27 Mai 2011

Wirtschaftsboom am Zuckerhut

Ich freue mich immer, wenn ich Anfragen zu meinem Buch erhalte und nach Bezugsquellen in Brasilien gefragt werde. Gerade habe ich eine solche beantwortet und bin dabei auf einen horrenden Preisunterschied gestoßen:


Schade, dass Brasilien so teuer ist - bei Autos habe ich dies beim Besuch des Meilenwerks in Stuttgart auch gerade feststellen müssen, ein erstklassiger Oldtimer kostet manchmal so viel wie in Brasilien ein SUV, aber träumen darf man ja:



Diese Preisunterschiede sind natürlich nicht nur ein Hinweis auf die hohen Steuern in Brasilien, sondern auch auf die gegenüber dem € überbewertete Landeswährung:

14 Mai 2011

Auf und ab, aber keine eindeutige Tendenz

So kann man den Wechselkurs R$ - € zur Zeit beschreiben:

Muss sich Microsoft warm anziehen?

Das sind die Anteile der Browser, mit denen BRASILIEN AKTUELL aufgerufen wird:

Demnach hat Internet Explorer nur einen Anteil von 29 %, also wesentlich weniger als Firefox, der auf 41 % kommt. Google ist mit 8 % auf dem Vormarsch und selbst Apple hat mit Safari schon 22 %, ist also Microsoft auf den Fersen.

Gesundheit

ist teuer und der Regierung in Brasilien wohl zu teuer. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie weniger dafür ausgibt, als afrikanische Länder - im Durchschnitt 9,6 % vom Staatshaushalt, die sich nicht eben durch Wohlstand auszeichnen. In Brasilien sind es nur 6 %.

Das ist der Anteil am Gesamthaushalt, den einige Länder für das Gesundheitswesen bereitstellen:
  • 18, 7 % USA
  • 17,9 % Japan
  • 15,6 % Chile
  • 15,1 % England
  • 15,0 % Mexiko
  • 13,7 % Argentinien
  • 10,3 % China
  • 9,2 % Russland
  • 6,4 % Nigeria
  • 6,0 % Brasilien
  • 5,9 % Ägypten
Auf das Bruttoinlandsprodukt bezogen, sieht es besser aus für Brasilien:
  • 15,2 % USA
  • 8,7 % England
  • 8,4 % Brasilien
  • 8,3 % Japan
  • 7,5 % Chile
  • 7,4 % Argentinien
  • 5,9 % Mexiko
  • 5,2 % Nigeria
  • 4,8 % Russland
  • 4,8 % Ägypten
  • 4,3 % China
In US-Dollar pro Einwohner nehmen wir eine mittlere Position ein:
  • 7.164 USA
  • 3.222 England
  • 2.817 Japan
  • 1.088 Chile
  • 1.062 Argentinien
  • 985 Russland
  • 875 Brasilien
  • 837 Mexiko
  • 265 China
  • 261 Ägypten
  • 113 Nigeria
Und was zahlt die Bevölkerung in % der Gesundheitskosten?
  • 63,3 % Nigeria
  • 57,8 % Ägypten
  • 56,0 % Brasilien
  • 56,0 % Chile
  • 53,1 % Mexiko
  • 52,7 % China
  • 52,2 % USA
  • 42,7 % Argentinien
  • 35,7 % Russland
  • 18,0 % Japan
  • 17,4 % England
Alle Zahlen sind von 2008 und stammen aus dem neuesten Bericht der WHO.

