Vor Monaten schon hat die brasilianische Regierung angekündigt, keinen gespaltenen Wechselkurs mehr zu benutzen. Und was liest man täglich im Estadão (Estado de São Paulo), der überregionalen Tageszeitung Brasiliens? Drei Kurse, nämlich den für Touristen, den für Außenhandelsgeschäfte und den Schwarzkurs - und alle drei auf der Titelseite. Und daß der Schwarzkurs eigentlich nicht existiert, weil ja das Wechseln „unterm Tisch“ verboten ist, stört keinen, am allerwenigsten die Regierungspartei, wenn man sich die Ergebnisse der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse ansieht.
Der fallende Dollar hat wenigstens dafür gesorgt, daß Brasilien 2005 die niedrigste Inflationsrate der letzten sieben Jahre verzeichnen konnte. Was die Zentralbank nicht erweichen konnte, heute beträgt der Leitzins stolze 17,25 %, d.h. Brasilien hat nach wie vor die höchsten Realzinsen der Welt. Und unser Bruttoinlandsprodukt soll 3,46 % wachsen, wenn die Banken die Situation für 2006 richtig einschätzen.
Petrobrás wird zu diesem Wachstum ein gehöriges Scherflein beitagen,; um die Gasvorräte in der Bucht von Santos nutzbar zu machen, sind 18 Mrd. US$ Investitionen in den nächsten zehn Jahren nötig. Die privaten Erdölfirmen legen bis 2010 noch 16,9 Mrd. US$ obendrauf.
Die Zahlungsbilanz zeigte 2005 einen Überschuß von 14,19 Mrd. US$, das ist der höchste jemals erreichte Wert. Allerdings betrugen die ausländischen Direktinvestitionen nur 15,193 Mrd. US$, weniger als im Jahr davor. 12,6 Mrd. US$ wurden in Form von Dividenden und Gewinnausschüttungen ins Ausland transferiert und 21,5 Mrd. US$ von der Zentralbank zur Kursstützung gekauft. Und noch ein Rekord, der Bundesfinanzminister hatte Steuereinnahmen von 364,136 Mrd. R$, ein Zuwachs von 7,3 % gegenüber dem Vorjahr.
Noch ein Wort zu den ausländischen Direktinvestitionen. 10,1 % gingen in die Landwirtschaft und den Bergbau, 30,2 % in die Industrie und 59,7 % in den Dienstleistungssektor. Der jweilige Anteil gemäß Ursprungsland ist 21,5 % USA, 14,8 % Holland, 7,7 % Mexiko, 6,7 % Frankreich, 6,6 % Kanada, 6,4 % Deutschland, 5,6 % Spanien, 5,0 % Cayman, 4,0 % Australien, 3,6 % Japan und der Rest von 18,1 % verteilt sich auf weitere Länder. Ja, die führende Stelle unseres Vaterlandes, jahrzehntelang auf Platz 2 nach den USA, die ist Geschichte. Und dabei sehen viele deutsche Unternehmer durchaus, daß man manche Märkte nur erfolgreich mit Präsenz vor Ort erfolgreich besetzen kann, wobei Präsenz lokale Produktion bedeutet. Aber sehen und machen sind zwei verschiedene Paar Stiefel.
Präsident Lula wird ein Gesetzesvorhaben in den Kongress einbringen, mit dem die durchschnittliche Firmengründungszeit von 152 auf 15 Tage reduziert werden soll. Vielleicht hilft dies, den zögernden Unternehmern Mut zu machen. Und da wir uns im Wahljahr befinden, hat das Gesetzt sogar gute Chancen, durchzukommen.
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20 Januar 2006
BRASILIEN: Wechselkurs, Inflation, Zahlungsbilanz, ausländische Direktinvestitionen und Steueraufkommen
Engineer, consultor, author e.g. "Aus internationaler Praxis", "Wirtschaftsboom am Zuckerhut", "Facetten des Imports" in "Business Guide Brasilien", articles in "HardvardBusinessManager", "Fortschrittliche Betriebsführung und Industrial Engineering", entrepreneur and inventor
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