23 März 2006

EXPORT NACH BRASILIEN

Die folgenden Informationen basieren auf einer Veröffentlichung der AHK São Paulo und geben die Situation von 2002 wieder. Die Verwendung von DM in der Veröffentlichung der AHK wurde beibehalten. Ich arbeite an einer Aktualisierung, die nach Fertigstellung hier publiziert werden wird.

1. Die Rolle des Zollagenten bei der Wareneinfuhr

Der Warentransport und die zollmäßige Importabwickung sind in Brasilien zwei getrennte Bereiche. Die meisten Speditionen beschäftigen daher sogenannte "Despachantes" innerhalb des Unternehmens oder arbeiten eng mit auf diesem Sektor spezialisierten Büros zusammen. Der Despachante ist ein staatlich geprüfter und eingetragener Zollagent. Eine formelle Vollmacht, erteilt vom Importeur, autorisiert den Despachante, seine Auftraggeber gegenüber allen Behörden zu vertreten.

Die Einfuhrerklärung (Declaração de Importação, oder kurz D.I.) darf lediglich vom Inhaber der importierenden Firma, seinem Prokuristen oder einem Despachante unterschrieben werden. In den meisten Fällen übernimmt der Letztere diese Aufgabe.

Diese Konstellation erschwert die Kalkulation von Frei - Haus - Transporten nach Brasilien. In vielen Fällen darf der Spediteur mittels seines Despachanten die Verzollung nicht vornehmen, weil diesem die entsprechende Prokura des Importeurs fehlt. Der Haus - Despachante der importierenden Firma wird hingegen kaum seine Tarife enthüllen, so daß eine exakte Transportofferte ,,frei Haus" nur schwer erstellt werden kann.

2. Das Brasilianische Zoll- und Steuersystem

Bei der Nationalisierung, d.h. der endgültigen Einfuhr von ausländischen Waren, werden in Brasilien folgende Zölle und Steuern erhoben:

II: (Imposto sobre Importação) Einfuhrzoll
IPI: (Imposto sobre Produtos Industrializados) Steuer auf industrialisierte Produkte
ICMS: (Imposto sobre Circulação de Mercadorias e Serviços) Steuer auf Waren- und Dienstleistungsumlauf

Steuern und Zolle werden akkumuliert berechnet. Das anschließende Beispiel soll dies verdeutlichen:

Ein 20' Container einer beliebigen Ware, Versand per Seeschiff von Bremen nach Santos, Endbestimmung São Paulo:

Warenwert FOB Bremen DM 50.000,00
Seefracht Bremen/Santos DM 2.800,00
Versicherung DM 264,00
CIF-Wert DM 53.064,00

Berechnungsgrundlage ist der CIF - Wert der Sendung. Die Transportversicherung wird stets mit 0,5% angesetzt, auch wenn der wahre Wert der immer in Brasilien einzudeckenden Versicherung davon abweichen sollte.

Die gültigen Zoll- und Steuersätze für diese Sendung seien:

(Übertrag CIF-Wert) DM 53.64,00
II, 20% berechnet auf den CIF-Wert DM 10.612,80
IPI, 8% berechnet auf den CIF-Wert+I.I. DM 5.094,14
ICMS, 18% auf den CIF-Wert +I.I.+I.P.I. DM 12.378,77
Warenwert CIF Santos verzollt DM 81.149,71

Der II - Höchstsatz lag früher bei 70%. 1997 wurde er entsprechend einer Vereinbarung mit den übrigen Mercorsul - Staaten auf 63% gesenkt, seit 1998 beträgt er 49% und seit 1999 nur noch 35%. Auf nicht aus brasilianischer Fertigung erhältlichen Maschinen und Anlagen (similar nacional) werden nur noch 2% II erhoben. Der maximale IPI -Satz beträgt derzeit 20%. Die Höhe der ICMS wird von den Bundesländern festgesetzt. Er liegt in der Regel bei 18%. Da unsere Beispielsendung in Santos zum Verbleib im Bundesstaat São Paulo verzollt wird, beträgt dieser Satz 18%.

Bis zur Freistellung der Sendung fallen noch folgende Kosten an:

SDAS: Gebühr der Zollagenten - Gewerkschaft, Santos (zwischen DM 220,00 und DM 330,00 abhängig vom CIF-Wert)

Hafenumschlagsgebühren zwischen DM 250,00 und DM 350,00 pro 20' - Container, abhängig vom benutzten Terminal.

Lagergeld von durchschnittlich 0,75%, berechnet auf den CIF-Wert der Sendung, egal ob diese lediglich einige Stunden oder die vollen 15 Tage gelagert war!

AFRMM: Abgabe von 25% zur Modernisierung der brasilianischen Handelsmarine, berechnet auf den Seefrachteintrag im B/L.

Das vereinbarte Honorar des Despachanten.

Die Zahlung aller o.g. offiziellen Abgaben muß sofort in bar oder per Scheck erfolgen. Der Despachante erledigt diese Wege. Zur Zeit sind in Santos zwischen 5 und 8 Werktage für eine normale Verzollung zu veranschlagen.

Schließlich soll die Sendung dem Endempfänger in São Paulo zugestellt werden, d.h. es fallen LKW-Fracht, Ad Valorem (Pflichtversicherung, die LKW-Unternehmer einzudecken haben; durchschnittlich 0,2% auf den CIF-Wert der beförderten Sendung), sowie Mautgebühren auf der Autobahn von Santos nach São Paulo an.

3. Zahlungsverkehr im Außenhandel

Warenimporte nach Brasilien dürfen grundsätzlich nur von hierzu berechtigten Firmen vorgenommen werden. Die Erlaubnis, ausländische Waren einzuführen, erteilt die SECEX, die Außenhandelsabteilung der staatlichen Banco do Brasil. Natürliche Personen gelangen normalerweise nicht in den Besitz dieser Erlaubnis.

Nur derart registrierte Unternehmen dürfen Devisen zur Begleichung von Handelsrechnungen im Ausland über die brasilianische Zentralbank ankaufen. Das Führen von Fremdwährungskonten ist verboten. Die Zahlungen erfolgen über einen Kursmakler (oft die Hausbank des Importeurs, sofern sie von der Zentralbank für diese Operationen zugelassen ist) direkt an die Bank des ausländischen Lieferanten.

Diese finanziellen Transaktionen werden von der Zentralbank und den Steuerbehörden streng kontrolliert. Verstöße gegen die geltenden Normen führen zur Eröffnung von Strafverfahren wegen Devisenschmuggels und können neben Geldstrafen mit dem Entzug des Eintrages im SECEX-Register geahndet werden.

4. Die Importdokumente im Warenverkehr nach Brasilien

Die häufigste Ursache von Problemen beim Export nach Brasilien sind Fehler, die sich in die Dokumentation eingeschlichen haben. Die brasilianischen Zollbeamten sind rigoros: Stimmen die Angaben in den Transport- bzw. Verzollungsdokumenten nicht mit der Sendung überein, wird der Verzollungsvorgang unterbrochen oder sogar ausgesetzt. Dies bedeutet Verzögerungen, Geldbußen oder gar Verlust der Sendung.

Zur Einfuhrverzollung in Brasilien müssen die Importlizenz (Guia de Importação, kurz GI, seit einiger Zeit für viele Importe automatisch erteilt bzw. nicht mehr erforderlich), die bereits erwähnte DI, also die Einfuhrerklärung, die Handelsrechnung und der Internationale Frachtbrief-See B/L, AWB etc. vorliegen. Für bestimmte Warengruppen sind außerdem Ursprungszeugnisse, gesundheitsamtliche Bescheinungen, Prüfzertifikate u.a. notwendig. Es ist stets empfehlenswert, eine sorgfältig erstellte Packliste beizufügen.

Die Importlizenz wird von der registrierten Importfirma bei der SECEX beantragt. Sie hat eine Gültigkeit von 60 Tagen nach Ausstellungsdatum und enthält alle verzollungsrelevanten Sendungsdaten , wie z.B. Namen des Herstellers und des Exporteurs, Ursprungsland, Namen und Steuernummer des Importeurs, Warennummer des Zolltarifs (NBM oder TEC), Gewicht, Warenbeschreibung, Bestimmungs(flug)hafen, Lieferbedingungen nach Incoterms etc.

Es ist unbedingt darauf zu achten, daß weder vor dem Ausstellungs- noch nach dem Verfalldatum der Importlizenz verladen wird. Ausschlaggebend ist das Datum des internationalen Frachtpapiers, z.B. das B/L-Datum. Die Nichtbeachtung führt in beiden Fällen zu Geldstrafen, die 30% des CIF-Wertes erreichen können.

Die Einfuhrerklärung DI wird basierend auf den in der Importlizenz enthaltenen Daten erstellt. Ihre Registrierung durch den Zoll sowie die Zahlung der errechneten Abgaben beenden die Nationalisierung der Sendung.

Anfang 1997 wurde begonnen, die Importlizenz durch das SISCOMEX (Sistema Integrado de Comercio Exterior) abzulösen. Dieses System wird bei Exporten aus Brasilien bereits seit Anfang 1993 angewandt. Es handelt sich hierbei um eine EDV - gestützte Vorprüfung von Wirtschaftministerium, Zollbehörden, Zentralbank und Banco do Brasil. Die Beantragung und Genehmigung der Importlizenz wird heute durch Eingabe der geforderten Daten via EDV - Terminal vorgenommen. Dieses Terminal kann beim Importeur selbst oder beim Despachante/Spediteur installiert sein. Öffentliche Terminals befinden sich in ausgewählten Filialen der Banco do Brasil und den Zollämtern.

Ziel der Einführung der SISCOMEX ist es, Mißbräuche beim Außenhandel zu vermeiden. Sämtliche Daten werden von der Eingabe bis zum Abschluß des Verzollungsvorgangs ständig zwischen den angeschlossenen Institutionen abgeglichen, um vor allem Unterfakturierungen und illegalen Devisentransfers auf die Spur zu kommen.

Die Warenbeschreibung im Seefrachtbrief (B/L) sollte detailliert, aber dennoch so knapp wie möglich gehalten werden. Die Nennung der Warennummer NBM ist nicht mehr Vorschrift, es empfiehlt sich jedoch, sie der Sendungsbeschreibung hinzuzufügen. Die Markierung der Sendung sollte gemäß GI eingesetzt werden.

Der Seefrachtbetrag muß in Ziffern und Worten erscheinen. Da er zur Feststellung des CIF-Wertes duch den Zoll dient, sind Einträge wie "Freight as per Agreement" nicht zugelassen. Bei Verladungen in Spediteursammelcontainern ist unbedingt zu prüfen, ob der eingesetzte deutsche Spediteur über einen registrierten Empfangsspediteur (NVOCC-Agent) in Brasilien verfügt, damit der Haus- oder FIATA - B/L in Brasilien anerkannt wird.

Frachtnebenkosten dürfen im B/L nicht genannt werden, lediglich die reine Seefracht. Gelegentlich werden solche Nebenkosten in einem erhöhtem Frachtbetrag "versteckt", dies erhöht jedoch auch den CIF-Wert der Sendung und führt zu höheren Zoll-, Steuer- und AFRMM- Zahlungen. Dieses Vorgehen wird von den meisten brasilianischen Importeuren deshalb nicht gerne gesehen.

Die B/L- Originale sollten unbedingt mindestens fünf Werktage vor Schiffsankunft im brasilianischen Hafen beim Importeur vorliegen, um Verzögerungen, zusätzliche Lagerkosten und eventuelle Zollstrafen zu vermeiden.

Was über Frachtnebenkosten und den Frachtbetrag gesagt wurde, gilt gleichermaßen für das AWB, Ausnahme: Vorlaufkosten können im Falle von Ex - Works - Verladungen (und nur dann) "Collect" gestellt werden. Es ist ferner darauf zu achten, daß unter der Adresse des Empfängers dessen Steuernummer RNPJ (Registro Nacional de Pessoas Jurídicas) genannt wird.

Luftfrachtsendungen nach São Paulo als SAO sind zu vermeiden - diesen Flughafencode gibt es nicht. Die Fluggesellschaft ist in diesem Fall frei, in Viracopos (VCP) oder Guarulhos (GRU) auszuliefern. Im Zweifelsfalle sollte GRU benutzt werden, weil Viracopos als reiner Frachtflughafen zwar schneller, aber über 100 km von São Paulo entfernt ist.

COD - Verladungen (cash on Delivery, d.h. Nachnahmesendungen) nach Brasilien sind nicht gestattet.

Allgemein gilt, daß Originaldokumente zur Verzollung vorzulegen sind, also keine Foto- oder Faxkopien! Frachtbriefkopien werden vom Zoll sofort einbehalten. Eventuell nötige Änderungen müssen daher beantragt werden und führen in jedem Fall zu Verzögerungen und Mehrkosten.

5. Besonderheiten bei der Wareneinfuhr nach Brasilien

Leider kommt es gelegentlich vor, daß Sendungen nicht vom brasilianischen Importeur abgenommen werden. Die Gründe reichen von Akkreditiv - Diskrepanzen über GI - Verfall bis zur Insolvenz des Empfängers, um nur einige zu nennen. Es empfiehlt sich daher, zumindest die ersten Exporte nach Brasilien bei neuen Geschäftspartnern nur gegen bestätigtes Dokumenten - Akkreditiv durchzuführen.

Re - Exporte nicht abgenommener Sendungen von Brasilien sind recht komplexe und zeitraubende Vorgänge. Die Einschaltung von lokalen Speditionsfachkräften ist in solchen Fällen unbedingt anzuraten. Ohne die Kooperation des Empfängers gemäss der GI besteht allerdings nur eine relativ geringe Chance auf erfolgreiche Beendigung des Re -Exports.

Sendungen, die 90 Kalendertage nach Eintreffen in Brasilien nicht zur Verzollung angemeldet oder angenommen wurden, unterliegen der Beschlagnahme und Anberaumung der offiziellen Versteigerung durch die Zollbehörden.

