27 Dezember 2015

Korruption, das brasilianische Dauerthema

In meinem Buch WIRTSCHAFTSBOOM AM ZUCKERHUT schrieb ich schon 2008: "Also musste 1961 ein neuer Präsident die Geschicke Brasiliens in die Hand nehmen, João Goulart, der aber aus dem Misserfolg seines Vorgängers nichts gelernt hatte und ihn in punkto Reformen noch zu übertrumpfen suchte. Er meinte mit der Unterstützung von links, vor allem auch der Gewerkschaften, gegen Korruption und Misswirtschaft vorgehen zu können, rechnete aber nicht mit der massiven Ablehnung durch das Militär, welches ihn 1964 in einem Putsch durch den Chef des Generalstabs Castelo Branco ersetzte."  Das Problem ist also nicht neu: "Weitere Höhepunkte der jüngeren Geschichte Brasiliens sind die Einführung einer neuen Verfassung am 5.10.1988, die Gründung des Mercosurs oder, wie die Brasilianer sagen, des Mercosuls und die Abdankung von Präsident Collor, gegen den ein Amtsenthebungsverfahren wegen Korruption lief. Der ersten Regierung Lula, die sich schwereren Vorwürfen ausgesetzt sah, blieb ein solches traumatisches Verfahren erspart. Aber mit Ausnahme des Präsidenten, dessen Charisma und Popularität ihn wohl davor bewahrte, wurden etliche Mitglieder und Mitarbeiter seiner Regierung angeklagt." Wegen der leider großen Bedeutung der Korruption in Brasilien und ihrer offensichtlichen Unbekämpfbarkeit widmete ich ihr ein ganzes Kapitel in meinem Buch:

Brasilianer und Korruption

"Was denken die Brasilianer über die Korruption, deren Aufdeckung fast die Regierung Lula gegen Ende der ersten Amtszeit des Präsidenten gestürzt hätte? Und ist die Korruption wirklich so weit verbreitet, wie man in den hiesigen Zeitungen lesen kann? 
Wenden wir uns zunächst der zweiten Frage zu. Die weit verbreitete Korruption ist mit Grund dafür, dass heute das organisierte Verbrechen und hier vor allem der Rauschgifthandel in Brasilien Fuß fassen konnte. Immer wieder werden große Drogenbosse in Brasilien festgenommen und auch verurteilt, führen aber ihre Geschäfte von ihrer Hochsicherheitsgefängniszelle aus mühelos weiter. Das ist möglich durch eine korrupte Polizei und durch eine manchmal käufliche Justiz, die vereinzelt selbst Richter zu Handlangern des Drogenhandels macht. Die Leichtigkeit, mit der Geld in großem Umfang bisher in Brasilien gewaschen werden konnte, trug ein Übriges dazu bei. Zwar hatte die populär Schecksteuer genannte Abgabe auf Kontenbewegungen dem Finanzamt die Kontrolle durch den automatischen Vergleich von Geldabfluss und erklärtem Einkommen erleichtert, aber diese Steuer lief Ende 2007 aus. Aber Drogenhändler legen ihre illegalen Einkünfte nicht dem Finanzamt gegenüber offen, sondern kaufen mit Bargeld u.a. Firmen und landwirtschaftliche Anwesen auf und versteuern dann die regulären Einkünfte aus ihren plötzlich legalen Geschäften. Und wie der Skandal um die von der Regierung Lula mit staatlichen Geldern gekauften Abgeordnetenstimmen zeigt, sind auch hohe Politiker in aktive und passive Korruption eng verstrickt. Der einzige Lichtblick ist die Tatsache, dass solche Fälle in der Presse, die leider nur von einem kleinen Teil der Brasilianer gelesen wird, angeprangert und seit neuestem auch gerichtlich verfolgt werden, wie die Anklageerhebung gegen vierzig Beschuldigte im Korruptionsfall der Regierung Lula Ende 2007 zeigte.