Wettbewerbsfähigkeit

heisst, weniger Steuern zu zahlen und mehr zu produzieren, zu verkaufen und für die Regierung anschliessend mehr Steuern einzunehmen. Das neueste Beispiel, dass dies funktioniert, lieferte Brasilien jetzt. Man ist nämlich sehr daran interessiert, dass Apple-Computer in Brasilien montiert werden, nur hat sich Steve Jobs bisher geweigert, denn Brasilien war als Produktionsstandort einfach zu teuer. Aber jetzt wird das iPad doch hier gebaut, denn sie werden künftig 30 % billiger als bisher sein können durch nationale Fertigung. Das ist keinem Wunder zu verdanken, sondern einer Initiative unserer brasilianischen Regierung. Die sorgte nämlich durch eine Steuersenkung für Wettbewerbsfähigkeit. Anstelle 15 % fallen künftig nur noch 3 % IPI (Industrialisierungsteuer) an und (in São Paulo, weil es sich um eine Landessteuer handelt) nicht mehr 18 % ICMS (Warenumlaufsteuer), sondern nur noch 7 %. Es geht also, wenn man will. Was, nebenbei bemerkt, zeigt, wie unsinnig das frühere Informatikgesetz war, welches es ausländischen Unternehmen verbot, sich in Brasilien mit Digitaltechnik zu befassen. Man hoffte dadurch, diese zwingen zu können, ihre Technologie an brasilianische Unternehmen zu übergeben. Was natürlich nicht geschah. Durch den Wegfall dieses Gesetzes kann jetzt die chinesische Foxconn das iPad in Brasilien ab Juli in Jundiaí montieren. Ob aber deshalb Foxconn tatsächlich, wie durch unsere Präsidentin angekündigt, 100.000 Arbeitsplätze schaffen und 12 Mrd. US$ in Brasilien investieren wird, ist mehr als fraglich und zeigt nur, dass auch Regierungen nicht immer den Sachverstand haben, den man sich für wirtschaftliche Entscheidungen wünscht.

09 Mai 2011

Parkplätze

sind eine Mangelware. Mein Zahnarzt hat Platz für 5 Autos vor seinem Haus, aber nur, wenn diese sich gegenseitig behindern. Deshalb hat er einen Parkplatzwächter, der die Fahrzeuge auch parkt und manövriert und dafür zahlt der Patient 5 R$, unabhängig von der Parkzeit.

Heute war ich bei A..., einer grossen US-amerikanischen Kosmetikfirma. Die hat viel mehr Parkplätze als mein Zahnarzt, auf dem Grundstück könnte man hunderte von Autos parken. Der Besucher braucht das nicht selbst zu tun, er "lässt" parken, läuft dann ca. 300 m zum internen Empfang, auch bei Regen, nachdem er sich natürlich vorher "draussen" angemeldet hatte, macht sein Geschäft - schlecht ausgedrückt, geht seinen Geschäften nach, ist vielleicht besser - und geht zum Parkplatz auf dem Werksgelände von A... zurück und ... ja, was haben Sie gedacht. Er zahlt natürlich die Parkgebühr!!! Ich war weniger als eine Stunde beim Logistikdirektor der Firma und brauchte nur 5 R$ zu zahlen.

Ob ich wohl, wenn mich jemand von dieser Firma besuchen sollte, für die Benutzung meines Parkplatzes vor meinem Büro 10 R$ verlangen kann? Immerhin kann man von diesem Parkplatz aus einen Stausee betrachten! Ich würde auch meine Sekretärin bitten, den Wagen zu parken.

Wer brüskiert / düpiert jetzt wen?

Die Presse oder das Bundespresseamt spricht mit zwei Zungen:
Ob die Herren sich wohl einigen könne, ob unser Präsident bzw. seine Zuarbeiter von ThyssenKrupp rechtzeitig vor dem Besuch wussten, dass die einladende Firma umstrukturieren wird und es nicht um Entlassungen geht, oder nicht? Hat sie es, Probleme fürchtend, verschwiegen? Oder haben die Zuarbeiter zu spät oder falsch informiert, vielleicht sogar auf Grund von unzutreffenden Pressemeldungen über Massenentlassungen, die nicht nachgeprüft wurden?

Manchmal lohnt es sich schon, vor drastischen und öffentlichkeitswirksamen Massnahmen nachzufragen, ob der Sachverhalt, den man für eine Entscheidung zugrundelegt, tatsächlich so besteht, wie man ihn übermittel bekam. Das ist hier wohl versäumt worden.

08 Mai 2011

Pressestimmen zu Brasilien und dem Besuch des deutschen Bundespräsidenten

Klöckner & Co kauft Mehrheit an Metalldistributor in Brasilien

Wulff will strategische Partnerschaft mit Brasilien stärken

Wulff kehrt nach Deutschland zurück

Brasilien: Neun WM-Flughäfen werden nicht fertig

Bundespräsident Wulff trifft UAMR-Delegation in Brasilien

Thyssen-Krupp: Kopfschütteln bei Thyssen-Krupp über Wulffs Absage

Wulff legt deutscher Wirtschaft Brasilien ans Herz

Thyssen-Chef brüskiert Wulff

Absage in Rio: Wulff düpiert ThyssenKrupp

ThyssenKrupp will noch mehr Geld nach Brasilien schießen

Fiat bleibt Marktführer in Brasilien

It's a long way to Tipperary (Blogbesuch aus dem 16.515 km entfernten Indonesien)

Brasilien ist der weltgrösste Ethanolhersteller!