Für Importe nach Brasilien ist grundsätzlich (falls weiterhin erforderlich, siehe im Einzelfall Liste der befreiten Produkte) eine GI vom Importeur zu beantragen, temporäre Importe, z.B. für Messen, Ausstellungen und Shows, die Einfuhr von Mustersendungen und Spenden, sind hiervon ausgenommen. Vor Verladung sollte allerdings genau untersucht werden, ob die Sendung in eine dieser Kategorien fällt. Für bestimmte Importe besteht in Ausnahmefällen die Möglichkeit, die GI nachträglich zu beantragen.

Bestimmte Investitionsgüter, Werbeartikel, Prospekte und Kataloge können von der IPI befreit werden, solange sie mit Reedern, die unter brasilianischer Flagge fahren, verladen werden. Die Frachtraten der nationalen Reedereien, auf die diese Transporte zu Anwendung kommen, sind höher als die der nicht brasilianischen. Die Befreiung von der I.P.I. führt aber unter dem Strich zu einer Verbilligung dieser Art der Importe. Waiver sind bei der STA (Superintendencia de Transportes Aquaviarios = Schiffahrtsamt) in Rio de Janeiro zu beantragen.

Importverbote für gebrauchte Güter bestehen im Prinzip seitens des brasilianischen Gesetzgebers nicht. Gebrauchte Maschinen, Anlagen, Kraftfahrzeuge, Reifen, Werkzeuge etc. dürfen jedoch nur importiert werden, wenn nachgewiesen werden kann, daß kein gleichwertiges Produkt nationaler Produktion vorhanden ist. Entsprechende Anträge werden in den einschlägigen offiziellen Publikationen veröffentlicht. Die einheimischen Produzenten haben 30 Tage Zeit, sich zum Thema zu äußern. Die Beweisführung gegenüber den Behörden ist aufwendig, die Aussicht auf die Erteilung einer Importgenehmigung daher gering.

Umzüge ausländischer Staatsbürger mit temporärem oder permanentem Aufenthaltsvisum für Brasilien werden von den Behörden i.A. problemlos abgefertigt. Es ist darauf zu achten, daß die Einreisepapiere sowie die Packliste der Umzugsgüter (Relação de Bens) vom zuständigen brasilianischen (General-) Konsulat im Ursprungsland beglaubigt wurden. Inhaber temporärer Visa müssen alle nach Brasilien eingeführten Gegenstände nach Ablauf ihrer Mission bzw. ihres Visums wieder ausführen.

6. Zollager (DAP)

Um den hohen Lagerkosten der staatlichen Hafen- und Flughafenterminals zu entgehen, sind die meisten Speditionen bzw. Importeure dazu übergegangen, Sendungen gleich nach dem Eintreffen in ein sogenanntes DAP weiterzuleiten. DAPs sind private Lagerhäuser unter Zollaufsicht, in denen Waren bis zur Nationalisierung zollfrei gelagert werden können. Die Verzollung wird von dort stationierten Zollbeamten vorgenommen. Die Abfertigung in den DAPs ist im allgemeinen rascher als in staatlichen Lagerhäusern, so daß selten eine zweite 15 - Tage - Lagerperiode zu zahlen ist. Darüber hinaus sind die Lagergeldtarife der DAPs günstiger.

Warensendungen in Konsignation können in sogenannten Entrepostos Aduaneiros (EA/Private Öffentliche Zollager) bis zu drei Jahren zollfrei gelagert werden. Zur Einlagerung im EA genügen eine Pro - Forma - Handelsrechnung, vom Exporteur auf den Konsignatar ausgemacht, sowie ein Original des internationalen Transportsdokumentes, das folgenden Eintrag aufweisen muß:

,,Mercadoria destinada a Admissão no Regime de Entreposto Aduaneiro na Importação."

Der Exporteur bleibt rechtlich Eigentümer der Sendung, bis diese ab Zollager EA verkauft wird. Im Moment des Verkaufs stellt der Exporteur eine endgültige Handelsrechnung auf den Käufer laut Kaufvertrag aus. Diesem obliegt es dann, für die Importlizenz und die Verzollung zu sorgen, die analog zur einer normalen Nationalisierung verläuft.

Die geltenden Bestimmungen verlangen, die Pro - Forma - Handelsrechnung sehr detailliert aufzumachen. Sie muß folgende Angaben enthalten:

* den genauen Warenwert; Einzel- und Gesamtpreis
* Anzahl, Netto-und Bruttogewicht der Ware
* Modell, Seriennummer
* Namen, Adresse des Herstellers und Exporteurs
* eine Aussage darüber, ob letzterer Preislisten veröffentlicht
* einen Vermerk über die Existenz von Representanten des Herstellers bzw. Exporteurs in Brasilien
* die Bestätigung, daß die ausgehandelten Preise denen auf dem Weltmarkt üblichen entsprechen
* daß es sich um einen Import ohne G.I. (Importação sem Cobertura Cambial) handelt.
* den Vermerk..."Mercadoria destinada", wie er im internationalen Transportdokument erscheint.

Die Proforma- und die endgültige Handelsrechnung müssen zwingend in portugiesischer oder englischer Sprache aufgemacht sein. Der Transport nach Brasilien muß in diesem Fall zwingend auf Basis "Freight Prepaid" erfolgen. Bei Seeverschiffungen von Containern ist die Modalität ,,House/house" (FCL/FCL) zu empfehlen, um eine reibungslose Weiterleitung vom Hafen an das Zollager EA zu gewährleisten.

7. Zahlungsbedingungen

Können frei vereinbart werden. Viele brasilianische Importeure verlangen eine 90 Tagefrist oder mehr.

20 März 2006

Blick um ein Jahr zurück: BRASILIEN AKTUELL vom März 2005

Am Ende des ersten Vierteljahres 2005 ist die Situation Brasiliens zwiespältig, auf der einen Seite ist die politische Stimmung leider der in Deutschland durchaus vergleichbar, auf der anderen Seite hat das Land und damit seine Bevölkerung, was die wirtschaftliche Lage angeht, zur Zeit trotzdem viel Grund zum Optimismus. Und das gilt natürlich auch für die hier tätigen deutschen Firmen oder die, die noch vorhaben, sich in Brasilien zu engagieren. Wobei denen, die immer noch meinen, dass das Heil in China liegt, ins Stammbuch geschrieben werden muss, dass Brasilien nicht mit dem Säbel rasselt und sich durchaus seiner europäischen Wurzeln trotz aller Exotik bewusst ist, was es dem deutschem Investor erleichtert, sich hier zurechtzufinden, auch kulturell. Ca. 1.300 deutsche hier ansässige Firmen profitieren bereits davon, wobei der geneigte Leser durchaus "profitieren" im Zusammenhang mit "Gewinn" sehen sollte!

Sehen wir uns jetzt zunächst das Jahr 2004 an:

Rückblick 2004

In Stichworten die wichtigsten Zahlen und Fakten:
- Leistungsbilanzüberschuss mit historischem Rekord in Höhe von 11,7 Mrd. US$ = 1,9 % des BIP nach ununterbrochen negativen Werten von 1993 bis 2002
- Anstieg des Bruttoinlandsproduktes um 5,2 % gegenüber 2003 (damals waren es nur 0,5 % gegenüber dem Vorjahr), das beste Ergebnis seit 1994
- Ohne den Einfluss der Steuern wären es nur 4,8 % gewesen, das Steueraufkommen stieg um 8,5 %.
- Hauptursachen waren für den BIP - Anstieg erhöhter Konsum (Möbel, elektrische Haushaltsgeräte) des Verbrauchers und Wiederaufnahme der Investitionen (Maschinen und Anlagen).
- Absolutwert des BIP von 605 Mrd. US$ (gerechnet mit Dollarmittelkurs von 2,9257 R$ = 1,00 US$) bzw. 1,769 Billionen R$ gegenüber 1,556 in 2003
- Damit nimmt Brasilien unter den größten Volkswirtschaften der Erde den 12. Platz ein (2003 war es noch die 15. Position): USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, China, Spanien, Kanada, Mexiko, Australien, Brasilien, Indien, Südkorea, Holland, Rußland
- 1998 mit 1 R$ praktisch = 1 US$ nahm Brasilien den 8. Platz ein! Aber das lag wohl mehr an der Überbewertung der brasilianischen Währung als an der Stärke der Volkswirtschaft.
- Die Kaufkraft des Verbrauchers wuchs 2004 real um 38,2 Mrd. R$
- Gegenüber 2003 hat der Verbraucher 95 Mrd. R$ mehr ausgegeben, aber davon gingen 56,8 Mrd. R$ auf das Konto von Preiserhöhungen
- Die Regierung hat 22,7 Mrd. R$ mehr als in 2003 ausgegeben
- aber 20,6 Mrd. R$ davon waren auf Preiserhöhungen zurückzuführen
- Die Investitionen betrugen 19,6 % vom BIP, der höchste Wert seit 1998, als er 19,7 % erreichte. Absolut gesehen wurden 346,2 Mrd. R$ für industrielle Produktionsmittel und in der Bauwirtschaft in 2004 investiert.
- Die Produktivität der Industrie und die industrielle Produktion nahmen 2004 ebenfalls stark zu.
- Der Export wuchs trotz einer kräftigen Aufwertung des R$ um 32 % und erreichte 96,5 Mrd. US$, der Import stieg um 30 % auf 62,8 Mrd. US$, der Handelsbilanzüberschuß wuchs damit gegenüber dem Vorjahr um 35 % und betrug 33,7 Mrd. US$.
- Viele Branchen hatten Grund zum Feiern: Einzelhandelsumsatz + 10 %; Chemie, Maschinenbau, Elektrotechnik jeweils mit zweistelligen Zuwachsraten, Direktinvestitionen von 18 Mrd. US$, Leistungsbilanzüberschuß 11,7 Mrd. US$ bzw. 1,9 % vom BIP!
- Abbau der öffentlichen Verschuldung von 58,7 auf 51,8 % des BIP und Reduzierung des Anteiles der dollarindexierten Verbindlichkeiten
- Währungsreserven ohne IWF von 30 Mrd. US$
- Inflationsindex von "nur" 7,6 % (IPCA) in 2004, 2003 waren es noch 9,3 %
- was 2004 nicht so recht klappen wollte, war das Behaupten Brasiliens auf den garnicht mal so vorderen Plätzen bei der Wettbewerbsfähigkeit.
. laut Weltwirtschaftsforum nahm Brasilien 2004 nur noch Platz 75 von 104 an und rutschte damit zum viertem Mal in unmittelbarer Folge nach hinten.
. Nach einem A.T.Kearney - Ranking, in dem Brasilien 2001 noch den dritten Platz einnahm, konnte das Land 2004 nur einen schlechten siebzehnten Platz einnehmen.

Tourismus

Zweifelsohne ist der Tourismus eine Branche mit besonders guten Zukunftsaussichten. Relativ billige Arbeitskräfte, viel Sonne, 7.000 km Atlantikküste, das größte Sumpfgebiet und der größte Regenwald und der mächtigste Fluss der Erde, keine Erdbeben, gutes Essen, viel Exotik - was sollte sich der europäische oder US-amerikanische Tourist mehr wünschen? Und diese sind zahlungskräftig und profitieren ausserdem noch vom billigen Real. Die Zahl der neuen Hotels und Ressorts, die in den letzten jahren in Brasilien - auch für Geschäftsreisende - gebaut wurden, spricht für sich. In einer der nächsten Ausgaben von BRASILIEN AKTUELL werde ich auf diesen Sektor näher eingehen.

Windenergie

Wem der Wind, der in Deutschland gemacht wird, nicht genug ist, kann es mit der Windenergie in Brasilien versuchen, deren Potential auf 140 GW geschätzt wird:
- Eletrobras prognostiziert 4,8 Mrd. R$ Investitionen in Windkraftanlagen bis Ende 2006
- Die zur spanischen Elecnor gehörende Enerfin kündigt einen Windparkbau in Rio Grande do Sul zusammen mit Cip Brasil für 230 Mio. US$ an, damit sollen drei Anlagen mit je 50 MW installiert werden
- Elebras und Innovent wollen ebenfalls in Rio Grande do Sul in Windkraft investieren, es geht um 70 MW und 91 Mio. US$
- In Rio Grande do Norte plant die Iberdrola - Tochter Enerbrasil einen 49,3 MW - Windpark, im selben Bundesstaat soll die New Energy Options eine 64,5 MW - Anlage bauen, beide Projekte werden über das Proinfa - Programm gefördert, welches 60 % local content vorschreibt
- Von diesen Projekten dürften die beiden einzigen Windkraftanlagerhersteller in Brasilien, Wobben Power und GW Wind, profitieren, aber angeblich interessieren sich Vestas aus Dänemark und Gamesa und Ecotècnica aus Spanien ebenfalls für diesen Markt
Wer mehr Informationen braucht, findet unter www.dena.de das "Exporthandbuch Brasilien – Marktchancen für Erneuerbare Energie" für 280 €. Diesen Hinweis habe ich den Bfai - Nachrichten entnommen, deren exzellente Beiträge über Brasilien von Alexander Hirschle, den Sie über bfai@terra.com.br erreichen, geschrieben werden.