Und was denken die Brasilianer nun über die Korruption? Dazu machte der Soziologe Alberto Carlos Almeida 2007 eine interessante Aussage, die auf seiner empirischen Forschungsarbeit beruht. Danach haben siebzehn Prozent der Brasilianer nichts dagegen einzuwenden, dass ein gewählter Politiker sein Amt zur seiner persönlichen Bereicherung benutzt und die res publica wie sein Eigentum behandelt. Wenn man sich die Situation etwas näher anguckt, merkt man allerdings schnell, dass es hier eine Korrelation gibt, die wehtut und nicht auf die Schnelle beseitigt werden kann. Denn eine Auswertung der angegebenen Meinung in Abhängigkeit von der genossenen Ausbildung lässt das Bild viel düsterer aussehen.  So werden aus durchschnittlich siebzehn Prozent auf einmal vierzig, wenn man nur die des Lesens und Schreibens Unkundigen herauspickt. Je besser die Ausbildung ist, desto weniger sind die Befragten mit der Bereicherung korrupter Politiker einverstanden. Aus der Gruppe, die bis zur vierten Serie (Volksschule) die Schule besucht hat, haben nur noch einunddreißig Prozent Verständnis; bei denen, die es bis zur achten Serie (Mittelschule) schafften, sind es siebzehn Prozent; bei denen, die ihre Oberschulausbildung mit der elften Klasse abschlossen, fünf Prozent und bei denen, die eine Universitätsausbildung (nicht immer mit der einer deutschen Universität vergleichbar) absolvierten, gerade mal drei Prozent. 

Ähnlich krass sind die Verhältnisse bei der Frage, ob es sich nur um eine Gefälligkeit gehandelt habe, wenn ein Angestellter des öffentlichen Dienstes bzw. ein Beamter für seine Hilfe, einen Regierungsauftrag zu ergattern, ein Geschenk der bevorzugten Firma erhält. Es ist doch nur ein Gefallen (und keine Korruption), sagen im Mittel dreißig Prozent der befragten Brasilianer, aber wenn man die Differenzierung des ersten Beispieles auch hier anwendet, findet man, dass siebenundfünfzig Prozent der Analphabeten keine Bestechung darin sehen, dass die Hilfe zur Erlangung eines Staatsauftrages mit einem Geschenk belohnt wird. Bei den Volksschülern sind es dann einundvierzig Prozent, bei den Mittelschülern vierunddreißig Prozent, bei den Oberschülern zweiundzwanzig und bei den Universitäts- und Hochschulabsolventen nur noch fünf Prozent. 

Almeida weitete seine Fragestellung auch auf andere Gebiete aus, so fragte er nach der Einstellung zur Zensur und ob man für oder gegen Homosexualität bei Männern sei. Dass die Polizei aus Gefangenen Geständnisse herausprügelt, findet eine Zustimmung, die an die Zeiten der Diktatur erinnert, aber vielleicht auch zeigt, wie überdrüssig der normale Bürger der Kriminalität geworden ist.  Und zum Schluss stellt er die für Deutsche eher kuriose Frage, ob Hausangestellte, denen die Benutzung des »herrschaftlichen« Aufzuges erlaubt werde, künftig trotzdem weiterhin den »Dienstbotenaufzug« benutzen sollten. Nach Meinung des Soziologen Almeida lassen sich aus seiner Umfrage u.a. vier Schlussfolgerungen ziehen: 

JE STÄRKER DIE MITTELKLASSE AUSGEPRÄGT IST, DESTO UNÜBERWINDLICHER WIRD DIE KORRUPTIONSBARRIERE. DAS SO GENANNTE JEITINHO (wie man Unmögliches möglich macht, siehe auch Anhang) IST DER WARTERAUM DER KORRUPTION. DEMOKRATIE IST NUR MÖGLICH MIT VERMEHRTER SCHULBILDUNG. ES IST NICHT SO, DASS DIE WÄHLER DIE KORRUPTIONSANKLAGEN VERGESSEN (WENN SIE ZUR NÄCHSTEN WAHL GEHEN), SONDERN DIESE SIND IHNEN EINFACH NICHT WICHTIG."

