplätze wegfallen und 3 Mrd. R$ aus dem Geldkreislauf verschwinden. Es wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass 8 Mrd. R$ auf Freigabe warten, um industriell investiert zu werden - aber ohne Nafta keine neuen Fabriken. Zwei Unternehmen haben bereits angekündigt, dass die geplanten neuen Fabriken in Rio Grande do Sul und Bahia nicht gebaut werden.
Noch eine weitere Meldung, die hoffentlich nicht nur nachdenklich stimmt, sondern bei der Regierung die roten Alarmlampen angehen läßt:
Diese Kurve zeigt den monatlichen inflationsbereinigten Nettoumsatz des brasilianischen Maschinen- und Anlagenbaus in Mrd. R$. in den augenblicklichen Zeiten der äußersten Investitionszurückhaltung. Zur korrekten Interpretation muss man wissen, dass unsere Maschinen und Anlagen einen großen Anteil importierter Materialien und Komponenten besitzen, also der Kurs des R$ gegenüber dem US$ und dem € erheblichen Einfluss auf den Preis und damit auf den Umsatz haben. Die leichte Erhöhung um 2,1 % im September 2015 geht daher nicht auf einen wachsenden Absatz zurück, sondern auf die Abwertung des R$. In den letzten 12 Monaten hat der Sektor 7,8 % Umsatz verloren.
Wer jetzt antizyklisch handelt und in Brasilien investiert, sollte aber Realist sein. So wie 2013, erst 2019, wie der angenommene Verlauf des BIP zeigt:
Zunächst werden wir wohl bei 5,277 Billionen R$ eine Bauchlandung machen, aber danach wird der Phönix aber seinen Höhenflug beginnen und 2019 wieder bei 5,5 Billionen R$ ankommen, wo wir wie gesagt 2013 schon mal waren. Aber es gibt nichts, was Sozialisten und Kommunisten nicht kaputtmachen können! Also hängt diese schöne Phantasie auch und gerade davon ab, ob der brasilianische Wähler sich wieder einlullen (einlullan?) lässt und erneut die PT mit der Regierung beauftragt.