Auf dem vorletzten Platz zu landen, ist für ein Land der Grösse und des Reichtums Brasiliens, welches 17 Millionenstädte hat, eigentlich unannehmbar. Die Erklärung dafür muss jeder der 143 Millionen Wähler, der im Oktober zwangsweise - wir haben Wahlpflicht - u.a. den neuen Präsidenten wählt, für sich selbst finden. Eine weltweite Rezession und die (von der Regierung verordneten) Feiertage wegen der Fußball-WM (sollte die WM nicht laut Regierung für mehr Geschäft sorgen?) verantwortlich zu machen, wie es die jetzige Regierung tut, ist sicher nicht richtig, eher kommen die sich selbst auferlegte Abschottung Brasiliens vom Weltmarkt, die hohen Zinsen (im Mittel über 40 %/a!), die wachsende Inflation (fast 7 %/a), das schlechte Ausbildungswesen, die ständig wachsende Steuerlast, die Komplexität unserer überholten Gesetzgebung, die nur scheinbar bekämpfte Korruption, die hohe Kriminalität, das kranke Gesundheitswesen und die ungenügende Infrastruktur infrage - ich will die Aufzählung lieber nicht fortsetzen, um niemanden abzuschrecken, an Brasilien zu glauben. Und von den fast 203 Millionen Einwohnern glaubt die Mehrzahl - zu Recht - an das Land und sein immenses Potential. Aber die Mehrzahl glaubt wohl nicht mehr an seine aktuelle Präsidentin, denn nach einem heuten veröffentlichten Umfrageergebnis würden Dilma und Marina je 34 % im ersten Wahlgang bekommen und Aécio nur 15 %. In einem zweiten Wahlgang würde Dilma 40 %, Marina aber 50 % erhalten. Nur im unwahrscheinlichen Fall, dass die Präsidentin im zweiten Wahlgang gegen Aécio antreten müsste, würde sie mit 48 % gegen 40 % ihre zweite Amtszeit antreten können.
Aber zurück zum BIP des zweiten Vierteljahres 2014, in obiger Tabelle PIB genannt, was für Produto Interno Bruto steht. Die Tabelle von Austin Rating führt alle Länder auf, die bis heute das Ergebnis des zweiten Vierteljahres publizierten. In der vorigen Tabelle nahm Brasilien noch den 24. Platz ein, ist also 12 Stellen nach hinten gerückt. Die folgenden Graphiken habe ich der online - Ausgabe der Zeitung CORREIO BRASILIENSE entnommen:
BIP-Veränderung pro Vierteljahr in % |
vorhergehende BIP-Prognose verschiedener Institutionen |
aktuelle BIP-Prognose derselben Institutionen |
Und da hat Minister Mantega noch die Chupze zu sagen, dass 2015 alles besser wird mit einem Wachstum von 3 % des BIP! Bei dieser Aussage hat er wohl gleichzeitig im Dunkeln gepfiffen, um sich Mut zu machen. Kein Wunder, dass diese Regierung völlig unglaubwürdig geworden ist.
Und was sagt "der Markt" zum BIP-Rückgang? Das ist eine der Überschriften dazu:
Der Aktienindex ging um fast 10 % in die Höhe, weil die Chancen der Präsidentin, wiedergewählt zu werden, immer kleiner werden. Die Chefs der Bank Santander sollten sich schämen, dass sie ihre Analystin, die diese Einsicht vorausschauend (wenn auch "abgekupfert") an ausgewählte Kunden schickte, auf Verlangen Lulas auf die Strasse setzten. Da hat unser ehemaliger Präsident wohl vergessen, was er seiner Vergangenheit als militanter Arbeiterführer schuldig ist. Aber Machterhalt ist eben wichtiger als Kohärenz.
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