Wenn wir den Sprung von damals an das Ende des Jahres 2015 wagen, müssen wir leider feststellen, dass sich wenig geändert hat. Die Korruption wird zwar von den Medien angeprangert und von Lesern ernsthafter Zeitungen in Zuschriften beklagt, aber weder die parlamentarische Opposition noch die schweigenden Mehrheit artikulieren sich ausreichend dagegen, mit dem Ergebnis, dass einsame Rufer in der Wüste - lava jato - die Botschaft zwar verkünden, aber nicht wissen, ob sie gehört, verstanden und befolgt wird. Vielleicht werden wir auch so zugeschüttet mit Informationen wie mensalão und petrolão, dass wir einfach abgestumpft sind - so wie die Mehrzahl beim Vorbeifahren an einer favela diese entweder gar nicht wahrnehmen oder als normal betrachten.

Aber es keimt Hoffnung auf, denn in einer neuen Befragung von DATAFOLHA wurden als größte Probleme Brasilien diese genannt:
  • 34 % KORRUPTION
  • 16 % GESUNDHEITSWESEN
  • 10 % ARBEITSLOSIGKEIT
  •   8 % SCHULWESEN
  •   8 % GEWALT
Also haben doch viele Brasilianer endlich erkannt, wie sehr die Korruption ihrem Land und ihnen selbst schadet. Denn die Korruption ist oft die Ursache der nachgenannten Probleme. Die Korruption bedroht sowohl die Demokratie als auch den sozialen Fortschritt des Landes - eines jeden Landes. 

Wußten Sie z.B., dass in der letzten Wahl 2014 nur drei Unternehmen 39 % der offiziell verbuchten Wahlkampfmittel der drei Spitzenkandidaten gespendet haben und nur zehn Unternehmen "geholfen" haben, 70 % der Abgeordneten zu wählen?

Wahrscheinlich nicht, denn Brasilien steht auf der Weltrangliste von TRANSPARENCY INTERNATIONAL nur auf Platz 69 der Korruptionswahrnehmung.

Die UNO schätzt die durch Korruption in Brasilien entwendeten Mittel auf jährlich 200 Mrd. R$, die natürlich dem Staatshaushalt fehlen. Mit diesem Betrag könnte das Budget des Gesundheits- oder Erziehungsministeriums verdreifacht werden. Die für die Öffentliche Sicherheit Rio de Janeiros vorgesehen Mittel könnten damit verzwanzigfacht werden, das Sozialprogramm bolsa família könnte 8 Jahre davon bestritten werden und die sogenannten ajustes fiscais, die heute so dringend notwendig sind, können viermal davon bezahlt werden.

Wir sind zwar angeblich die siebtgrößte Wirtschaftsmacht der Erde, aber stehen beim HUMAN DEVELOPMENT INDEX auf Platz 79! Und bei der Wettbewerbsfähigkeit sieht es nicht besser aus, das Weltwirtschaftsforums sieht Brasilien hier auf Platz 75. Kein Wunder, wenn wenige Großunternehmen durch Kartellbildung lukrative Regierungsaufträge zu überhöhten Preisen für sich sichern und den anderen Unternehmen die Luft zum Atmen abdrosseln und sie in häufig sogar in den Konkurs treiben. Ohne Wettbewerb gibt es keine  Druck zur Kostensenkung und Innovation.

Eine Frage sollte unsere Regierung uns Steuerzahlern beantworten: Warum soll die Schecksteuer CPMF wieder eingeführt werden, mit der man sich Einnahmen von 32 Mrd. R$ jährlich erhofft, wenn man durch Korruptionseliminierung 200 Mrd. R$ jährlich einsparen kann?