Pharmasektor

Das Szenario des Pharmasektors sieht nach der ersten Erhöhung der internen Verkäufe seit 1997 wieder besser aus. Diese Erhöhung betrug 2004 in R$ 10,3 % und in US$ sogar 21,8 %, der absolute Wert der Verkäufe betrug 6,8 Mrd. US$ (lag bereits bei 8,7 Mrd. US$ in 1998!). Die Importe wuchsen in 2004 um 17 % auf 1,8 Mrd. US$, die Exporte um 25 % auf 351 Mio. US$. Für 2005 wird ein Absatzplus im Inlandsmarkt von 5 % und ein Umsatzplus von 7 % erwartet.
- 2 Mrd. US$ Investitionen in den letzten 10 Jahren, 200 Mio. US$ in 2004, 313,8 Mio. US$ in 2005
- zwei Drittel der Investitionen im laufenden Jahr sind für die Fabrikation bestimmt
- je ca. 10 % kommen Marketingmassnahmen und F&E zugute
- mit 6 % werden neue Produkte lanziert
- Einzelne Firmen vermelden spektakuläre Erfolge
- Serono Produtos Farmaceuticos (Schweiz): Umsatz 140 Mio. R$ (+ 18,2 %)
- Torrent do Brasilien (Indien): OTC-Umsatz 12,5 Mio. US$ (+ 290 %), Krankenhausumsatz 17,5 Mio. US$ (+ 133 %)
- Cristalia Produtos Químicos Farmaceuticos (Brasilien): Absatz + 24 %, 430 Mio. R$ Umsatz (+ 30 %), 68 Mio. R$ Gewinn (+ 40 %)
- Der Anteil der Generika steigt kontinuierlich, nähert sich aber nach Einschätzung von Branchenkennern der Konsolidierungsphase
- + 35 % Umsatzwachstum in 2004, Marktanteil 10 %
- Das Förderprogramm PROFARMA (Programa de Apoio ao Desenvolvimento da Cadeia Produtiva Farmaceutica) hat erste Kredite eines 500 Mio. R$ - Paketes (bis Ende 2005) vergeben
- 6 Mio. R$ für den F&E - Bereich der Nortec Química
- 50 Mio. R$ Für Eurofarma Laboratórios und Libbs Farmaceutica zur Kapazitätserausweitung
Sorge machen den "guten" Branchenvertretern die scharzen Schafe des Sektors, die Medikamente ohne Rechnung und damit ohne Steuerbelastung verkaufen und der Plan der Regierung, Tabletten von den Apotheken einzeln abgeben zu lassen.

Maschinenbau

Vom 9. bis 14. Mai 2005 findet in São Paulo die Werkzeugmaschinenausstellung Feimafe statt, im Mai 2006 folgt dann die Mecânica, die in 2004 über 112.000 Besucher, 1.845 Aussteller (davon 902 aus dem Ausland) aus 34 Ländern verzeichnen konnte. Die Bedeutung dieser Ereignisse spiegelt die Bedeutung der Branche in Brasilien wider:
- 4.500 Maschinen- und Anlagenbauer, 20 % davon internationaler Herkunft
- 1.400 Mitglied des Maschinenbauerverbandes Abimaq
- 207.000 Beschäftigte Ende 2004 (+ 13,4 % gegenüber 2003)
- 90 % kleine und mittlere Unternehmen
- Kapazitätsauslastung der Branche knapp 82 % in 2004
- 1,5 % Weltmarktanteil (10. Platz) Ende 2004
- Umsatzplus in 2004 nominal 30 %, real 16,8 % auf 45,6 Mrd. R$
- Straßenbaumaschinen + 62,6 %
- Kunststoffmaschinen + 56,7 %
- Druckmaschinen + 53,6 %
- Werkzeugmaschinen + 51,1 %
- hoher Anteil am Umsatz von 15,7 % für landwirtschaftliche Maschinen
- fast 44 % Exportanteil (6,8 Mrd. US$) in 2004
- 27 % USA
- 7 % Deutschland
- 7 % Mexiko
- 5 % Großbritannien
- Importwachstum von 18 % auf 6,8 Mrd. US$ in 2004
- 29 % USA
- 17 % Deutschland
- 9 % Italien
- 9 % Japan
- 4 % Argentinien
- 4 % Frankreich
- Inlandsumsatzwachstum fast 21 %
- 8,2 Mrd. R$ Investitionen (+ 25 % gegenüber 2004) für Modernisierung und Kapazitätsausweitung für 2005 geplant
Was die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer besorgen sollte, ist die Zunahme der Einfuhren aus Frankreich um 44,4 % und, wer hätte es (nicht) gedacht, die starke Position Chinas, die Volksrepublik ist bereits der zehntwichtigste Maschinen- und Anlagenlieferant Brasiliens mit einem Umsatzplus von 98,3 % im Vorjahr! Übrigens konnte Finnland ein Umsatzplus von 242,3 % und Norwegen von 99 % verbuchen, Dank der hohen brasilianischen Investitionen in der Papier- und Zelluloseindustrie.

Stahl

Der chinesische Stahlbedarf kennt zur Zeit kaum Grenzen und unsere Stahlerzeuger planen u.a. deshalb bis 2010 Investitionen von 13 Mrd. US$, davon 2,5 Mrd. US$ in 2005. Da kann man nur hoffen, daß hier keine Fehlplanung à la Kfz - Industrie mit ihren aktuellen Überkapazitäten vorliegt. Abgesehen davon kann man die einst zum größtem Teil staatliche brasilianische Stahlindustrie nur bewundern:
- Stahlproduktion von 32,9 Mio. Tonnen in 2004
- Istkapazität 34 Mio. Tonnen in 2004
- Sollkapazität 40 Mio. Tonnen in 2010
- Umsatz 50 Mrd. R$ in 2004
- + 43 % gegenüber Vorjahr
- Exportumsatz (ca. 5 Mrd. US$) + 28 % bei gleichzeitigem Exportabsatzrückgang von - 7 %, kein Wunder bei ca. 100 % Preiserhöhung in einem Jahr

Erdölindustrie

Die großen Erdöl- und Erdgasvorkommen, die vor Santos entdeckt wurden, werden in den nächsten 10 Jahren immense Investitionen zu ihrer Exploration benötigen, Brasilien dann aber auch unabhängig von Importen machen. Näherliegend ist zur Zeit der Bau einer 120 km - Pipeline zwischen Cabo und Caruaru durch GDK aus Bahia für die staatliche Copergas für 96 Mio. R$, die 2007 in Betrieb genommen werden soll.

Künftig wird unserem Dieselkraftstoff sogenannter Biodiesel beigemischt werden, dadurch spart Brasilien in der ersten Stufe (Zusatz von 2 %, ca. 800 Mio. Liter jährlich, soll später auf 5 % erhöht werden) Importe von 160 Mio. US$ jährlich.


Agrobusiness

Brasilien ist zwar die zwölftgrößte Industrienation der Welt, aber ist gleichzeitig stark landwirtschaftlich geprägt, wobei der Erfolg im Agrarbereich zum Ärger der auf dem linken Auge blinden Eiferer auf die Anwendung industrieller Methoden zurückzuführen ist, die - was Fläche und Investitionen angeht - vom Größeneffekt zehren. Was wiederum bedeutet, daß die Landreform per Enteignung der Grossgrundbesitzer und die Verteilung dieser Flächen an sogenannte "Landlose", oft "Möchtegern - Kleinbauern" erfolglos sein wird. Aber es ist "politisch unkorrekt", solche Wahrheiten auszusprechen, was nur heissen kann, dass Politik und Logik nicht zusammenpassen. Gott sei Dank passen staatsmännische Führung und Logik zusammen, aber leider sind Staatsmänner sehr selten. Und im Landwirtschaftssektor darf die brasilianische Regierung sich keine ideologisch bedingte Irrtümer leisten, dafür ist er zu wichtig:
- Ein Dittel des BIP wird in der Landwirtschaft erwirtschaftet
- 37 % aller Arbeitsplätze sind in der Landwirtschaft
- Über 40 % der Exporte stammen aus der Landwirtschaft
Die ca. 1,1 Millionen kleinen Familienbetriebe beschäftigen 74 % der in der Landwirtschaft Tätigen, haben Einnahmen bis zu 60 TR$/a und ihr Umsatz macht 40 % des reinen Landwirtschaftsumsatzes Brasiliens aus. Das bedeutet aber auch, daß die 26 % in landwirtschaftlichen Mittel- und Grossbetrieben tätigen Arbeitnehmer 60 % des reinen Landwirtschaftumsatzes Brasiliens erwirtschaften.

Ein Besuch der Agrishow, die in Riberão Preto vom 16. bis 21. Mai 2005 stattfindet und eine der weltgrößten Landwirtschaftsausstellungen ist, zeigt die Stärke des Sektors, über den folgende Fakten zu melden sind:
- 2004 Ernterückgang auf 119 Mio. Tonnen (- 3,7 %) bei Getreide und Ölsaaten wegen Trockenheit, aber Prognose von 135 Mio. Tonnen (+ 13 %) für 2005
- Soja blieb wichtigstes Produkt mit über 40 % Anteil an der Gesamternte
- Süden 2004 mit 49 Mio. Tonnen wichtigstes Anbaugebiet für Getreide und Ölsaaten, Mittelwesten dicht auf mit 40 Mio. Tonnen, dann Südosten mit 18 Mio. Tonnen
- Der Export sorgte 2004 für 34,1 Mrd. US$ Handelsbilanzüberschuß im Landwirtschaftsbereich
- Exportsteigerung von 27,3 % auf 39 Mrd. US$
- EU Hauptabnehmer mit 34,4 %
- Globale Spitzenpositionen im Export von Zucker, Orangensaft, Tabak, Kaffee, Soja und Rindfleisch
- Rußland ist größter Käufer brasilianischen Rindfleisches (trotz des Embargos vom September 2004)
- Brasilien ist 2004 der weltgrößte Rindfleischexporteur mit 1,9 Mio. Tonnen (+ 42,3 %) bzw. 2,5 Mrd. US$ (+ 62,4 %) gewesen
- 2005 bietet gute Aussichten für
- Kaffee, + 40.000 Hektar Anbaufläche geplant wegen günstiger Preisentwicklung
- Zucker, denn die Flex - Fuel - Fahrzeuge, die wahlweise Benzin oder Alkohol als Treibstoff verwenden , werden dieses Jahr ca. 50 % der brasilianischen Kfz - Produktion ausmachen, ausserdem hat sich schon letztes Jahr der Export von Alkoholtreibstoff auf 2,3 Mrd. Liter verdreifacht und dieser Trend hält an
- 2005 wird aber auch wegen sinkender Weltmarktpreise und des stärkeren Real mit einem Umsatzrückgang von 16 % auf 60 Mrd. R$ gerechnet, mit allen bitteren Konsequenzen für die Zulieferer, z.B. von Maschinen und Düngemitteln, die außerdem höhere Rohmaterialkosten zu verkraften habe


Schiffsbau

Wollen Sie 290.000 t Stahl, 125.000 t Röhren, 6 Mio. Liter Farben und Lacke sowie 2.200 km elektrische Leitungen verkaufen? Dann bauen Sie Schiffe für die Petrobrás - Tochterfirma Transpetro! Das Interesse an diesem 2 Mrd. US$ - Geschäft war so gross, daß sich 26 Gesellschaften, darunter vier der weltweit fünf grössten Werften an der Ausschreibung beteiligten. Insgesamt geht es um 42 Schiffe, die alle in Brasilien gebaut werden und 65 % local content haben müssen. Mitte 2005 sollen die Lieferverträge unterschrieben werden, 2006 sollen die ersten Transporter vom Stapel laufen. Und hier hilft sogar der Staat, der uns bisher leider am falschem Ende der Skala die erste Position bei den Kreditzinsen verschafft hatte. Denn dieser Schiffsbau kann von der BNDES (unser KfW) zu ausgezeichneten Bedingungen finanziert werden, 20 Jahre Kreditlaufzeit, 4 % im Jahr und Kredit bis 90 % des Auftragswertes! Dieselbe BNDES weigert sich, den U-Bahnausbau in São Paulo zu finanzieren, findet aber nichts dabei, Geld für den U-Bahnausbau in Caracas nach Venezuela zu schicken - sozusagen von Kollege zu Kollege, was die politische Ausrichtung der beiden beteiligten Staatspräsidenten angeht. Das Gute ist auf jeden Fall, dass die Durststrecke des brasilianischen Schiffsbaues vorüber ist, der vor 30 Jahren den zweiten Platz auf der Welt eingenommen hatte.

Diese zum Teil völlig branchenfremde, aber finanzstarke Konsortien
- Estaleiro Rio Grande, Queiroz Galvão (beide Brasilien), Ishikawajima (Japan)
- Brasfel (Brasilien), Keppels (Singapur), Daewoo (Korea Rep.)
- Sermetal (Brasilien), MPE (Brasilien), Hyunday (Korea Rep.)
- Inace (Indústria Naval do Ceará)
- Camargo Correa, Andrade Gutierrez (beide Brasilien), Mitsui (Japan)
- Renave (Brasilien), Lisnave Lisboa (Portugal)
- Estaleiro Itajaí (Brasilien)
- Acker Promar (Brasilien), Acker (Norwegen), Samsung (Korea Rep.)
- Nuclep, Better (beide Brasilien), Gdynia (Polen)
- Mauá Jurong (Brasilien), CSSC Shanghai (VR China)
- Eisa Montagem (Brasilien), STX (Korea Rep.)
haben sich an der Ausschreibung beteiligt, die wegen der hohen Exporte Brasilien (in den letzten 12 Monaten über 100 Mrd. US$) und dem damit verbundenem Transportbedarf sicher nicht die letzte gewesen ist!

Stromsektor

Wer in Brasilien wohnt, erinnert sich noch gut an die Energieknappheit zum Ende der Amtszeit von Präsident Cardoso, der sich darauf verlassen hatte, dass die neuen Eigentümer der privatisierten Energiefirmen die nötigen Investitionen vornehmen würden - was sich zunächst als Irrtum erwiesen hatte mit den bekannten Konsequenzen. Die sich, hätte es damals mehr geregnet, vielleicht nie gezeigt hätten. In der Zwischenzeit hat sich viel getan, die Regierung hat durch ein neues Energiemodell bisher vergeblich versucht, die Branche zu stabilisieren und die nötigen Investitionen lassen immer noch auf sich warten. 80 % der Energieerzeuger sind nämlich nach wie vor staatlich, 80 % der Energieverteiler sind aber bereits privatisiert. Die wichtigste Messe des Sektors ist die FIEE, die dieses Jahr vom 25. bis 29.4. in São Paulo stattfindet.

