11 Juli 2010

Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande

und solche Glaubwürdigkeitsprobleme sind weit verbreitet. Schlimm wird es allerdings, wenn der Justiz nicht mehr geglaubt wird, was in Brasilien der Fall ist. Die Standesvereinigung OAB der brasilianischen Rechtsanwälte hat untersuchen lassen, wie weit das Vertrauen in öffentliche Institutionen geht und Erschreckendes herausgefunden:
  • nur 33 % der Befragten vertrauen den Gerichten
  • nur 28 % vertrauen der Legislative, d.h. dem Parlament
  • nur 21 % vertrauen den Parteiorganisationen
Besser, aber immer noch im Grenzbereich, d.h. weit entfernt vom Ideal, sind andere Institutionen:
  • immerhin vertrauen 63 % den Streitkräften, für ein Land mit einer Militärdiktaturvergangenheit ein ausgezeichneter Wert
  • Grossunternehmen wird von 54 % vertraut
  • der Bundesregierung wird von 43 % der Befragten vertraut - was im krassen Gegensatz zu Lulas Popularität und Zustimmungsrate von weit über 80 % steht
  • 42 % vertrauen dem Fernsehen; die Unschuldsengel sterben eben nicht aus
  • der Presse vertrauen 41 %, deshalb sagt wohl der Volksmund: "er lügt wie gedruckt"
  • selbst der in Brasilien mit grossem Misstrauen beäugten Polizei vertrauen immerhin noch 38 %
  • für die katholische Kirche bleiben noch 34 % übrig, im Schulterschluss mit den Gerichten, kein Ruhmesblatt für beide Institutionen
1.550 Menschen aus allen Bevölkerungsschichten wurden befragt und viele sprachen in Bezug auf die Justiz aus persönlicher Erfahrung, denn 28 % nahmen die Justiz zur Lösung von arbeitsrechtlichen Problemen in Anspruch, 24 % riefen sie wegen familienrechtlicher Probleme an. 19 % suchten ihre Rechte als Verbraucher, 8 % hatten sozialversicherungsrechtlichen Probleme, von 6 % wurde die Kriminalgerichtsbarkeit angerufen und 3 % liessen verkehrsrechtliche Streitigkeiten lösen. Das Ergebnis liess oft zu wünschen übrig, 49 % waren sehr oder ziemlich unzufrieden. Niedriglöhner riefen die Gerichte weniger häufig als Gutverdienende an, 75 % hatten schon die Hilfe eines Anwalts gesucht.

Handelt es sich bei den Brasilianern um ein Volk der Streithähne oder ist Brasilien ein besonders ungerechtes Land? Es trifft wohl eher die zweite Annahme zu, verbunden mit schlechten Gesetzen wie im Falle der Arbeitsgerichtsbarkeit. Und ein Richter richtet nicht nach seinem Gerechtigkeitsgefühl, sondern nach dem Gesetz. Und über dieses Gesetz kann man folgende Zeilen lesen: Das brasilianische Arbeitsrecht orientiert sich an der italienischen Carta de Lavoro, dem Arbeitsgesetz­buch Mussolinis. An der Spitze der Arbeitsbeziehungen steht der Staat mit seiner Arbeitsgerichtsbarkeit. Er erhebt eine obligatorische Gewerkschaftssteuer, die von Arbeitnehmern und Betrieben zuentrichten ist. Die über 12.000 Gewerkschaften in Brasilien sind nur lokal und für einzelne Berufsgruppen zugelassen. Ein Recht auf betriebliche Interessenvertretung existiert nicht. Klicken Sie in LINK, um zum Originalbeitrag zu kommen.

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