02 Oktober 2010

22.500 Kandidaten und ein grosses Land

Das hört sich fast so theatralisch an wie "Hundert Mann und ein Befehl", auf Deutsch von Freddy Quinn gesungen. Hoffentlich gilt nach der Wahl in Brasilien nicht "Eine Präsidentin und ein Befehl"! Unkenrufe gibt es zuhauf, aber lassen wir das Spekulieren, auch nach der ersten Wahl Lulas wurde das Chaos und das Ende der heilen Welt in Brasilien erwartet und das Länderrisiko schnellte in stratosphärische Höhen. Dann kam es ganz anders und deshalb liegt das Länderrisiko einen Tag vor der jetzigen Wahl nur etwas über 200, trotz (oder wegen?) des wahrscheinliches Wahlsieges von Lulas Kandidatin. Diese ist ein wahres Wunder, ein Marketingwunder nämlich, welches nur möglich wurde durch den Einsatz eines Parteigründers und Gewerkschaftsführers, der m.E. nach nie der Präsident aller Brasilianer war, sondern immer der seiner Parteigenossen und seiner Gesellschaftsschicht. Das zeigte er durch seinen unverhohlenen Einsatz im Wahlkampf, aus dem er sich als Staatspräsident eigentlich heraushalten sollte. Aber die res publica und die res privata wurden von der PT und ihrem Koalitionspartner PMDB nie richtig auseinandergehalten, was leider dazu führte, dass es praktisch kein von den politischen Parteien unabhängiges Berufsbeamtentum in Brasilien gibt, sondern tausenden von Parteifreunden sogenannte Vertrauensposten zugeschanzt werden, für die sie sich nicht durch eine Prüfung qualifizieren müssen. Deshalb auch der Widerstand dieser Kreise gegen weitere Privatisierungen, mindern solche doch die Anzahl der zu vergebenen (gut bezahlten) Posten.

Und um diesen Kuchen geht es jetzt und ganz wild darauf sind die oben erwähnten 22.555 Kandidaten, die sich um folgende Positionen bewerben:

  • Präsident (9 Kandidaten)
  • Ministerpräsident eines Bundesstaates (172 Kandidaten)
  • Senator (273 Kandidaten)
  • Bundestagsabgeordneter (6.028 Kandidaten)
  • Landtagsabgeordneter (14.387 Kandidaten)
  • Distriktabgeordnete (883 Kandidaten)
Da kann man für den morgigen Wahltag nur Glück wünschen! Nicht so sehr den Kandidaten, sondern den Regierten! Aber das gilt wohl für viele Länder, nicht nur für Brasilien - siehe auf Kommunalebene z.B die aktuellen Vorkommnisse um den Hauptbahnhof von Stuttgart.

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