Das ist die Situation:
- Das BIP steigt und damit der Energiebedarf, bei einem angenommenen Wirtschaftswachstum von 4 % jährlich haben wir dann spätestens 2008 wieder ernste Energieversorgungsprobleme, die nur durch jährliche Investitionen in Höhe von 10 bis 20 Mrd. R$ vermieden werden können
- Wobei die schönsten Investitionen nichts nützen, wenn die Umweltschutzbehörde neuen Kraftwerken die Zulassung verweigert oder diese ungebührlich verzögert
- Die Energiekrise war nicht nur auf Knappheit zurückzuführen, sondern auch auf mangelnde Verfügbarkeit, die sich seitdem durch den Bau von mehr als 10.000 km neuer Hochspannungsleitungen verbessert hat. Von 2005 bis 2007 sind Investitionen von 6,2 Mrd. R$ in der Stromverteilung geplant.
- Laut Abradee (Associação Brasileira das Distribuidoras de Energie Elétrica) sollen sogar schon 2005 fast 6 Mrd. R$ für den Ausbau der Netze ausgegeben werden.
- Die Regulierungsbehörde ANEEL - Agencia Nacional de Energie Eletrica hat wichtige Kompetenzen an das Energieministerium abgeben müssen
- Brasilien hat zwar keine neuen Bundesländer, aber neue Energie, nämlich die, die aus neuen Kraftwerken stammt und teurer ist als die Energie, die aus Kraftwerken stammt, die vor dem Jahr 2000 gebaut wurden.
- Wer mindestens 3 MW (ver)braucht, kann diese Energie im freiem Markt direkt vom Stromerzeuger kaufen, der Tarif wird dabei frei ausgehandelt.
- Im reguliertem Markt müssen die Stromerzeuger ihren Strom an die Stromverteiler per Versteigerung verkaufen, dabei erhält der Verteiler den Zuschlag, der den Endverbrauchern den niedrigsten Tarif anbietet, was zwar den Verbraucher entlastet, aber die Investitionsmöglichkeiten der Anbieter einschränkt.
- Am 3.4.2005 wurde eine solche Versteigerung nach 19 Stunden um 4:55 früh abgeschlossen, aber es wurden nur 1.325 MW für 7,7 Mrd. R$ auf 8 Jahre verkauft, was gerade mal die Hälfte der Energienachfrage deckt. Und ab 2009 wird es dann problematisch, d.h. bald muss ein weiteres Mal versteigert werden.
- Letztes Jahr betrug die Erzeugerkapazität 85 GW, der Bedarf lag weit darunter bei 54 GW, noch haben wir also Luft. Zur Energieerzeugung wird in 1.400 Kraftwerken zu
- 84 % Wasserkraft,
- 5 % Gas,
- 4 % Erdöl,
- 2 % Kernkraft,
- 2 % Kohle benutzt.
- Der Endverbraucher zahlt übrigens bei Begleichung seiner Stromrechnung einen Steueranteil von ca. 40 %!

Informationstechnologie

Das waren noch (schlechte) Zeiten, als man Jahre auf seinen Festnetzanschluß warten musste und ein Anschluß auf dem Parallelmarkt bis zu 10.000 DM kostete. Heute nach der Privatisierung des Sektors gab es in Brasilien Ende 2004 immerhin schon 65,6 Mio. Mobiltelefone, damit haben 36 von 100 Brasilianern ein solches Telefon! 2003 waren es 26, traumhafte Zuwachsraten also. Allerdings sind 80,5 % der Mobiltelefone "pre-paid" und deren Besitzer geben oft weniger als 10 R$ monatlich fürs Telefonieren aus. Das Festnetz weist übrigens nur 42,3 Mio. Anschlüsse auf. Bei den Mobiltelefonen hat sich der GSM - Standard durchgesetzt, TDMA und CDMA werden irgendwann wahrscheinlich vom Markt verschwinden. GSM - Handys stiegen von 6,8 auf 22,4 Mio. Geräte in einem Jahr und haben Ende 2004 einen Marktanteil von 34,1 % (CDMA 29,7 % und TDMA 35,5 %) gehabt. Ein Kuriosum, die Handydichte liegt in Brasilia bei 100,1 %, also sollte man den Politikern in unserer Hauptstadt dankbar sein, daß sie wenigtens durch ihren Konsum Arbeitsplätze schaffen.

Der Konsum, der über das Internet (e-Business) abgewickelt wird, erreichte in 2004 eine Größe von 1,8 Mrd. R$, nicht schlecht für ein "Entwicklungsland".

Der brasilianische IT - Sektor setzte 2004 insgesamt 20 Mrd. R$ um, eine reale Steigerung von 6 % gegenüber dem Vorjahr. Für 2005 rechnet man sogar mit einer zweistelligen Zuwachsrate. Die Bundessparkasse CEF allein startete eine Ausschreibung in vier Abschnitten, die beiden ersten beinhalten 25.000 PCs und Telekommunikationsdienstleistungen im Wert von mehr als einer Milliarde R$. Die Investitionen in IT - Hard- und -Software werden für 2005 auf 11,3 Mrd. US$ geschätzt. Zu diesem Wert trägt u.a. Basel II bei, viele Banken müssen sich anpassen und allein die Banco do Brasil wird deshalb dieses Jahr 1,7 Mrd. R$ für IT - Technologie ausgeben. Und Petrobrás implementierte letztes Jahr SAP für 260 Mio. US$ und erwartet sich davon eine Einsparung von 450 Mio. R$ in den nächsten fünf Jahren. Gute Zukunftsaussichten werden der Internettelefonie eingeräumt, die Banco do Brasil bereitet ein entsprechendes Projekt vor, bei der Fluglinie Gol wird die Internettelefonie bereits benutzt. Bei meiner Firma Eurolatina übrigens auch schon, aus Deutschland können Sie mich unter der VoIP - Telefonnummer 0180 - 1777 5559 128 erreichen. Die Geschäftsaussichten sind so gut im IT - Bereich, daß am 23.2.2005 in Frankfurt ein Seminar mit dem Titel "Deutsch-Brasilianische IT-Projekte - Marktchancen und Erfolgsfaktoren" an der IHK abgehalten wurde.

Kfz - Hersteller und -Zulieferer

Der Kfz-Sektor wartete 2004 mit einer Rekordproduktion von 2,2 Mio. Kfz auf, wobei insbesondere die Neuentwicklung des sog. "Bicombustivel-Motors" und dessen sprunghaft angestiegene Absätze für Furore sorgten. Über diesen Bereich lesen Sie mehr in der nächsten Ausgabe von "Brasilien Aktuell".


Infrastruktur und Private Public Partnership

Brasilien will sich mit PPP - Projekten über die Finanzknappheit hinweghelfen. Wichtige Projekte, für die eine Grössenordnung von 4 Mrd. R$ bekannt wurde, sind u.a.
- São Paulo (2. Mrd. R$)
- Exportkorridor/Hafen São Sebastião
- Linie 4 der U-Bahn in Sao Paulo
- Umgestaltung Sportkomplex Ibirapuera
- Minas Gerais
- Reparatur Straße MG-50
- Bau/Betrieb von 6 Gefängnissen
- Rio Grande do Sul (1,2 Mrd. R$)
- Straßenring in der Region Porto Alegre
- Eisenbahnverbindung P.A. – Pelotas
- Santa Catarina
- Ausbau von Straßen
- Erweiterung Eisenbahnnetz
- Bahia (330 Mio. R$)
- Bau und Reparatur von Straßen
- Abwasserentsorgung
- Neue Gefängnisse
- Pernambuco (200 Mio. R$)
- Infrastruktur (Wasser)
Ein weiteres wichtiges und - hoffentlich im positiven Sinne - folgenreiches Projekt ist die Umleitung des Flusses São Francisco für 4,5 Mrd. R$, um die trockenen Gebiete im Nordosten Brasiliens zu bewässern. In Belo Horizonte soll die U-Bahn für 1,5 Mrd. R$ ausgebaut werden, für diesen betrag gibt es dann zwei neue Linien. Die Firmen Arcadis Infra B.V. (Niederlande), Hamburg-Consult GmbH (Deutschland) und Enerconsult (Brasilien) gewannen die 8,9 Mio R$ - Ausschreibung für die Planung, die Bauleistungen sollen bis Anfang 2007 ausgeschrieben werden.

Bergbau

Die Companhia do Vale de Rio Doce will bis 2010 insgesamt 13 Mrd. R$ investieren und u.a. 10.000 Waggons und über 100 Lokomotiven kaufen. Etliche Bergbauunternehmen untersuchen z.Z. die Kapazitätsausweitung der brasilianischen Pelletproduktion (Jahreswerte):
- Samarco: 12 -> 21,4 Mio. Tonnen
- CSN: Neuanlage für 6 Mio. Tonnen
- CVRD: 23,8 Mio. Tonnen in 9 Einheiten -> + 6 Mio. Tonnen in einer neuen Einheit, 350 Mio. US$ Investitionen
Die Nachfrage ist nämlich augenblicklich 20 % höher als das Angebot.


Ausblick 2005

Die Aussichten sind gut, in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres bleiben trotz unverändert hoher Zinsen die anderen Meßzahlen unserer Volkswirtschaft im "Gut" - Bereich.

Vielen Firmen vertrauen auf diesen Trend und investieren:
- 110 Mio. R$ sollen ab 2006 von União Terminais für den Hafenausbau (Lagerkapazität) von Santos ausgegeben werden
- 600 Mio. R$ sollen in 2005 von Schincarioal (2,5 Mrd. R$ Umsatz in 2004) investiert werden, 280 davon für Marketingmaßnahmen, der Rest für Kapazitätsausweitung (2,1 -> 3 Mrd. Liter jährlich) und Logistikmassnahmen
- 75 Mio. R$ sollen von Casas Bahia in 2005 für die Eröffnung von 80 neuen Geschäften verwandt werden, damit verfügt der Einzelhändler künftig über 488 Läden
Branchen, denen es zur Zeit besonders gut geht , sind
- Stahlerzeuger
- Mobilfunk
- Chemie
- Maschinenbau
- Elektrotechnik
Aber irgendwann wird das Wachstum dieser Sektoren durch die schlechte Infrastruktur gebremst, die auch durch die angestrebten PPP - Projekte sicher nicht schlagartig besser werden wird.
- 80 % des Straßennetzes ist erbärmlich schlecht
- 10 Mio. Tonnen landwirtschaftliche Erzeugnisse gehen bei jeder Ernte durch Logistikprobleme verloren
- 40 Mrd. R$ jährlich sind nach Meinung der CNI - Confederação Nacional da Indústria zur Abstellung der Mängel nötig
Aber trotz aller guten Aussichten in den beschriebenen Sektoren kann dem in- und ausländischem Geschäftsmann die Politik immer noch die Suppe versalzen, denn die Regierung ist so erfolgreich wie die deutsche, die Zinsen sind nach wie vor zu hoch, die Korruption blüht immer noch, die Justiz ist langsam und manchmal sehgestört (um nicht blind zu sagen) und der Bürokratie rückt auch niemand erfolgreich zu Leibe. Dazu kommen kleine und grosse Vorkommnisse wie das vorläufige Scheitern der Kooperationsgespräche zwischen dem Mercosul und der Europäischen Union, die Miniregierungsreform Lulas, die nicht mit der Inkompetenz mancher Amtsinhaber aufräumte, der Kleinkrieg zwischen der brasilianischen Bundes- und der Stadtregierung von Rio de Janeiro über die Errichtung von Feldlazaretten zur Versorgung der Bevölkerung, die Wahl eines nicht gerade sehr progressiven Hinterbänklers zum Parlamentspräsidenten und sein negativer Einfluß auf die Staatsfinanzen, die Geschichte ohne Ende des Defizits der Sozialversicherung etc. etc. etc., man kann es schon nicht mehr hören bzw. man kann sich das Zeitungslesen und das Ansehen der Abendnachrichtem im Fernsehen sparen, nichts Neues im Westen. Wir werden Ende des Jahres wahrscheinlich nur 4 % Wachstum zu verzeichnen haben bei einer Inflation von ca. 6 % im Jahr, aber das ist nicht allzuschlecht.

Wichtige positive Änderungen gibt es aber bald im internationalem Zahlungsverkehr:
- Bisher: Einnahmen aus Exportgeschäften müssen in 20 Tagen nach Brasilien überwiesen werden. Der Kauf und Verkauf von Devisen unterliegt Beschränkungen. Es gibt zwei offizielle Wechselkurse, den Handelskurs (Mercado de Câmbio de Taxas Livres) und den Tourismuskurs (Mercado de Câmbio de Taxas Flutuantes). Investitionen im Ausland sind brasilianischen Firmen nur bis zur Höhe von 5 Mio. US$ ohne Zentralbankgenehmigung erlaubt.
- Künftig: Frist für die Überweisung von Erlösen aus Exportgeschäften nach Brasilien und damit Umtausch in Real 210 Tage, Devisen können ohne Begrenzung ge- oder verkauft werden, wobei diese Änderung für natürliche und juristische Personen gilt. Es gibt nur einen offiziellen Kurs (Mercado de Câmbio), wobei der Scharzmarktkurs, den die sogenannten dolleiros benutzen, sicher weiterbestehen wird - man weiß nie, was kommt! Die Zentralbankgenehmigung für Firmeninvestitionen im Ausland entfällt.
- 2004 Direktinvestitionen im Ausland 9,5 Mrd. US$, 2003 nur 0,3 Mrd. US$, 2002 bereits 2,4 Mrd. US$
Und es kann endlich damit gerechnet werden, dass die Direktinvestitionen aus dem Ausland auch weiterhin kräftig steigen werden!
- 2004: Steigerung um fast 80 % auf 18,1 Mrd. US$, damit liegt Brasilien vor Mexiko mit 16,6 und Chile 7,6 Mrd. US$
. Allein die Fusion Ambev und Interbrew brachte mehr als 5 Mrd. US$ in diese Bilanz ein!
. Aufteilung der Direktinvestitionen 2004:
. 52,8 % industrieller Sektor
. 26,4 % Nahrungsmittelsektor
. 6,7 % chemische Industrie
. 4,2 % Kfz - Industrie
. 41,9 % Dienstleistungen
. 14,7 % Telekommunikation
. 6,2 % Handel
. 5,9 % Energie
. 5,3 % Landwirtschaft und Bergbau
. Herkunft der Direktinvestitionen 2004:
. 7,7 Mrd. US$ Holland
. 4 Mrd. US$ USA
. 1,5 Mrd. US$ Kaiman - Inseln
. 1 Mrd. US$ Spanien
. 795 Mio. US$ Deutschland (2003: 506 Mio. US$)
. 747 Mio. US$ Luxemburg
. 592 Mio. US$ Kanada
. 571 Mio. US$ Portugal
. 486 Mio. US$ Frankreich
. 429 Mio. US$ Italien
. 364 Mio. US$ Schweiz
- 2005: China hat Investitionen in Brasilien angekündigt, die bis 2007 immerhin 10 Mrd. US$ erreichen sollen. Deutsche Investitionen werden wegen der PPP - Projekte weiter ansteigen. Insgesamt rechnet die brasilianische Regierung 2005 mit dem Eingang von 20 Mrd. US$ Direktinvestitionen.
- Bei Fusionen und Übernahmen wird ein Anstieg um 30 % auf 380 Transaktionen prognostiziert
- Per Februar 2005 hatten ausländische Firmen einen Anteil von 65 % an Fusionen und Übernahmen mit Konzentration auf die Sektoren Nahrungsmittel, Getränke, IT (mit Telekommunikation)

18 März 2006

Blick zurück: Firmengründung in Brasilien 2002

Die gebräuchlichste Firmenform in Brasilien ist die Limitada, die in etwa der deutschen GmbH entspricht. Zur Gründung einer Limitada, die durch das Gesetz Nr. 3.708 vom 10.1.1919 und subsidiär durch das Gesetz Nr. 6.404/76 geregelt ist, sind in Brasilien mindestens zwei Gesellschafter erforderlich, die beide juristische Personen sein können, aber auch zwei natürliche oder eine juristische und eine natürliche Person. Aus Kontinuitätsgründen sind zwei juristische Personen als Gesellschafter vorzuziehen.

