Woran liegt diese Flucht? Als ich in Südafrika wohnte, verließen gegen Ende der Apartheid viele Menschen das Land, was von denen, die blieben, verächtlich mit chicken run bezeichnete wurde. Handelt es sich in Brasilien auch um dieses Phänomen?
Meiner Meinung nach liegt ein anderer Grund vor. Es ist nicht die Angst vor der Veränderung, die die Firmen die Flucht ergreifen läßt, denn die aktuellen und künftigen Veränderungen in Politik und Wirtschaft Brasiliens können das Umfeld der Firmen nur verbessern. Wenn also nicht Unwissenheit über die Situation Brasiliens der Grund ist, was dann?
Vordergründig ist es der ausbleibende Umsatz, die brasilianischen Tochterfirmen kämpfen mit sinkendem Absatz, man muss sparen, Mitarbeiter werden entlassen, Reisen reduziert und was ist der Effekt? Weiter sinkender Absatz und Umsatz, weil weniger Kundenbesuche gemacht werden usw.
Aus meiner eigenen Vertriebstätigkeit kann ich dazu sagen, dass der eigentliche Grund ist, dass die Töchter ausländischer Firmen in Brasilien normalerweise das verkaufen, was sie von ihren Müttern importieren oder das, was sie nach Vorgabe dieser in Brasilien produzieren. Leider sind diese Produkte oft nicht die, die der brasilianische Kunde benötigt oder bezahlen kann. Oder ich erreiche meine Kunden nicht, weil ich sie nicht kenne oder nicht auf ihre Belange eingehe. Wobei unbedingt darauf geachtet werden muss, dass viele Kunden nur Portugiesisch sprechen und meine englischen oder spanischen Vertriebsunterlagen oder, noch schlimmer, Angebote schlichtweg nicht verstehen und daher nicht beachten.
Ehe man also aus Bequemlichkeit - in anderen Ländern verkaufe ich problemlos, warum soll ich mich mit Brasilien herumärgern? - das Land links liegen lässt, sollte man analysieren, warum man keinen Erfolg hat:
- Spreche ich die Sprache des Kunden?
- Sind alle meine Vertriebsunterlagen auf Portugiesisch?
- Sind meine Angebote auf Portugiesisch?
- Sind meine Produkte für den Kunden zu teuer?
- Sind meine Produkte mit Funktionen überladen, die der Kunde nicht benötigt oder nicht haben will?
- Produziert mein Produkt im Fall einer Werkzeugmaschine viel mehr, als es mein Kunde benötigt?
- Hat mein Produkt alle Funktionen, die der Kunde braucht oder haben will?
- Kann ich meinem Kunden Alternativen anbieten oder nur die Friss, Vogel oder stirb - Variante?
- Erreiche ich alle potentiellen Kunden?
- Kennen mich alle potentiellen Kunden?
- Stehe ich in einem konstanten Informationsaustausch mit den potentiellen Kunden?
- Habe ich genug Verkäufer im Einsatz?
- Berate ich den Kunden bei der Anwendung meiner Produkte?
- Kenne ich die Bedürfnisse meiner Kunden in Brasilien?
- Erarbeite ich mit meinem Kunden ein Pflichtenheft, wenn er eine Maschine oder Anlage kaufen will?
- Biete ich meinem Kunden eine Finanzierung in Festwährung mit Kurssicherung an?
- Fakturiere ich, wenn der Kunde importiert, in R$?
- Helfe ich bei der Importprozedur?
- Kann ich schnell genug und in ausreichender Menge und Qualität liefern?
Diese Liste lässt sich fortsetzen, aber ich glaube, sie zeigt schon, worum es geht. Und denken Sie bitte auch daran, dass die brasilianische Industrie geschwächt ist, zu wenig investiert hat, durch ausländische Lieferanten ersetzt wurde, also auf Importe angewiesen ist! Und wenn Sie in Brasilien im Lande hergestellte bezahlbare Qualitätsprodukte mit einer Technologie, die einen Wettbewerbsvorteil für Ihren Kunden bedeutet, anbieten, umso besser! Überlassen Sie diesen Markt nicht den Billiganbietern aus Fernost! Diese liefern heute oft schlechte Qualität und halten keine Termine und bieten keine technische Unterstützung, werden aber aus Preisgründen trotzdem mit Aufträgen bedacht. Dagegen kann man argumentieren!