Richtig? Falsch! Die USA sind es seit 2006 und verhindern über hohe Schutzzölle das Eindringen Brasiliens mit Ethanol aus südlichen Gefilden in ihr Land und fördern grosszügig die heimischen Produzenten. Dabei ist dies augenblicklich überflüssig wie ein Kropf, denn Brasilien kauft im grossen Stil Ethanol in den USA und importierte letztes Jahr 70 Mio. Liter Alkohol als Kraftstoff, noch 2009 waren es nur eine Million gewesen. Aber die brasilianische Produktion kann den heimischen Bedarf nicht mehr befriedigen, während die USA eine Produktionskapazität von 10,6 Mrd. Gallonen jährlich in 200 "Destillen" aufgebaut haben. In Brasilien macht sich jetzt bemerkbar, dass die Autoflotte grösser wird und fast alle Neuwagen aus brasilianischer Produktion Flexmotoren haben, die sowohl Benzin als auch Alkohol - und dies in beliebiger Mischung - verarbeiten können. (Nebenbei gesagt, eine schöne Gelegenheit, weiter über E10 zu polemisieren, aber ich werde sie diesmal nicht nutzen.) Dazu kommt die niedrige Investition in neue Alkoholproduktionsanlagen, weil die brasilianische Regierung Druck auf die Eigentümer ausübt, die Ethanolpreise zu senken - erfolglos übrigens, wie so viele Interventionen in den Privatwirtschaftsbereich. Siehe auch die Absage des Präsidentenbesuches bei ThyssenKrupp in Rio, dadurch wird sich der Konzern sicher nicht von seinen bitter nötigen Restrukturierungsmassnahmen abhalten lassen. Marktwirtschaft ist nach wie vor erfolgreicher als Planwirtschaft. Regierungen sollten sich um die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen kümmern. Wenn diese i.O. sind, kümmern sich die Unternehmen schon alleine um die betriebswirtschaftlichen Bedingungen.

07 Mai 2011

Googeln Sie mal!

Ich habe "Presidente da Alemanha no Brasil" eingegeben und mich über das Ergebnis nur wundern können. Denn da ich täglich mindestens zwei brasilianische Zeitungen lese und keinen Artikel über den Besuch unseres Bundespräsidenten finden konnte, wollte ich die Nagelprobe machen. Aber Google fängt mit einem Internetartikel an, der pro domo spricht, denn er wurde von unserer Botschaft veröffentlicht. Der zweite stammt vom Blogger Rodrigo Trespach und der dritte von der Internetzeitung O Dia Online. Im Site der wohl besten überregionalen Zeitung Brasiliens O Estado de São Paulo suchte ich dann einfach unter "Wulf" und erhielt 10 Hinweise, u.a. auf den berühmten Flugzeughersteller Focke-Wulf, aber kein einziger darunter bezog sich auf den Bundespräsidenten. Aber die Eingabe "presidente alemão" brachte das erhoffte Ergebnis:

Leider wurde aber an prominenter zweiter Steller nur darauf hingewiesen, dass unser Präsident nicht der Präsident aller Bürger ist, sondern nur derjenigen, die von der Umstrukturierung Thyssen-Krupps betroffen sind. Wenn die Firma 5 Mrd. € investiert (wenn auch nicht ganz freiwillig, denn die Kosten liefen aus dem Ruder), wird sie gelobt, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben will und Unternehmensteile im Zuge einer Strategieverfolgung veräussern will, wird sie durch Liebesentzug bestraft, d.h. der Politiker Wulf streicht seinen Besuch aus dem Programm und lässt den Staatsmann Wulf auf Tauchstation gehen.

Meine Mutter ist mir lieb...