Als Geschäftsführer kann einer oder beide Gesellschafter bestellt werden, allerdings muß, falls die Geschäftsführer nicht in Brasilien ansässig sind, ein beauftragter Geschäftsführer (Gerente Delegado) mit Wohnsitz in Brasilien ernannt werden, der die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertreten kann.

Die Geschäftsführerbefugnisse werden im Gesellschaftsvertrag niedergeschrieben. Der geschäftsführende Gesellschafter oder der delegierte Geschäftsführer haften der Gesellschaft oder Dritten gegenüber nur für Mandatsüberschreitungen, wozu auch Gesetzesübertretungen zählen.

Die Limitada kann je nach Gesellschaftszweck als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder als Handelsgesellschaft organisiert sein. Die Haftung der Gesellschafter beschränkt sich auf das Gesellschaftskapital, dazu muß dieses aber vollständig eingebracht worden sein. Bilanzen müssen wie in Deutschland bei der GmbH nicht veröffentlicht werden.

Ein Mindeststammkapital ist nicht vorgeschrieben; aus Haftungsgründen ist bei kleinen und mittleren Firmen ein niedriges Stammkapital vorzuziehen, welches aber mindestens 10 bis 50 TR$ betragen sollte, um bei Banken und Kunden keinen zu schlechten Eindruck zu machen. Das Kapital kann in Form von Geld und / oder Gütern eingebracht werden.

Die von ausländischen Gesellschaften an brasilianischen Gesellschaften gehaltenen Anteile können steuerfrei im Ausland übertragen werden, dies muß jedoch im Zentralbankregister entsprechend vermerkt werden, wobei die Registrierung auf die Höhe des ursprünglichen Wertes beschränkt ist. Für Gewinnüberweisungen gibt es keine Beschränkungen mehr und auch die Quellenbesteuerung wurde abgeschafft. Reinvestierte Gewinne werden wie die ursprünglichen Investitionen registriert. Eine Kapitalrückführung ist genehmigungsfrei und unterliegt bis zur Höhe des anfänglich registrierten Kapitals keiner Quellenbesteuerung, auf darüber liegende Werte fallen 25 % Quellensteuer an.

Die zur Firmengründung erforderlichen Dokumente sind:

Für die Firma:

* Gesellschaftsvertrag in dreifacher Ausfertigung

Fuer ausländische juristische Personen als Gesellschafter:

* Nachweis des gesetzmäßigen Bestehens der Firma und des Mandates ihres Vertreters
* Vollmacht für einen Vertreter in Brasilien
* vereidigte Übersetzung der Vollmacht und des Nachweises des gesetzmäßigen Bestehens der Firma, falls diese Unterlagen nicht in Portugiesisch abgefaßt sind

Alle aus dem Ausland kommenden Dokumente müssen von der im Ursprungsland zuständigen konsularischen Vertretung Brasiliens beglaubigt oder mit einem Sichtvermerk versehen werden. Diesen Unterlagen muß die von einem bei einem brasilianischem Handelsgericht eingetragenem vereidigtem Übersetzer angefertigte Übersetzung beigefügt sein.

Sobald die CNPJ - Nummer (Cadastro Nacional de Pessoas Jurídicas = Bundesregister juristischer Personen) erteilt ist, kann ein Firmenkonto eröffnet und das Stammkapital, welches bei der Zentralbank registriert werden muß, überwiesen werden. Dies kann etappenweise geschehen, in diesem Fall muß der Zeitraum, in dem das Stammkapital eingezahlt wird, im Gesellschaftsvertrag spezifiziert werden. Damit alle Gründungskosten in der zu gründenden Firma steuerwirksam verbucht werden können, ist ein entsprechender Antrag bei der Zentralbank zu stellen, falls Gelder vor Erteilung der Steuernummer überwiesen werden sollen.

Da im Gesellschaftsvertrag eine Firmenadresse genannt werden muß, ein Mietvertrag aber vom Vermieter meist erst akzeptiert wird, wenn die RNPJ - Nummer erteilt ist, kann der Mietvertrag vor Gründung der Firma hilfsweise auch im Namen des künftigen Gerente Delegado oder der Gesellschafter abgeschlossen werden mit anschließender Mietvertragsänderung, wenn die endgültige Eintragung der Firma vorliegt. Wenn ein gewerbliches Mietverhältnis mindestens 5 Jahre bestanden hat, kann der Mieter im Verweigerungsfall eine Mietvertragsverlängerung nach brasilianischem Recht gerichtlich erzwingen. Mit Adresse und Steuernummer können dann auch durchnummerierte Rechnungsblöcke gedruckt werden.

Wenn im Gesellschaftsvertrag im Firmenzweck auch der Import und der Vertrieb von Teilen und Anlagen sowie Dienstleistungen wie z.B. technische Beratung, Anlageninstallation und -reparatur sowie -wartung erwähnt sind, bedarf es keiner zusätzlichen ausdrücklichen Genehmigung bzw. Zulassung für die Ausübung dieser Tätigkeiten. Allerdings muß eine Registrierung als Importeur jedes Jahr neu beantragt werden.

Ein minimaler Personalaufwand ist sehr wichtig, weil Brasilien keineswegs ein Billiglohnland mehr ist, vor allem wegen der hohen Personalnebenkosten. So verdient z.B. eine gute zwei- oder dreisprachige Verwaltungsangestellte oder Chefsekretärin 3.000 R$ brutto monatlich, dieses Gehalt fällt aber 13,33 mal im Jahr an, nämlich für 11 Arbeitsmonate + ein dreizehntes Monatsgehalt + ein bezahlter Urlaubsmonat + 0,33 Monatsgehälter als Urlaubsgeld. Dazu kommen 8 % FGTS (eine Art Arbeitslosenversicherung), 23 % INSS (Sozialversicherung), 2,5 % Ausbildungsbeitrag, 1 % SENAI und 1,5 % SESI (beides Ausbildungsabgaben), d.h. nochmal 36 % über das Jahresentgeld. Damit muß der Arbeitgeber 18,13 Monatsgehälter zahlen, wobei sonstige Kosten wie Verpflegungs- und Transportbeihilfen, Mutterschaftsurlaub etc. noch nicht berücksichtigt sind.

Manche Firmen in Deutschland stehen unter dem Eindruck, daß Kundendiensttechniker in Brasilien nicht mit Ersatzteilen zum Kunden fahren dürfen, wenn vorher nicht feststeht, welche Ersatzteile bei einem spezifischem Kunden benötigt werden. Dies ist nicht der Fall. Der Techniker muß eine Nota Fiscal (Steuerrechnung) für Verkäufe außerhalb der Firma mit sich führen, in der alle in seinem Wagen befindlichen Ersatzteile ohne Nennung eines Kunden aufgeführt sein müssen. Dabei fallen bereits Steuern an. Die bei einem spezifischem Kunden verbleibenden Teile müssen vom Techniker in einer "einfachen Rechnung" (Nota Fiscal Simples) handschriftlich eingetragen werden, deren Original beim Kunden verbleibt. Original und Durchschrift müssen vom Kunden und vom Techniker unterschrieben werden. Es reicht, wenn z.B. einmal wöchentlich diese Durchschriften in der Firma auf eine normale Rechnung übertragen und verbucht werden. Diese normale Rechnungen werden dann dem Kunden zur Begleichung zugestellt, wobei die bereits bezahlten Steuern berücksichtigt werden. Beim Überqueren von Bundeslandgrenzen sind dabei besondere Steuervorschriften zu berücksichtigen und bei der Erstellung der normalen Rechnungen sind Steuertermine zu beachten.

Das brasilianische Steuersystem ist leider ähnlich kompliziert wie das deutsche.

Die wichtigen Hauptbundessteuerarten sind IR (Steuern über Einkommen und Erträge jeglicher Art), II (Einfuhrsteuer), IPI (Steuer über Industrieerzeugnisse) und IOF (Steuer über Kredit-, Wechsel- und Versicherungsgeschäfte oder bezogen auf Wert- und Kapitalmarktpapiere).

Dann gibt es die Landessteuern wie ICMS (Warenumlaufsteuer ähnlich Mehrwertsteuer), IPVA (Kfz - Steuer) und die Gemeindesteuern wie IPTU (Grundsteuer, wird üblicherweiser im Falle einer Miete vom Mieter bezahlt), ITBI (Steuer fuer die Eigentumsübertragung von Immobilien) und ISS (Dienstleistungssteuer), wobei sich ICMS und ISS gegenseitig ausschliessen.

Der Bund erhebt folgende Sozialabgaben: PIS (Programm für soziale Integration), COFINS (Finanzierung der Sozialversicherung), CSSL (Abgaben über den Nettogewinn juristischer Personen), INSS (Beitrag zur sozialen Sicherheit), CPMF (provisorischer Beitrag über Finanzmittelverkehr), dann die der Tätigkeit entsprechenden Sozialabgaben fuer Dritte wie SENAI (Industriefacharbeiterausbildung), SESI (Industriesozialdienst), SENAC (Fachkräfteausbildung für Handels- und Dienstleistungsbetriebe), SESC (Sozialdienst des Handels), SENAT (nationaler Dienst für die Ausbildung von Transportfacharbeitern) und SEST (Sozialdienst des Transportwesens) sowie die von allen juristischen Personen unabhängig von der Branche zu zahlenden Abgaben wie FNDE (Nationalfond für die Entwicklung des Erziehungswesens), INCRA (Abgabe an das Nationalinstitut für Siedlung und Agrarreform) und SEBRAE (brasilianischer Dienst zur Förderung von Kleinst- und Kleinbetrieben).

Vom Bruttogewinn juristischer Personen werden 12 % CSSL und vom verbleibendem Betrag durchschnittlich 25 % IR abgezogen, damit ist der Nettogewinn 67 % von ursprünglich 100 % Bruttogewinn.

Die Einnahmen juristischer Personen werden durchschnittlich mit 5 % ISS über den Dienstleistungspreis, 17 % ICMS und 12 % IPI über den Warenwert und mit 3 % COFINS und 0,65 % über den Umsatz und 0,38 % über den Finanzmittelverkehr besteuert.

Die Lohn- und Gehaltsliste wird mit 8 % FGTS und 25,8 % INSS besteuert.

Für in Brasilien eingeführte Erzeugnisse muss II , ICMS und IPI gezahlt werden.

Die Einbringung von Auslandskapital für Investitionen ist genehmigungsfrei, muß aber innerhalb von 30 Tagen nach Kursschluß bei der Zentralbank registriert werden, um Gewinnüberweisungen, Reinvestitionen und Kapialrückführungen zu ermöglichen. Die Investition kann in bar ohne vorherige Genehmigung erfolgen, durch Auslandsdarlehensumwandlung nach vorheriger Genehmigung durch die Zentralbank zur Durchführung einer symbolischen Wechselkursoperation, durch genehmigungspflichtige (Zentralbank und SISCOMEX) Warenimporte ohne Devisendeckung, durch Technologiezufuhr über Kapitalisierung von Royalties und über Darlehens- und Finanzierungsgeschäfte in Fremdwährung. Wie vorher schon erwähnt, kann das Kapital auch in Form von Gütern, Maschinen und Anlagen eingebracht werden.

Firmengründung in Brasilien

Bis jetzt brauchte man im Durchschnitt 152 Tage, um eine Firma zu gründen und alle gesetzlich erforderlichen Schritte abzuarbeiten. Damit lag Brasilien auf dem sechsten Platz einer Liste mit 133 Ländern, leider von hinten gezählt. Das soll und wird sich jetzt hoffentlich ändern, denn im Bundesstaat São Paulo wurden die praktisch identischen Registrierungsprozesse auf Bundes- und Landesebene zusammengelegt, d.h. CNPJ (Cadastro Nacional da Pessoa Jurídica = Nationalkataster Juristischer Personen) und IE (Inscrição Estadual = Bundesstaatliche Einschreibung) werden jetzt gleichzeitig beantragt und gleichzeitig erteilt. Alleine dadurch wird aber noch keine substanzielle Zeitreduzierung erreicht, denn es müssen zahlreiche behördliche Kontrollen abgewartet werden, u.a. in den Bereichen Umweltschutz, Gesundheitswesen, Brandschutz. Vorreiter ist übrigens der von deutschen Einwanderern geprägte Bundesstaat Santa Catarina, wo man für eine neue Firma die CNPJ – Nummer und den Eintrag in das Handelsregister (Registro na Junta Comercial) in zwei Stunden bekommt.