Brasilien ist das fünftgrößte Land der Erde mit über 200 Millionen Einwohnern. Warum wollen Sie auf diesen Markt verzichten und ihn kampflos Ihren Konkurrenten überlassen? Ich komme zurück auf meine ersten Zeilen, die Firma Traub musste in Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen schließen, aber ihre ehemalige Tochter, die Index nicht haben wollte, wurde vom Management übernommen und ist weiterhin in Brasilien als Anbieter von Drehautomaten sehr erfolgreich.
Brasilien ist das fünftgrößte Land der Erde mit über 200 Millionen Einwohnern. Warum wollen Sie auf diesen Markt verzichten und ihn kampflos Ihren Konkurrenten überlassen? Ich komme zurück auf meine ersten Zeilen, die Firma Traub musste in Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen schließen, aber ihre ehemalige Tochter, die Index nicht haben wollte, wurde vom Management übernommen und ist weiterhin in Brasilien als Anbieter von Drehautomaten sehr erfolgreich.
Wer wissen möchte, wo eine Tropikalisierung erfolgreich umgesetzt wurde, sollte diesen Artikel lesen: Deutsche Umwelttechnologie „tropikalisiert“ Und wer dann anschließend Pomerode besucht, sollte unbedingt das Restaurant im Parque Malvee besuchen und gefüllte Wildente mit Klößen und Rotkohl essen und dazu ein Eisenbahnbier trinken! Leider ist es abends geschlossen, aber ein Mittagessen, bei gutem Wetter auf der Terrasse, kann man hier in aller Ruhe genießen. Und anschließend sollte man unbedingt eine Ruhepause vorsehen, das Essen ist gut und reichhaltig (Selbstbedienung!) und das Bier süffig.
Natürlich ist die gute Wildente keine Antwort auf die Frage, warum sich die große Mehrzahl der in Brasilien etablierten ausländischen Firmen nicht aus dem Land zurückziehen und warum immer noch neue Firmen in's Land drängen. Eine Antwort wurde weiter oben gegeben; das Land ist so groß, dass der immense Binnenmarkt genug Anziehungskraft ausübt, um jegliches Produkt in Brasilien zu verkaufen. Zum Beispiel ist Brasiliens nach den USA der zweitgrößte Weltmarkt für Haustierprodukte. Und wo bleibt Fressnapf??? Weiß man dort nichts von Brasilien oder hat man so viele bessere Märkte, dass man auf Brasilien verzichten kann, will oder muss?
Link zum Thema "Probleme in Brasilien": http://derstandard.at/2000042977322/Warum-Brasilien-oekonomisch-scheitert
Link zum Thema "Erfolg in Brasilien": http://www.gruposantacatarina.com/de/warum-brasilien/
Link zum Thema "Haustiermarkt Brasilien": http://www.valor.com.br/empresas/4760769/tudo-pelos-bichos
Natürlich ist die gute Wildente keine Antwort auf die Frage, warum sich die große Mehrzahl der in Brasilien etablierten ausländischen Firmen nicht aus dem Land zurückziehen und warum immer noch neue Firmen in's Land drängen. Eine Antwort wurde weiter oben gegeben; das Land ist so groß, dass der immense Binnenmarkt genug Anziehungskraft ausübt, um jegliches Produkt in Brasilien zu verkaufen. Zum Beispiel ist Brasiliens nach den USA der zweitgrößte Weltmarkt für Haustierprodukte. Und wo bleibt Fressnapf??? Weiß man dort nichts von Brasilien oder hat man so viele bessere Märkte, dass man auf Brasilien verzichten kann, will oder muss?
Link zum Thema "Probleme in Brasilien": http://derstandard.at/2000042977322/Warum-Brasilien-oekonomisch-scheitert
Link zum Thema "Erfolg in Brasilien": http://www.gruposantacatarina.com/de/warum-brasilien/
Link zum Thema "Haustiermarkt Brasilien": http://www.valor.com.br/empresas/4760769/tudo-pelos-bichos
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