... und teuer, würde der Brasilianer ergänzen, denn wenn es um kleine Aufmerksamkeiten zum Muttertag geht, muss er viel tiefer in die Tasche greifen als die Söhne und Töchter von Müttern in den USA, Mexiko, Argentinien und Chile. Für diese Länder gibt es einen Preisvergleich (alle Werte in US$ wegen der Vergleichbarkeit) von Alcides Leite, publiziert im "Radar Econômico". Der übrigens, wenn man Deutschland einschlösse, nicht anders aussähe.
Fangen wir mit einem Parfum an, ohne Schleichwerbung machen zu wollen, aber das Kind muss beim Namen genannt werden, also:

Dolce & Gabbana, Classic Eau de Toilette,3,3 Oz.
Brasilien: 123,72 US$
Chile 105,89 US$
Argentinien 91,52 US$
Mexiko 72,65 US$
USA 59,00 US$

iPad, Apple, 3G 64 GB
Brasilien 990,81 US$
Argentinien 943,63 US$
USA 802,00 US$
Mexiko 760,92 US$
Chile 637,53 US$

Mobiltelefon, Nokia N97 GSM, freigeschaltet
Mexiko 738,52 US$
Argentinien 634,65 US$
Brasilien 507,85 US$
Chile 495,38 US$
USA 357,97 US$

Hemd, weiblich, Regata Reebok
Brasilien 30,83 US$
Chile 25,00 US$
Argentinien 21,80 US$
Mexiko 20,00 US$
USA 18,00 US$

Elektrischer Depilator, Braun SE5180
Brasilien 239,62 US$
Mexiko 162,41 US$
Chile 121,36 US$
Argentinien 92,87 US$
USA 72,72 US$

Föhn Conair Infiniti Nano Silver
Brasilien 94,71 US$
Argentinien 48,76 US$
Chile 41,03 US$
USA 39,99 US$
Mexiko 35,19 US$

5 x Brasilien auf einem unrühmlichen 1. Platz! Wenn Sie sich über den hohen Preis für Parfum wundern, eine weitere Information. Um eine Luftfrachtsendung mit Kosmetika mit einem Rechnungswert von ca. 2.500 € = 5.750 R$ aus dem Zoll zu holen, müssen Sie in Brasilien ca. 30.000 R$ auf den Tisch des Hauses blättern, immerhin ca. 13.000 €, also das 2,3fache des Warenwertes. Und dann liegt die Ware vor der Türschwelle des Zolls im Flughafen und muss noch zum Händler gebracht werden, der am Verkauf -man stelle sich diese Unverfrorenheit vor - sogar verdienen will. Und auf den wegen seiner hohen Preise geschimpft wird.

Aber das gehört zum sozialistischen Verständnis unserer Regierungspartei. Hier wird nämlich gerade laut darüber nachgedacht, die Konzessionen, die für gebührenpflichtige Autobahnen vergeben wurden, zu verteuern, weil die Firmen daran zu viel verdienen würden. Nett, erst lässt man die Betreiber die unbefahrbaren BABs sanieren, weil man mit Geld nicht umgehen kann und das nötige Projektmanagementwissen für Bau- und andere Vorhaben nicht besitzt, und dann, wenn die Privatwirtschaft die Strassen befahrbar gemacht hat, wird man neidisch. Der Brasilianer sagt übrigens dazu "dor de cotovelo", also Ellbogenschmerz. Dieses Mädchen hat ihn:
 
Quelle

03 Mai 2011

Mindestgehalt

In Deutschland wird noch über Sinn und Unsinn des Mindestgehaltes debattiert, in Brasilien haben wir es seit Menschengedenken. 2012 soll es laut Schatzminister Guido Mantega um 13 oder 14 % angehoben werden. Er sieht keine Gefahr, dass die Inflation dadurch angeheizt wird.

So hat es sich entwickelt:

vigência = Gültigkeit, valor mensal = Monatswert, valor diário = Tageswert,  valor hora = Stundenwert

545 R$ sind mit dem Kurs 2,3562 R$ = 1 € von heute 231 € und künftig dann 264 €. Zum Leben auch in Brasilien zu wenig und zum Sterben zu viel. Eine Haushaltsangestellte bekommt in São Paulo in einer Mittelklassefamilie mindestens 800 bis 1.000 R$. Wenn man ihr ein Mindestgehalt anböte, würde sie lieber als Tagelöhnerin Putzen gehen und wesentlich mehr verdienen. Ein Fahrer verdient nicht unter 1.200 R$ im Monat, eine zweisprachige Sekretärin ist unter 4.000 R$ wahrscheinlich nicht zu haben und ein Verkaufsleiter verdient 10.000 R$ oder mehr, wenn er etwas taugt. Wenn er viel taugt, können es auch 30.000 R$ sein, also fast 13.000 €. Dabei fällt in's Gewicht, dass die Kosten für den Arbeitgeber ca. doppelt so hoch sind - das Billiglohnland Brasilien war einmal!