Meine Firma hatte übrigens mal einen deutschen Kunden aus der Medizintechnik, der während seines Besuches der Hospitalarmesse in São Paulo von mir verlangte, die Abnahmebeamten für seine Firma, die wir für ihn gegründet hatten, in diese zu bestellen, damit alle erforderlichen Freigaben während seines einwöchigen Aufenthaltes erteilt würden. Wer solche Vorstellungen und Einstellungen hat, sollte zuhause bleiben - wo dies sicher auch nicht funktioniert. Fazit: Wer in Brasilien eine Firma gründet, muß Geduld, Verständnis für die hiesigen Umstände und Einfühlungsvermögen mitbringen, vor allem im medizintechnischem Bereich, in dem ANVISA - Zulassungen, also durch die Gesundheitsbehörde, unumgänglich sind. Und die werden laut Papier in drei Monaten und laut Praxis in einem Jahr erteilt. Was unser Kunde übrigens nicht akzeptieren wollte, wir waren ihn los und er bekam seine Abnahmen trotzdem nicht schneller.

15 März 2006

Energie: Brasilien unter Hochspannung?

2001 lebten wir im Dunkeln, weil die Elektroenergie plötzlich knapp wurde. Daraus hat die Regierung gelernt und einen Zehnjahresplan (plano decenal de expansão de energia elétrica) vorgestellt. Dieser sieht 125 Mrd. R$ Investitionen bis 2015 vor. Für die Erhöhung der Generatorkapazität von 100.000 auf 140.000 MW sind 85 Mrd. R$ geplant, für 60.086 km neuer Energieleitungen 31,2 Mrd. R$ und für neue Umspannstationen einschließlich der Trafos 9,5 Mrd. R$. Das Stromnetz Acre/Rondônia soll dabei mit dem übrigen Netz (ohne den bis 2012 weiter isolierten Teil Manaus/Amapá/Margem esquerda de Amazonas) integriert werden.

Der Plan geht von einem jährlichen Wachstum des BIP von 4,2 % aus, von einer Bevölkerungszunahme von 182 auf 202 Mio. Einwohner und von einem Wachstum des jährlichen Prokopfverbrauches von heute 2.049 kWh auf 3.053. Das heißt übrigens, daß erst in 2014 der mittlere monatliche Verbrauch in den Haushalten das Niveau vor der Rationierung wieder erreicht, welches 180 kWh betrug.

Bleibt nur zu hoffen, daß dem Plan nicht das Schicksal der vielen Fünfjahrespläne der "DDR", UdSSR etc. blüht, die nie erfüllt wurden! Denn Angra III, noch nicht autorisiert, wurde im Plan als Energiequelle mit aufgenommen.

11 März 2006

Blick zurück: BRASILIEN AKTUELL vom 14.12.2003

Eigentlich hatte ich es immer für eine Übertreibung gehalten, daß man nach Meinung der Brasilianer außerhalb Brasiliens glaube, daß unsere Hauptstadt Buenos Aires heiße. Aber da ich gerade in Deutschland zu Geschäftsbesprechungen war, kann ich jetzt bestätigen, daß vielleicht doch etwas dran sein könnte an dieser Behauptung. Denn selbst die von mir hochgeschätzte und beim Frühstück gelesene FAZ schreibt über Brasilien aus Buenos Aires und nennt in einem Artikel über Angriffe auf Polizeistationen u.a. in Santos den Strand Praia Grande ganz einfach Playa Grande und das ist nur ein Beispiel in diesem Artikel für die Annahme, daß in Brasilien Spanisch gesprochen wird.

Da darf man sich dann nicht wundern, wenn "ganz gewöhnliche" deutsche Geschäftsleute manchmal etwas uninformiert wirken, wenn über Brasilien gesprochen wird. Ich sage das, weil viele Firmenchefs uns fragen, ob wir ihre Produkte gegen eine Provision in Brasilien an den Mann bringen können und muß dann nicht nur erklären, daß meine Firma Eurolatina keine Handelsvertretung ist, sondern auch, daß ein Markteintritt in einem Land, welches größer als Europa ist, ohne Investition seitens des Exporteurs nicht machbar ist - es sei denn, dieser findet über uns einen im Markt eingeführten Handelspartner mit einem laufendem Geschäft, welches die Markteinführungskosten für das neue Produkt verträgt. Schließlich käme auch niemand auf die Idee, einen Handelsvertreter in Oslo für einen unverbindlichen Kundenbesuch auf dessen Kosten nach Rom zu schicken.

Aber Investitionen in einen Markteintritt lohnen sich fast immer, Wettbewerbsfähigkeit vorausgesetzt. Denn das Geschäftspotential ist in manchen Fällen enorm, z.B., wenn man mit Firmen wie Petrobrás oder Vale do Rio Doce Geschäfte machen darf. Dies erfordert aber einen langen Atem, die Markteintrittsschwelle ist sehr hoch und die Konkurrenz hart. Aber wer sich z.B. als Lieferant an der Exploration der gerade vor Santos gefundenen Erdgasvorräte beteiligen kann und seine Preise durchsetzt, kann sich glücklich schätzen, denn ein Kunde wie Petrobrás kann zumindestens heute jede Rechnung zahlen - ganz im Gegensatz zu einigen Automobilherstellern. Petrobrás hat hauptsächlich durch die Koppelung der brasilianischen Inlandstreibstoffpreise an den Weltmarktpreis des Rohöles in US$ einen Rekordgewinn erzielt, 1,848 Mrd. US$ (22,6 % Umsatzrentabilität! Exxon Mobil erreichte nur 6,9 und Chevron Texaco 6,5 %) von Juli bis September, mehr als IBM, JP Morgan Chase, Morgan - Stanley, Coca Cola und Procter & Gamble und fast soviel wie Microsoft (2,041 Mrd. US$). Damit ist Petrobrás auf Platz 12 der lukrativsten Firmen beider Amerika gelandet. Im gleichem Vorjahreszeitraum langte es mit 608 Mio. US$ nur zum Platz Nr. 39. Kein Wunder, daß die Firma in New York Anfang Dezember 750 Mio. US$ aufnehmen kann mit einer Laufzeit von 15 Jahren und einer Verzinsung von 8,5 %. Der brasilianische Flugzeughersteller Embraer erhält wie in diesem Jahr in 2004 von der BNDES (ähnlich KfW) einen 1,8 Mrd. US$ - Kredit. Insgesamt braucht die Firma nächste Jahr das Doppelte, um 160 Düsenflugzeuge auszuliefern, für 2005 sind 170 geplant.

Dazu paßt die Nachricht, daß die brasilianische Zentralbank eine Risikozentrale schafft, die helfen soll, den spread zu halbieren. In dieser Risikozentrale sollen die Daten von 15 Millionen Kreditnehmern gespeichert werden, von denen 10 Millionen ihre Daten auf keinen Fall in dieser Datenbank sehen wollen. 85 % der gespeicherten Kreditnehmer sind pünktliche Zahler und sollen deshalb künftig billigere Kredite als die unsicheren Kantonisten erhalten. Laut Zentralbank wächst das Kreditvolumen seit Juli wieder leicht, im Juli wurden Kredite für 213 Mrd. R$ vergeben, im August waren es 214, im September 216 und im Oktober 218. Persönliche Kredite kosteten im März 100,6 % jährlich, im Oktober "nur" noch 83,3 %. Überziehungskredite (cheque especial) erreichten ihren Höchststand im April mit 178,5 % und lagen im Oktober bei 147,4 % jährlich. Das ist der niedrigste Wert seit Juni 2001. Zwischen Juli und Oktober 2003 wurde der Leitzins um 9 Prozentpunkte zurückgenommen, die Banken gaben davon 8,1 weiter.

Laut einer am 4.12.03 veröffentlichten Studie mußten allein im Bundesstaat São Paulo zwischen 1990 und 2002 ca. eine Million kleine und mittlere Firmen ihre Tore schließen. 21,1 Mrd. R$ persönlicher Ersparnisse und 182,5 Mrd. R$ Jahresumsatz gingen in diesen 12 Jahren den Bach hinunter, immerhin 1,4 % des BIP. Gleichzeitig wurden zwischen 4,4 und 6,9 Millionen Arbeitsplätze vernichtet. Der genaue Wert ist nicht festzustellen, weil viele Firmen ihre Mitarbeiter wegen der damit verbundenen Kosten und Bürokratie nicht vollständig oder überhaupt nicht registrieren. Von 10 Firmen, die aufmachen, überleben nur 4 das fünfte Jahr, ein trauriger Rekord. Vor zwei Jahren lag dieser Wert bei 3 Firmen, also immerhin eine kleine Verbesserung. Was sind die Gründe für diese hohe Sterblichkeit? Fünf werden in der Studie genannt, nämlich keine Planung, schlechtes Unternehmensführung, keine regierungsseitige Unterstützung (z.B. durch Entbürokratisierung, niedrigere Steuern und Zurverfügungstellung von erschwingbaren Krediten), die allgemeine Rezession und last, but not least, Streit unter den Anteilseignern, oft Mitglieder derselben Familie.

Wollen Sie weitere schlechte Nachrichten lesen? Die Arbeitslosenquote in der Region Groß - São Paulo wird 2003 einen neuen traurigen Rekord erreichen. 1999 betrug sie 19,3 %, in 2000 ging sie auf 17,7 % zurück und 2002 langte sie wieder bei 19 % an. Im September 2003 waren es 20,6 %, der höchste je registrierte Wert seit Einführung der Aufschreibungen in 1985. Und das bei einem Präsidenten, der als hauptsächliches Wahlversprechen die Schaffung neuer Arbeitsplätze auf seine Fahne geschrieben hatte. Und zusätzlich fällt seit 10 Monaten in ununterbrochener Folge das Realeinkommen der Glücklichen, die Arbeit haben. In São Paulo betrug der Rückgang vom Oktober 2003 zum Oktober 2002 15,3 %, in Rio 19,1 %. Die Selbständigen verloren mit 22,1 % am meisten, Offiziell eingestellte Mitarbeiter gingen 10,6 % verlustig, bei den inoffiziell Beschäftigten waren es 5,1 %.

Und bei diesen Arbeitslosenzahlen will uns die IG Metall weismachen, daß bei Thyssen - Krupp in Barra do Pirai manche Arbeiter bei 44 Stunden normaler wöchentlicher Arbeitszeit mehr als 40 % Überstunden "schieben", wie man es in der neuesten Ausgabe "METALL - DAS MONATSMAGAZIN DER IG METALL " unter der Rubrik "Internationales" lesen kann. Weitere Höhepunkte dieses Berichtes von Fritz Arndt, der den Titel: "Wo bleibt die soziale Verantwortung?" trägt: "Aber die Arbeitsverhältnisse sind oft mittelalterlich, in vielen Betrieben arbeiten Beschäftigte wie im 19. Jahrhundert. Arbeitgeber lassen Kinder für sich schuften - insgesamt leisten vier Millionen Erwerbsarbeit - oder halten sich Beschäftigte als Sklaven. Wer krank ist, riskiert in Brasilien seine Kündigung. Da auch Rechtsgrundlagen für Betriebsräte fehlen, existieren kaum Arbeitnehmervertretungen. Recht auf Streiks? Nur wenn die Gerichte einverstanden sind. Bei den multinationalen Konzernen kommt angesichts solcher Zustände Freude auf. Allein aus Deutschland haben sich 1200 Betriebe in Brasilien angesiedelt, viele halten die Region um São Paulo inzwischen als den größten deutschen Industriestandort. "Die Unternehmen gehen immer dorthin, wo sie am Besten ausbeuten können", hat Ari Aloraldo do Nascimento vom Vorstand des Gewerkschafts-Dachverbands CUT erkannt, "diesen Umtrieben muss man Einhalt gebieten. Dass das buchstäblich auf die Knochen der Beschäftigten geht, hat die Thyssen-Krupp-Bosse bisher wenig interessiert. Dabei erinnert der Observatorio-Untersuchungsbericht fast an die Bestandsaufnahme nach einer Schlacht. Allein im letzten Jahr wurden 238 schwere Unfälle registriert, 206 im Jahr zuvor. Jeder zweite Arbeiter in Barra gab an, dass er in einen Arbeitsunfall verwickelt war."

Wer so etwas liest, kann eigentlich nur von Unwissenheit, wenn nicht Schlimmerem ausgehen. In welchem Land lebt der Verfasser eigentlich? Sicher nicht in dem Brasilien, welches ich kenne. Hier gibt es vieles zu kritisieren, z.B. die Art, in der die heutige Regierungspartei PT während ihrer Oppositionszeit dringend nötige Reformen verhindert hat, aber solche Kritik paßt sicher der IG Metall nicht ins Konzept.