Übrigens hat die Bundesstaatsanwaltschaft zehn Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen vorgeschlagen. Warum wird daraus keine Gesetzesvorlage gemacht? Warum geht dafür niemand auf die Barrikaden, wenn gegen eine Fahrpreiserhöhung in São Paulo Millionen auf die Straße gingen?

Und glauben Sie nicht, dass es nur um große Fische geht. Vor einigen Tagen sagte mir ein Buchhaltungsbürochef, der eine Gesellschaftsvertragsänderung registrieren lassen wollte, dass dies nur möglich war, weil er 2.000 R$ Schmiergeld an den Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes, die dieser für die Bearbeitung des Vorganges gefordert hatte, zahlte.

24 Dezember 2015

Der traditionelle Weihnachtsbraten in Brasilien ist keine Gans

Wir haben es trotzdem einmal versucht, aber die beiden Gänse, die wir wie in Deutschland in die Bratröhre schoben, waren so mager, dass sie nicht für eine Person reichten, geschweige denn für fünf. Deshalb bin ich dieses Jahr mit meiner Frau am Heiligabend zum Mercado Municipal de Santo Amaro gefahren und habe eine Wildente (mareco) und ein Riesenhuhn (chester) gekauft sowie diese Fotos geschossen:
Und diesem Laden bekommt man sogar deutsches Brot und deutsche Wurst, importiert oder nach Originalrezept in Brasilien hergestellt
Der Weihnachtsmann neben meiner Frau spricht Deutsch!
Hier gibt es das gute Eisenbahnbier, welches ich schon an der Quelle trank, nämlich in Pomerode
Hier wird Zuckerrohr unter den Fotos von Elvis verkauft (Ob der Stuhl wohl bei einem seiner Konzerte zerbrochen wurde? Als Bill Haley - rock around the clock - 1958 in meiner Jugendzeit im Sportpalast in Berlin auftrat, nahmen seine Fans diesen auseinander und kein Stuhl blieb heil.)
Wer genau hinguckt, sieht meine Frau beim Früchteeinkauf
In den Tüten im Vordergrund sind Laugenbrezel
Echter Stollen
Aber in Brasilien gebacken
Deutsches Brot, sehr wohlschmeckend 
Hier gibt es in Zukunft die Bäckerei Hannover
Mein Chesterhuhn kostete 79,08 R$ bzw. 18 € und die Wildente 69,94 R$ bzw. 16 € 

23 Dezember 2015

Jetzt ist wirklich bald Heiligabend!

Und deshalb werde ich jetzt das Jahr 2015 auslaufen lassen. Denn bis vor wenigen Tagen war es noch turbulent, denn liebe Kunden besuchten mich; mit einem war ein Churrascariabesuch angesagt, zu dem ich meine Frau mitnahm, weil unser Gast auf dem Foto Mexikaner ist und wir ja einige Jahre im schönen Mexiko leben durften und deshalb viel Gesprächsstoff hatten:

Aber es standen noch Besuche kurz vor Weihnachten meinerseits an, z.B. bei CSN in Volta Redonda und hier bei ArcelorMittal Vega in São Francisco do Sul
 bei Usiminas in Cubatão
 und bei etlichen Firmen in Manaus und Belém
Da habe ich mir nach meiner Rückkehr letzten Freitag auf dem Churrasco einer befreundeten Firma in Campinas dankbar eine Zigarre verpassen lassen
und bin froh, dass ich dieses Jahr keine Dienstreise mehr eingeplant habe.

Und jetzt wünsche ich allen Freunden und Bekannten und allen Brasilieninteressierten bzw. allen Bloglesern (die nicht abschaltbare Korrekturfunktion machte daraus "Bolognesern") ein gesegnetes und geruhsames Weihnachtsfest, ob mit Schnee oder bei 40 Grad, sei dabei egal!

