Die Mühlen des Mittelstandes mahlen manchmal sehr langsam, aber hoffentlich fein. Ich bin mindestens viermal im Jahr in Deutschland, um für eine Firmenpoolmitgliedschaft zu werben. Da ich kein Waschmittel verkaufe, versuche ich immer im Vorfeld die an Brasilien interessierten Firmen
kostenlos (!) zu beraten und zwar mit Hilfe einer realistischen Markteinschätzung und Angabe von Erfahrungswerten zum Aufwand, den brasilianischen Markt erfolgreich zu bedienen. Dabei verstecke ich nie die Probleme, die in Brasilien auf den deutschen Unternehmer warten. Ist das vielleicht der Grund, warum Firmen sich erst zwei bis drei Jahre nach einem (und oft einem zweiten und dritten) Beratungsgespräch wieder melden, um Poolmitglied zu werden?
Wenn eine Firma sich dann endlich entschieden hat, geschieht dies manchmal nur halbherzig, was ich daran merke, daß kein Firmenmitarbeiter, egal welcher Ebene, während der Mitgliedschaft Brasilien besucht. Dann ist der Poolbeitrag, der an die Trägerorganisation IHK Essen gezahlt wird, eigentlich verschwendetes Geld. Wer Erfolg haben will, muß Brasilien besuchen und hier durch uns vorbereitete Gespräche mit Geschäftspartnern, seien es Kunden oder Vertriebsmittler, führen, um Aufträge zu erhalten. Daß das funktioniert, zeigt das Beispiel eines Besuchers, der gestern wieder abflog. Es war sein zweiter Besuch und der Erfolg zeigt sich in einem Umsatz für Maschinenbaukomponenten in Höhe von 300.000 € in diesem Jahr. Dafür muß man eben mal in vier Tagen 800 km mit mir mit dem Auto fahren und einen Firmenbesuch per Flugzeug machen, um bei neun Firmen vorzusprechen. Was nicht schlecht ist, wenn man bedenkt, daß wir gestern wegen des heutigen Feiertages in São Paulo 220 km Stau auf den Hauptverkehrsadern hatten.
Was ich auch immer feststelle, ist die Zugeknöpftheit des Mittelstandes, wenn es um Beschaffung von Informationen geht. Diese sind meist nicht öffentlich zugänglich und trotzdem wollen die wenigsten Firmen dafür bezahlen. Dabei sind diese niedrigen Kosten schnell wieder hereingespielt, wenn man wegen der guten Marktkenntnis erfolgreich ist.
Im Augenblick haben Firmen, deren Produkte die Wettbewerbsfähigkeit der brasilianischen Industrie stärken, große Chancen. Der Dollar lag gestern kurzzeitig bei 1,789 R$ (der niedrigste Wert seit dem 31.7.2000!) und schloß dann mit 1,806 R$. Das erleichert den Export deutscher Maschinenbauprodukte, mit denen die hiesige Produktivität so gesteigert werden kann, daß Brasilien weiter exportfähig bleibt und die einheimische Industrie nicht weiter Markt an den Import verliert. Gestern war ich bei einer brasilianischen Firma ca. 550 km von São Paulo entfernt, die mit WMW - Werkzeugmaschinen arbeitet! Wer diese Firma nicht kennt, es handelt sich bei dem Hersteller um einen VEB, also für die Jüngeren, um einen volkseigenen Betrieb der DDR, der die Maschine vor 45 Jahren lieferte!
Wer jetzt nicht versucht, nach Brasilien zu kommen oder zu verkaufen, wird es wahrscheinlich nie machen. Die augenblickliche Wechselkursentwicklung ist so günstig für den deutschen Exporteur, daß er agieren sollte. Zum Jahresende wird 1 US$ = 1,75 R$ erwartet und am Ende des ersten Vierteljahres 2008 sehen seriöse Analytiker den Kurs bei 1,70 R$. Brasilien ist die zehntgrößte Volkswirtschaft dieser Welt, ist das fünftgrößte Land der Erde, unheimlich reich an natürlichen Ressourcen und die 190 Millionen Brasilianer transformieren sich zunehmend in Konsumenten, worauf warten die Exporteure??? Wie sagte gestern der Eigentümer der von mir besuchten Firma meinem deutschen Besucher? Brasilien ist reich, die Wirtschaft floriert trotz aller bürokratischen Hürden, es gibt mehr als genug Geschäftsmöglichkeiten. Aber der Ausländer, der in Brasilien Geschäfte machen will, sollte sich wegen der Probleme mit einem einheimischen Partner zusammentun, der Land, Leute und Geschäftsusancen kennt. Das kann ich nur unterstreichen, aber mit dem Zusatz, sich diesen brasilianischen Partner sehr sorgfältig auszusuchen.
Und wer Maschinen exportiert, sollte an die für hiesige Verhältnisse sehr günstigen Finanzierungsangebote z.B. der WestLB oder LBBW denken! Selbst wenn der brasilianische Kunde nicht flüssig ist, gibt es Wege, ihm den Kauf einer Maschine ohne Nachteile oder Risiken für den Exporteur zu ermöglichen!
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