Ich kam 1978 als technischer Geschäftsführer von Fichtel & Sachs nach Brasilien und kenne aus meiner Arbeit als Geschäftsführer, Berater und Unternehmer (in Brasilien, Südafrika und Mexiko) hunderte von Betrieben, rein brasilianische und multinationale. Und die meisten, vor allem die deutschen, sind vorbildlich was ihre soziale Verantwortung angeht, z.B. mit Werksarzt und -zahnarzt, betrieblicher Altersversorgung, Werkszeitschriften ohne Intervention der Firmenleitung, exzellenten Arbeitsbedingungen (5S - Programm, Betriebsbusse, Unfallverhütungskommissionen, Gymnastikpausen, Lean Production, Werkskantine, Lebensmittelpaketen zu Weihnachten…), einem Schild am Werkstor: "Unser letzter Arbeitsunfall liegt (z.B.) 230 Tage zurück" usw. Das brasilianische Arbeitsgesetz ist eines der arbeitnehmerfreundlichsten Gesetze der Welt, wer eine Arbeitsunfall hatte, ist z.B. anschließend 12 Monate unkündbar, auch wenn der Arbeitnehmer sich nach Feierabend den Knöchel im Fahrstuhl verstaucht hatte! Und diesen Fall kann ich belegen, wenn es nötig sein sollte, weil er kürzlich in einer von mir aufgebautem Firma passierte. Und das Streikrecht ist in der brasilianischen Verfassung verankert, was kürzlich noch von brasilianischer Seite dem VW - Konzernchef in Wolfsburg in Erinnerung gebracht wurde, der in Brasilien streikenden VW - Mitarbeitern mit der Kündigung gedroht hatte. Und warum wurde gestreikt? Weil die armen ausgebeuteten VWB - Mitarbeiter ihre unmenschlichen Arbeitsplätze, wo sie im Schnitt wesentlich mehr verdienen als ihre Kollegen in den rein brasilianischen Firmen, nicht verlieren wollten. Und es kommt wohl kaum Freude auf bei den bösen deutschen Konzernen, die in Brasilien die armen eingeborenen Sklaven (die Sklaverei wurde übrigens hier vor mehr als 100 Jahren abgeschafft) ausbeuten, weil sie in Brasilien über 100 % Lohnnebenkosten zahlen müssen. Wer hier wen ausbeutet, ist noch die Frage. Wörtliche Antwort eines betriebsbedingt entlassenen und gegen seinen ehemaligen ausländischen Arbeitgeber auf Überstundenzahlung klagenden Brasilianers auf die Frage, warum er denn klage, er hätte doch alle zustehenden Zahlungen erhalten: "Bei diesen (ausländischen) Blödmännern holt man doch immer noch etwas heraus". Auch dies belegbar durch Zeugenaussagen von Brasilianern.

Zur Abrundung noch drei Hinweise. Als ich gerade in Deutschland war, besuchte ich u.a. eine Schmiede, in der Pressen auf Dauerbetrieb eingestellt waren mit manueller Beschickung und Entnahme. Das findet man in deutschen Betrieben in Brasilien wohl kaum. Und wohin der Einfluß der Gewerkschaft führen kann, wenn er fehlgeleitet ist, zeigen zwei weitere Beispiele aus Deutschland. Ein Mitarbeiter, der einen Türschließer auf einer Baustelle montieren sollte, beantragte eine (von einem in der realen Welt lebendem Richter abgelehnte) einstweilige Verfügung gegen seinen Chef, damit er nicht zu Außeneinsätzen gezwungen werden könne. Und in einer anderen Firma kündigte ein vom Arbeitsamt geschickter neuer Mitarbeiter nach einer Woche, weil er grundsätzlich keine Überstunden mache und ihm der Arbeitsweg zu lang sei - 8 km! Meine Bitte an die (über-)eifrigen IG - Metaller: Geben Sie Ihre guten Gehälter gerne an der Copacabana im Urlaub aus, aber halten Sie sich zurück, was die brasilianische Arbeitswelt angeht. Aus gutem Grund mischen sich die Regierenden dieser Welt, wenn sie richtig beraten sind, nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Und die IG Metall regiert doch noch nicht einmal, oder?

Ein Lichtblick für die Automobilindustrie, Ford hat per November im neuem Werk in Camaçarí in Bahia bereits 131.000 Fahrzeuge der Typen EcoSport und Fiesta montiert und damit die Planung für das ganze Jahr 2003, die 130.000 Einheiten vorsieht, schon übertroffen. 1.832 Mitarbeiter werden dort von Ford direkt beschäftigt, dazu kommen 3.691 Mitarbeiter der Zulieferindustrie. Diese umfaßt 27 Firmen, von denen 12 direkt an der Montagelinie arbeiten. Die für 2005 geplante tägliche Auslastung mit 850 Fahrzeugen wird heute mit 730 fast schon erreicht und man geht davon aus, daß in 2004 eine dritte Schicht eingeführt werden muß. 35 % der dieses Jahr gefertigten Fahrzeuge wurden nach Mexiko, Argentinien und Venezuela exportiert. Der Absatz von Ford Brasilien wuchs per November gegenüber dem gleichem Vorjahreszeitraum 13 %, bei einem Rückgang von 7 % des Gesamtautomobilmarktes. VW war wohl nicht ganz so glücklich, auf Platz 3 hinter GM und Fiat gelandet, wird der Firmenchef nach kurzer Amtszeit von ca. einem Jahr in Brasilien ab 1.1.2004 durch seinen südafrikanischen Kollegen ersetzt. Sein Vorgänger, der frühere Audichef in Deutschland, wurde mittlerweile zum Chef des Fiat - Konzerns in Turin berufen.

In Brasilien fahren bereits 600.000 Fahrzeuge mit Naturgas und bis 2008 soll diese Zahl auf 1,5 Millionen steigen, eine gute Chance für Umrüster. Dieser Sektor wächst seit 1998 um 40 % im Jahr! Am Treibstoffumsatz hat Naturgas heute einen Anteil von 5,4 %, der dann auf 15 % klettern wird. Leider kostet eine die Verteilung des Gases sehr viel Geld, eine einzige Pumpe für Naturgas kostet 1 Mio. R$, viel Geld für eine Tankstelle. Und der Gewinn der Gaslieferanten (Ceg in Rio, Comgás in São Paulo) ist im Haushaltsbereich sechsmal höher als im Tankstellenbereich. Dazu kommt, daß die gasbetriebenen Fahrzeuge mehr umweltbelastend als die sind, die das in Brasilien normale Benzin - Alkohol - Gemisch verwenden, weil die Industrie keine gasbetriebenen und dafür speziell ausgelegte Fahrzeuge anbietet.

Im Elektrosektor tut sich auch eine Menge. Wichtige Nachricht - die "Notfall-" Thermokraftwerke sollen regierungsseitig aus Kostengründen durch Wasserkraftwerke ersetzt werden. Die Regierung formulierte auch schon die Schwerpunkte für ihre "Industriepolitik" der nächsten Jahre, nämlich Halbleiter, Software, Pharmaerzeugnisse und Kapitalgüter. Wobei durchaus nicht nur böse Zungen sagen, die beste Industriepolitik ist, wenn die Regierung sich aus ihr heraushält. Die geplanten Stimulanzien werden nur temporär gewährt und sind an Auflagen wie Exportquoten, neue Arbeitsplätze und Regionalentwicklung gebunden.

Der Softwaresektor hat ehrgeizige Pläne. Fünfzehn wichtige brasilianische Softwarefirmen (E-Safetransfer, Apyon, Cimcorp, CPM, Disoft, Extol, Impactools, IT-Soluções, Linkware, Open Concept, Paradigma, Politec, Software Design, Stefanini und W3Pro) werden für 10 Mio. US$ ein gemeinsames Unternehmen in den USA gründen, um den dortigen Finanzsektor zu bedienen. Der Umsatz der neuen Firma, die noch keinen Namen hat, soll 2008 immerhin 200 Mio. US$ betragen, viermal mehr, als der Sektor 2001 exportiert hat. Die fünfzehn Gesellschafter beschäftigen heute in Brasilien 11.000 Mitarbeiter und machten 1,19 Mrd. R$ Umsatz in 2002. Da ist es eigentlich unverständlich, daß die Regierung nach wie vor exorbitante Importzölle erhebt, wenn man einen Laptop importiert. Ich zahlte vor kurzem 2.500 R$ Zoll nach Abzug des Freibetrages von 500 US$ vom Kaufpreis eines Laptops. So fördert man sicher nicht die Produktivität des Sektors.

Veracel baut seit August eine Zellulosefabrik in Südbahia und ist damit für die größte Privatinvestition in der bisherigen Amtszeit von Präsident Lula verantwortlich. Um künftig mit 10.000 direkten und indirekten Mitarbeitern jährlich 900.000 Tonnen Zellulose zu produzieren, werden 1,25 Mrd. US$ ausgegeben. Damit ist diese Fabrik die größte der Welt ihrer Art mit einer Produktionslinie. Ab 2010 sollen zwei weitere Fabriken dazukommen. Diese beiden Fabriken werden die Kapazität des 50/50 - Joint Ventures zwischen der brasilianischen Aracruz Celulose und der finnischen Stora Enso verdreifachen. Heute pflanzt die Firma Eukalyptusbäume auf 65.000 Hektar an, wird aber zukünftig neue Flächen hinzukaufen müssen. Aracruz ist die größte brasilianische Firma des Sektors und produziert heute 2,4 Mio. Tonnen Zellulose jährlich. Mit der neuen Fabrik werden es 3,1 sein, für die bereits 300 Mio. US$ für Erdarbeiten, Infrastrukturmaßnahmen und Aufforstung ausgegeben wurden.

Bahia ist offensichtlich ein attraktiver Standort, bis 2007 sollen 6 Mrd. US$ in diesem Bundesstaat für neue Fabriken investiert werden, in diesem Jahr allein 2,2. Laut Paulo Souto, dem Ministerpräsidenten, gibt es 84 unterschriebene Protokolle über Investitionsvorhaben. Dazu gehört eine Zylinderfabrik von Faber - Papais, die Ende 2004 fertig sein wird und eine Poliesterfertigung von Ledervin für 110 Mio. US$.

Daß der Weg zum Erfolg steinig sein kann, zeigt das Beispiel von NEC, dem Hardwarehersteller für Telekommunikationsnetze. Nach 35 (!) Jahren in Brasil registrierte die Firma erstmalig einen positiven Cash Flow. Das nächste Firmenziel ist die Umwandlung der Firma in einen Lieferanten von kundenorientierten Lösungen durch die Aufnahme von Integration von IP - Netzen und Fremdvergabe von Netzen ins Portfolio.

Auch Volkswirtschaften müssen dornenvolle Wege gehen, die brasilianische wird diese Jahr vielleicht schrumpfen, denn von August bis September betrug das BIP - Wachstum nur 0,4 %, ein Rückgang von 1,5 %. Dazu trug ein überraschender Rückschlag im Agrarsektor bei, der 6,7 % gegenüber der Vorjahresperiode August bis September schrumpfte. Außerdem geht es dem Bausektor sehr schlecht. Aber die Bundessparkasse kündigte bereits für das nächste Jahr Investitionen für 5,3 Mrd. R$ im Wohnungsbau und 1,4 Mrd. R$ für Sanierungsmaßnahmen an. Wenigstens wuchs der industrielle Sektor nach sechs Monaten kontinuierlichem Rückgang gegenüber dem zweiten Vierteljahr 2003 um 2,7 %.

In Deutschland wird viel über die Steuerreform diskutiert, in Brasilien auch. Wir haben bei der Einkommensteuer schon realisiert, was die CDU/CSU sich vorstellt, nämlich drei Steuersätze, der höchste von 27,5 % wurde gerade um zwei Jahre verlängert, eigentlich sollte er wieder auf die alten 25 % zurückgenommen werden, aber leider sind wir nicht in Kalifornien und haben keinen Arnold Schwarzenegger, der Erhöhungen seines Vorgängers zurücknimmt. Im Gegenteil, der Kaskadeneffekt bei der Cofins (Beitrag zur Finanzierung der Sozialversicherung) wurde zwar beseitigt, aber der Betrag von 3,5 % des Umsatzes auf 7,6 % heraufgesetzt. Das gibt 10 Mrd. R$ jährlich mehr für die Kasse der Regierung. Ursprünglich betrug der Wert bei der Einführung dieser Steuer 0,5 % und war für den Gesundheitssektor gedacht.

Der Handelsbilanzüberschuß wird dieses Jahr wahrscheinlich bei 22 Mrd. US$ liegen und für 2006 liegt das Exportziel bei 100 Mrd. US$. Die Prognose für 2004 liegt bei 80 Mrd. US$. Verwunderlich, daß trotzdem meine deutschen Kunden fast immer nur exportieren. aber nicht in Brasilien einkaufen wollen. Per Oktober 2003 exportierte Brasilien Waren im Wert von 60 Mrd. US$, davon gingen 15 Mrd. US$ in die EU, 14 in die USA und 10 in die Aladi - Staaten. Die Automobilhersteller exportierten per Oktober 30 % ihrer Produktion, die 1,502 Mio. Fahrzeuge betrug. Das sind 3,8 % weniger als im gleichem Vorjahreszeitraum. Verkauft wurden 1,154 Mio. Fahrzeuge, hier betrug der Rückgang sogar 8,1 %. Die zehn wichtigsten Exporteure sind Petrobrás, Bunge Alimentos, Vale do Rio Doce, Embraer, VWB, Cargill Agrícola, GM, Cia. Siderúrgica de Tubarão, Aracruz Celulose und ADM.

Korruption wird zwar öffentlich angeprangert (was früher nicht oder nur wenig der Fall war), ist aber immer noch weitverbreitet. So wurden in einem armen Bundesstaat im Norden Brasiliens 5.000 Scheinarbeitnehmer des öffentlichen Dienstes geschaffen und so ca. 300 Mio. R$ "umgeleitet". Übrigens unter einem Ministerpräsidentem, der der regierenden Arbeiterpartei angehört. Und zur Zeit macht der offensichtlich sehr lukrative Verkauf von Gerichtsurteilen Schlagzeilen. Dabei ist Rechtssicherheit eine Grundvoraussetzung für Geschäfte. Und seien Sie vorsichtig mit dem Versand von Prospekten, ein Kunde von mir hielt neulich einen Vortrag bei der Editora Abril und schickte Prospekte vorab, um sie nicht im Flugzeug als Gepäck mitzuschleppen. Der Zoll hielt diese für so wertvoll, daß er einige tausend US$ Importgebühren dafür verlangte. Bei Mustersendungen verhält es sich oft ähnlich. Andere Sendungen gleicher Art kommen aber auch ohne Probleme und ohne Gebühren an.