Und meiner Wahlheimat wünsche ich, dass die Krise, die uns gerade heimsucht, recht bald überwunden sein wird; das Land verdient sie nicht (wohl aber die, die sie durch ihre Wählerstimme oder durch deren Verweigerung ermöglicht haben).

Blogstatistik BRASILIEN AKTUELL von Mai 2010 bis Dezember 2015




19 Dezember 2015

Vorweihnachtliche Presseschau BRASILIEN

WhatsApp in Brasilien blockiert - Zuckerberg wehrt sich

STERN - ‎17.12.2015‎
«Das ist ein trauriger Tag für Brasilien», schrieb er auf seiner Facebook-Seite. «Brasilien ist bisher ein Alliierter gewesen bei der Schaffung eines offenen Internets.» Es könne nicht sein, dass die Entscheidung eines Gerichts «jede Person in ...

Brasilien: Militärs vereitelten Friedensnobelpreis für Bischof

Radio Vatikan - ‎vor 4 Stunden‎
Von der Wahrheitskommission in Archiven des brasilianischen Außenministeriums gefundene Korrespondenzen würden nun belegen, dass Brasiliens Militärs über die Botschaft in Oslo Einfluss ausgeübt und damit eine Vergabe an Camara verhindert hätten.

WhatsApp abgeschaltet: Beispiellose Strafaktion in Brasilien

STERN - ‎17.12.2015‎
Von einem «traurigen Tag», spricht Zuckerberg. «Brasilienwar bisher ein wichtiger Verbündeter bei der Schaffung des freien Internets.» Das bezieht sich auch auf die Attacken von Brasiliens Regierung gegen Spitzelmethoden des US-Geheimdienstes NSA.
Aber die Verwendung von Mobiltelefonen in den Gefängnissen unmöglich zu machen, das kriegen unsere Gerichte und Justizbeamten nicht hin! 

Platzhirsche FCA, VW, GM verlieren Marktanteile in Brasilien

AUTOMOBIL PRODUKTION - ‎18.12.2015‎
Unter der schweren Absatzkrise am Automarkt Brasilien leiden die Platzhirsche Fiat-Chrysler (FCA), VW, GM und Ford besonders stark. Zusätzlich zum Absatzschwund werden die Hersteller durch neue Player wie Hyundai und Renault unter Druck gesetzt.

Brasilien: Gericht hebt WhatsApp-Sperrung nach 14 Stunden auf

Telemedicus - ‎vor 8 Stunden‎
Nach einer 14-stündigen Sperre ist WhatsApp in Brasilien nun wieder für seine Nutzer online erreichbar. Dies ordnete gestern Abend ein Gericht in São Paulo an, nachdem der Messagingdienst in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zunächst landesweit ...

WhatsApp-Blockade in Brasilien: Gericht bestraft Messenger-Dienst

DIE WELT - ‎17.12.2015‎
"Brasilien ist bisher ein Alliierter gewesen bei der Schaffung eines offenen Internets." Es könne nicht sein, dass die Entscheidung eines Gerichts "jede Person in Brasilien bestraft, die WhatsApp benutzt". Er sprach von über 100 Millionen Betroffenen ...

Brasilien: Finanzminister Levy wirft hin

WirtschaftsWoche - ‎vor 7 Stunden‎
Dezember 2015. Die Silhouette von BrasiliensFinanzministers Joaquim Levy: Er gilt als Mann der Mitte und eines liberalen Wirtschaftskurses.
Erste Folge des Rücktritts: Der € kostet jetzt 4,3289 R$!


Aktuelle Wirtschaft der BRIC-Staaten: neue Sorgenkinder

GeVestor.de - ‎14.12.2015‎
Doch die aktuelle Wirtschaft der BRIC-Staaten passt nicht mehr zum alten Schwung, der vor rund 20 Jahren eingesetzt hatte. Brasilien kämpft mit Korruption, Russland mit Rezession und China tritt auf der Stelle. Vielfach haben sich die Länder zu lange ...

Von drauß' vom Walde komm ich her; Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!

Dieses Mädchen mit dem Schild "Mach' unser Weihnachten glücklich!"
habe ich am 16.12.2015 südlich von Belém im Bundesstaat Pará an einer Brücke der Bundesstrasse PA483 fotografiert, also mitten im Urwald Amazoniens:
Hätte es "Faça..." geschrieben, wäre das Portugiesisch sogar perfekt gewesen. Aber das ficht Leute, die solche outdoors aufstellen, sicher nicht an:
Gratulation, Bürgermeister Deodoro Pantoja da Rocha, zu Deinem Geburtstag. Deine Kompetenz, Bescheidenheit und Kampf verdienen unser Lob. Ehrung von Deinen Freunden und Familienangehörigen.
Übrigens ist das "Faça..." auf dem Schild hinter dieser Indiodame mit Kindern fehlerfrei geschrieben:

Fröhliche Weihnachten

kann man denen wünschen, die von dieser Tariferhöhung
profitieren, immerhin 9,88 %! Aber diese stolze Erhöhung sieht ganz anders aus, wenn man bedenkt, dass die Inflationsrate dieses Jahr wohl 10,6 % betragen wird. Und die Weihnachtskerzen verlieren weiter an Glanz, wenn man liest, dass Brasilien im schlimmsten November seit 1992 insgesamt 130.600 Arbeitsplätze verlor. Wer davon betroffen ist, wird wahrlich kein fröhliches Weihnachtsfest feiern!


13 Dezember 2015

Wird die (brasilianische) Industrie noch eine Chance haben?

Diese Frage stellte José Roberto Mendonça de Barros im O ESTADO DE SÃO PAULO vom 13.12.2015. Seine Antworten zu dieser rhetorischen Frage sind interessant und decken sich mit meiner Meinung.


Zunächst macht er darauf aufmerksam, dass der IMF am 30.11.15 den Yuan oder  zum Währungskorb für Sonderziehungsrechte, der bisher aus US$, €, £ und ¥ bestand, hinzufügte. Er sieht darin ein Anzeichen, dass die Regierung der Volksrepublik China sich verstärkt dem Binnenmarkt widmen will und das künftige Wirtschaftswachstum nicht alleine vom Export abhängen soll. Er glaubt aber auch an einer Versorgung der Bevölkerung mit importierten Lebensmitteln, was für den brasilianischen Export äußerst wichtig ist. Zwischen Juni 2003 und November 2015 sind die Lebensmittelpreise in China um 110% gestiegen, während die Lebenshaltungskosten insgesamt nur um 45% wuchsen. Wer billige Lebensmittel importiert, gibt der Bevölkerung Gelegenheit, im Lande hergestellte Industrieprodukte zu kaufen und damit das Wachstum anzukurbeln.

Kurz danach, am 4.12.2015, verkündigte die OPEC, dass die Erdölproduktion der Mitgliedsstaaten nicht gedrosselt werden würde. Die Folge wird ein weiteres Absinken des Rohölpreises sein.

Dadurch wird die leidgeprüfte Petrobrás noch mehr unter Druck geraten. Dazu kommt, dass unser Erdöl weniger wert ist als die Brent-Qualität - als Brent zwischen Januar und Oktober diesen jahres 55 US$ pro Barrel kostete, erzielte das brasilianische Erdöl nur 43 US$ fob!











Der Preisverfall beim Eisenerz sieht ähnlich katastrophal für Brasilien aus. VALE und andere Bergbaufirmen in Brasilien merken dies deutlich und haben ihre Investitionspläne deutlich zurückgeschraubt.





Nur die landwirtschaftlichen commodities sind (noch) in einer besseren Situation; zwar haben auch sie an Wert verloren - aber vor allem durch den Kursanstieg des US$ gegenüber dem R$. Aber da die Nachfrage nach wie groß ist, auch und gerade die chinesische, konnten sich die R$-Preise auf einem guten Niveau halten. Und Soja ist, wie die Graphik zeigt, nach wie vor unser Zugpferd. 