16 brasilianische Milliardäre


Unter den 793 Milliardären der neuesten Forbes - Liste befinden sich 33 Lateinamerikaner, von diesen kommen 16 aus Brasilien. 2005 gab es übrigens nur 8 brasilianische Milliardäre, da kann man unseren sozialistischen Präsidenten nur beglückwünschen, daß er das Geldverdienen im schönen Brasilien so einfach gemacht hat. Bemerkenswert, die erst vor einigen Jahren gegründete GOL - Flugesellschaft hat ihre jungen brasilianischen Eigentümer zu Milliardären gemacht. Bemerkenswert deshalb, weil die früher unangefochten auf Platz 1 befindliche VARIG den Binnenverkehr praktisch bis auf wichtige Anschlußflüge für die internationalen Verbindungen und die lukrative Luftbrücke zwischen Rio und São Paulo aufgegeben hat und hochverschuldet auf Platz 3 nach TAM und GOL ums Überleben kämpft. Der Unterschied zu den beiden anderen Gesellschaften ist, daß die die VARIG faktisch eine Genossenschaft ist, wo jeder das Sagen haben will, aber nötige harte Einschnitte nicht gewagt werden, wie in unserer brasilianischen Regierung. Aber zurück zu den guten Nachrichten, hier ist die Liste der lateinamerikanischen Milliardäre:

Marsmission

Die NASA freut sich über das erfolgreiche Einschwenken des Reconnaissance-Orbiters in eine Umlaufbahn um den Mars. Und ich auch, denn seit ich als 15jähriger in der Wilhelm Förster - Sternwarte in Berlin als Führer gearbeitet habe und von Rias Berlin zum Sputnik interviewt wurde, interessiere ich mich für Astronomie und Raumfahrt und lese begeistert Science Fiction. Deshalb las ich auch interessiert von der Renaissancesonde in der brasilianischen Presse und wunderte mich nur. Das Wundern schlug jetzt in Erstaunen um, als ich heute die FAZ las und diese Zeilen meine Aufmerksamkeit erregten:



Das ist eigentlich eine sehr kostengünstige Mission, hätte dies nicht einer Zeitung vom Range der FAZ auffallen sollen?

08 März 2006

Importzoll für 18 Produkte auf Null zurückgesetzt

Gute Nachrichten für die deutsche Exportwirtschaft, der Zoll für 18 Produkte aus den Bereichen Bau, Landwirtschaft, Energie und Textil wurden auf Null zurückgesetzt. Damit will die brasilianische Regierung die Inflation auf dem jetzigen niedrigem Niveau (Februar 2006 Deflation!) halten und einer weiteren Aufwertung des Real entgegenwirken.

Aber die Chinesen werden sich ärgern, der von ihnen nach Brasilien exportierte frische Knoblauch muß anstelle 14 künftig 35 % Zoll zahlen! Hoffentlich können die Chinesen das verkraften!

Die Liste der Produkte mit kompletter Einfuhrzollbefreiung darf maximal 100 Erzeugnisse aufführen und bei jeder Änderung durch die brasilianische Außenhandelskammer CAMEX dürfen nur 20 Positionen geändert werden.

Diesmal wurden vom Zoll befreit Alkohol (war mit 20 % Zoll belegt), Portlandzement (war 4 %), Stahl für die Bauindustrie (war 12 %), gasbetriebene mobile Generatoren (war 18 %), Acrilonitrila für Kunstfaserherstellung (war 12 %) sowie Stahlwolle (war 18 %), z.B. für Topfkratzer, die Hausfrauen werden jubeln. Mit dieser Maßnahme verzichtet die Regierung auf Einnahmen in Höhe von 42 Mio. US$ im Jahr.

Die Regierung muß produktive Investitionen von der hohen Steuerlast befreien, denn 2006 ist ja Wahljahr, also wird u.a. über die Befreiung der LKW - Käufe von der Industrialisierungssteuer nachgedacht. Sollte diese Idee ebenso wie die Zollaussetzung umgesetzt werden, informiere ich Sie rechtzeitig.

Die Wirtschaft des Bundesstaates São Paulo wächst wieder

Das Aktivitätsniveau nahm saisonbereinigt im Januar gegenüber Dezember 2005 um 1,5 % und gegenüber dem Januar 2005 sogar um 7,4 % zu. Im Januar 2005 gegenüber dem Dezember 2004 war noch ein Rückgang von 7 % zu verzeichnen.

Der größte Zuwachs vom Januar 2006 gegenüber dem Dezember 2005 war bei folgenden Branchen zu beobachten:
6,2 % Maschinen, Apparate und Elektromaterial
5,6 % Druckerzeugnisse
5,2 % Büromaschinen, Informatikprodukte
4,8 % Möbel
4,7 % Elektronikmaterial und Kommunikationseinrichtungen
4,3 % Nahrungsmittel und Getränke
4,3 % Alkohol, Kokserzeugung, Aufbereitung von Kernbrennstoffen
2,6 % Chemische Produkte

Der Einzelhandel von Groß - São Paulo teilte ein Umsatzwachstum von 4,9 % im Januar 2006 gegenüber dem Januar 2005 mit.

Insgesamt rechnet rechnet man für ganz Brasilien, daß durch die diesjährigen Wahlen, die Fußballweltmeisterschaft und die Erhöhung des Minimumlohnes der Wirtschaft zusätzliche 30 Mrd. R$ zuwachsen werden.

Die Stadt São Paulo in Zahlen

Omnibustransport per März 2006:
• 8.417 Omnibusse
• 6.507 Kleinbusse
• 8 Omnibusgesellschaften mit 39.000 Mitarbeitern
• 5,5 Mio. Passagiere pro Tag

07 März 2006

Wo sitzen die Leser von BRASILIEN AKTUELL?

Ich bin naturgemäß neugierig, denn wer schreibt, verwendet Zeit und Mühe darauf (auch wenn es Spaß macht) und möchte gerne wissen, ob sich das auch lohnt. Hier sehen Sie die Orte, in denen in der letzten Woche jemand BRASILIEN AKTUELL besucht und laut Verweildauer von durchschnittlich fast drei Minuten auch gelesen hat. Das soll mir Ansporn genug sein, weiterzumachen.





Und Ihnen, lieber Leser, danke ich für das zum Teil langjährige Interesse!

06 März 2006

Starker Real läßt Multis mit Investitionen in Brasilien zurückhaltend sein

Investitionen und Finanzanlagen werden - zumindestens von Journalisten in Brasilien - oft synonym benutzt. Wenn ich von Investitionen schreibe, meine ich aber immer und ausschließlich Investitionen in Maschinen, Anlagen, Software, Logistiknetzwerke u.ä. und denke dabei nie an Finanzanlagen. Wenn ich diese meine, sage ich es auch expressis verbis.

Wie ist jetzt die aktuelle Lage Brasiliens bezüglich der industriellen Investitionen? Aufgrund des starken Reals kann generell gesagt werden, daß Investitionen in Exportaktivitäten zurückgestellt oder sogar ganz gestrichen wurden. Der Dollar verlor 2005 fast 17 % seines Wertes und 2006 per Februar schon mehr als 9 %.

Deshalb hat Saint-Gobain (Baumaterialien, Umsatz 5,2 Mrd.R$ in Brasilien) angekündigt, eine 20 Mio. US$ - Investition, deren Zweck nicht genannt wurde, erst zu tätigen, wenn der Wechselkurs wieder bei mindestens 2,60 R$ = 1 US$ liegt. Der Export werde zur Zeit nicht forciert.

Rhodia (Spezialchemie) hat letztes Jahr den Export seiner brasilianischen Niederlassung um 45 % auf 233 Mio. US$ bei einem Gesamtumsatz von 935 Mio. US$ gesteigert. 2006 nimmt der Export nicht mehr diesen Stellenwert ein und die Erhöhung der Fenolproduktionskapazität von 180.000 auf 230.000 Tonnen wurde in die Zukunft geschoben.

Bunge (Soja) analysiert, ob man neun Fabriken in Brasilien schließen sollte und stellte in sieben von neunundvierzig Düngemittelfabriken und in zwei von zwölf Sojabohnenverarbeitungsfabriken die Produktion ein. Gleichzeitig wurde eine Sojabohnenverarbeitungsanlage in Argentinien für 19.000 Tonnen / Tag aus Steuer- und Wettbewerbsfähigkeitsgründen installiert. Die für die nächsten vier Jahre geplante Investitionssumme von 1,3 Mrd. US$ wurde um 70 % gekürzt. Unbetroffen sind nur die Investitionen in die Logistikstruktur der Firma. 2005 hatte Bunge für 2,2 Mrd. US$ exportiert. Der Bungekonkurrent Archer Daniels Midland hat die Verarbeitungskapazität für Sojabohnen aus denselben Gründen wie Bunge um 30 % reduziert, Brasilien als Weltcommodityexporteur hat offensichtlich noch einen weiten Weg vor sich!

Raubbau in der brasilianischen Holzwirtschaft erstmalig wirksam bekämpft

2002 wurden in Brasilien noch 500.000 Hektar Wald abgeholzt und nur 320.000 Hektar neu gepflanzt. 2005 betrug die wiederaufgeforstete Fläche schon 553.000 Hektar und soll 2006 auf 600.000 Hektar erhöht werden. Damit ist nach 15 Jahren wieder ein Gleichgewicht erreicht, aus dem in Kürze sogar ein Überschuß werden kann. Bei der Wiederaufforstung hat sich besonders Minas Gerais hervorgetan, der Bundesstaat, in dem ich vor ca. 15 Jahren die Mannesmann - Gruppe bei ihrer Holzkohleerzeugung aus angebautem Wald beraten habe. Diese Holzkohle wird bei der Verhüttung dem Koks vorgezogen, weil letzterer Schwefel enthält, der dem Eisen mit Kalk wieder entzogen werden muß. Auch die Bundeststaaten Bahia, Espírito Santo, Mato Grosso do Sul und Amapá haben 2005 einen signifikanten Beitrag bei der Wiederaufforstung geleistet, während Rio de Janeiro, Pará, Tocantins, Goiás, Piauí, Pernambuco und Mato Grosso die Wiederaufforstung sozusagen erst wieder „neu entdeckt“ haben.
Mannesmann hatte während meiner Beratungsprojekte mehr als 100.000 Hektar bewirtschaftet, ähnlich wie andere große Stahlerzeuger. Der wesentliche Unterschied zu damals ist, daß die Wiederaufforstung heute stark von kleinen und mittleren Forstbetrieben getragen wird, sie waren 2005 für 23 % der wiederaufgeforsteten Fläche verantwortlich, 2002 lag dieser Anteil nur bei 7 bis 10 %.
Ein Grund dafür ist der bessere Zugang zu Krediten, 2002 betrug die Gesamtkreditsumme für die Wiederaufforstung nur 10 Mio. R$ und nur 2 Mio. R$ waren für die kleinen und mittleren Betriebe bestimmt, 2005 lagen diese Werte schon bei 140 und 51 Mio. R$. Außerdem wurde 2003 ein breitangelegtes Ausbildungsprogramm für die Betreiber von Kleinbetrieben begonnen, welches schon 10.000 Forstbesitzer in 800 Gemeinden erreichte. Ein dritter Grund war die verbesserte Verteilung von Pflänzlingen zusammen mit technischer Hilfestellung.
Diese Zahlen nehmen nicht denen den Wind aus den Segeln, die vor dem Raubbau vor allem im Amazonasgebiet warnen, aber zumindestens besteht Hoffnung, daß die grüne Lunge der Welt erhalten bleibt. Deutsche Firmen versuchen durch modernste Technik bei der Holzverarbeitung die Ausbeute der Forstbetreiber zu maximieren. Darüber habe ich vor einigen Jahren einen Vortrag auf einem Tropenholzkongress in Belém an der Mündung des Amazonas in Zusammenarbeit mit der Firma Nienkemper, einem Hersteller von Blockbandsägen, gehalten. Wer sich dafür interessiert, kann ihn in der Revista da Madeira (Wood Magazine) nachlesen.

01 März 2006

Wettbewerbsfähigkeit und Vertrauen in die brasilianische Wirtschaftskraft

Das brasilianische Finanzministerium plant eine Reduzierung der Importzölle auf breiter Basis, um die Wettbewerbsfähigkeit besonders der von Monopolen beherrschten Sektoren ganz im Sinner der Evolutionstheorie zu verbessern. Darwin wäre dafür, aber leider gibt es auch Stimmen dagegen und dazu kommt noch die Schwierigkeit, eine Einigung unter den Mercosurmitgliedstaaten zun erreichen.

Standard & Poor’s hat das Rating für die brasilianischen Fremdwährungsschuldtitel von BB- auf BB heraufgestuft, während die kurzfristigen Titel in R$ und in Fremdwährung unverändert mit B beurteilt werden. Die Langfristtitel in R$ konnten sich von BB auf BB+ verbessern.

Der Zustand der brasilianischen Volkswirtschaft verbessert sich kontinuierlich, was sich auch im starkem R$ widerspiegelt. Der Dollar wird von vielen Volkswirten schon bei oder sogar unter 2 R$ gesehen. Der Export beginnt darunter zu leiden, aber der heilsame Druck zur weiteren Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit wächst damit. Die Auswirkungen sind schwierig abzuschätzen, weil das Zurückstellen von Investitionen in Produktionskapazitäten für zu exportierende Produkte oder sogar der Abbau solcher Kapazitäten schnell gemacht ist, aber die Einleitung struktureller Veränderungen für die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit eher länger dauert.

Wie China als künftige Weltindustrieproduktfabrik und Indien als Weltsoftwarehaus gesehen wird, meint man, Brasilien werde der Weltcommodityfabrikant werden. Aber dies sind oberflächliche Betrachtungsweisen, denn von den 35 US$, die eine in China hergestellte Barbiepuppe kostet, bleiben z.B. nur 0,35 US$ in diesem Land. Und die indischen Programmierer sind für viele ihrer ausländischen Auftraggeber schon zu teuer.

Also besser keine Langfristprognosen machen, die stimmen in den wenigstens Fällen. Aber kurzfristig führt der starke R$ im Augenblick dazu, daß gerade Multis weniger in Produktionskapazitäten in Brasilien investieren. Dazu werde ich in Kürze mit Details mehr schreiben.