Aber die industrielle Produktion? Um die ist es jeden Tag schlechter bestellt. Zum Beispiel ist sie bei den Investitionsgütern im Oktober 2015 gegenüber dem Vorjahresvergleichsmonat um mehr als 32% zurückgegangen. Per Oktober 2015 ist die Produktion gesamt, aller Sektoren, gegenüber dem Vorjahresvergleichsraum um 7,8% geschrumpft, die der langlebigen Konsumgüter um 17,2%, die der nicht haltbaren Konsumgüter um 7,2%, die der dazwischen liegenden Verbrauchsgüter um 4,5% und die der Investitionsgüter um erschreckende 24,5%!

Aber José Roberto Mendonça de Barros sieht Licht am Ende des Tunnels und erklärt dies mit seiner vierten Graphik.

In den letzten zwei Jahren hat sich nämlich der R$ gegenüber dem US$ um ca. 60% verbilligt, der Yuan aber nur um 6%. Mit anderen Worten, importierte chinesische Waren werden in Brasilien teurer und das bedeutet eine Chance für unsere brasilianischen Hersteller. Und hier geht es nicht nur um Endprodukte, sondern auch um Halbzeuge und Komponenten.

Bei modischer Kleidung würden die Chinesen außerdem den Wettbewerbsnachteil der langen Entfernung ihrer Fabriken zu den Endabnehmern in Brasilien spüren - denn Modeartikel unterliegen dem Wandel und wenn der Kundengeschmack sich ändert, muss der Hersteller sofort reagieren. Und das kann er nicht, wenn z.B. jahreszeitlich bedingte Kollektionen nur mit Verspätung in Brasilien verkauft werden können, weil der Transport so lange dauert, dass sich der Publikumsgeschmack bei Ankunft der Ware schon wieder geändert hat. Deshalb produzieren schon chinesische Fabrikanten in Brasilien und machen meine Wahlheimat zu ihrem Distributionszentrum für Südamerika.

Ein weiterer Lichtblick ist der ebenfalls wechselkursbedingte Exportanstieg - selbst multinationale Firmen exportieren in ihre Heimatländer, weil der brasilianische Binnenmarkt daniederliegt.

Und zu guter Letzt können wir uns darüber freuen, dass ein Konservativer die Präsidentschaftswahlen in Argentinien gewonnen hat und damit hoffentlich unser Nachbarland wieder in der Lage und willens ist, in Brasilien einzukaufen. In den letzten Jahren hat Brasilien durch die desaströse Wirtschaftspolitik zweier Damen, die leider als Präsidentin die Geschicke Argentiniens und Brasiliens in ihrer ungeschickten Hand hatten bzw. noch haben, mehr als 10 Mrd.US$ Exportgeschäft verloren.

Kundgebungen in ganz Brasilien am 13.12.15 unterstützen die Amtsenthebung von Dilma Rousseff



Die bis jetzt - 14:00 - bekannten Zahlen zeigen aber, dass die Proteste gegen die Fahrpreiserhöhung in São Paulo um Zehnerpotenzen mehr Demonstranten angezogen hatten, die schweigende Mehrheit macht ihrem Namen Ehre.

Ob dazu beigetragen hat, dass die Facebookseite, die zum Protest aufrief, gestern für 4 Stunden gesperrt war? Wir haben natürlich keine Pressezensur in Brasilien, aber vielleicht gute Hacker mit dem richtigen Parteibuch?

Diese Fotos zeigte die heutige online-Ausgabe des O ESTADO DE SÃO PAULO:











12 Dezember 2015

Morde und mehr Morde - fast ein Krimititel

Am 11.12.15 konnte man diese Graphik im O ESTADO DE SÃO PAULO sehen:

Danach wurden im Jahr 2000 noch 6.000 Menschen in der São Paulo, der Hauptstadt des Bundesstaates São Paulo, ermordet. 2014 waren es "nur" noch 1.661 Menschen, die den Tod durch die Hand eines Mörders erlitten.

In diesem Zeitraum hat sich die Zahl der jährlich von Polizisten verursachten Todesfälle absolut fast nicht verändert, relativ zu den Mordfällen aber natürlich sehr. Deshalb schreibt die Zeitung völlig korrekt, dass der Anteil der von Polizisten verursachten Todesfälle an den von Verbrechern verübten Morden 2000 nur 5 % betrug, 2014 aber auf 21 % hochschnellte. Absolut korrekt und absolut irreführend, denn die Polizei hat 2014 nicht mehr Leute zu Tode gebracht als seit 2000, wie die Graphik zeigt. Aber sie hat durch ihre Arbeit dafür gesorgt, dass die Vergleichsbasis um 72 % schrumpfte und dieser sagenhafte Erfolg wird ihr jetzt zum Vorwurf gemacht. 

Ein guter Vergleich wäre der mit Mordfällen in Deutschland gewesen, welches vielmehr Einwohner als die Stadt São Paulo hat:
Diese Zahlen zeigen, welch' Abgrund uns hier in Brasilien in vielerlei Hinsicht noch von den Ländern der Alten Welt trennt.

Brasiliennachrichten

Privathaushalte geben mehr für Gesundheit aus als die Regierung 
11.12.15

Die Privathaushalte in Brasilien geben deutlich mehr für die gesundheitliche Versorgung aus als die Regierung. Laut einer Studie des Statistischen Bundesamtes (Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística, IBGE) betrug der Umfang der Ausgaben für Gesundheut im Jahr 2013 insgesamt 424 Milliarden Reais (rund 104 Mrd. Euro). Demnach machten die Ausgaben für Waren und Dienstleistungen im Weiterlesen...
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Brasilien und Uruguay schließen Abkommen über freien Handel 
10.12.15

Brasilien und Uruguay haben am Mittwoch (09.12) ein Abkommen über den freien Handel von Autos unterzeichnet. Damit gibt es 100 Prozent Zollpräferenz für Produkte, die regional hergestellte Teile beinhalten. Bei brasilianischen Autos und Autoteilen soll der Regional-Anteil bei mindestens 55 Prozent liegen, für Uruguay bei mindestens 50 Prozent. Das Abkommen wird am 1. Januar 2016 Weiterlesen...
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Sonderkommission zur Amtsenthebung vorerst ausgesetzt 
10.12.15

Nach der Freigabe des Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsidentin Dilma Rousseff verhärten sich die politischen Fronten. Dabei gerät die Innenpolitik Brasiliens zunehmend ins Stocken. Nachdem am Mittwoch (02.12.) der Präsident des Abgeordnetenhauses, Eduardo Cunha (PMDB), den Weg für ein Amtsenthebungsverfahren freigegeben hatte, sollte eine Sonderkommission aus Abgeordneten über das Verfahren entscheiden. Nun setzte der Richter Edson Fachin vom Weiterlesen...
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Dossier belegt Menschenrechtsverletzungen durch Olympia 
09.12.15

Die Stadt Rio de Janeiro verletzt weiterhin die Menschenrechte der Bürger, die im Einzugsbereich der Olympischen Spiele leben. Das belegt die vierte Ausgabe des Dossiers „Megaevents und Verletzung der Menschenrechte in Rio de Janeiro“, das vom Volksausschuss für die Olympischen Spiele von Rio de Janeiro und dem Observatorium der Metropolen erarbeitet wurde. „Das Dossier zeigt, dass Weiterlesen...
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Studie: Mehrheit nutzt Fahrrad als Transportmittel 
09.12.15

Die Mehrheit der Fahrradfahrer in zehn Metropolregionen Brasiliens nutzt ihr Gefährt als Transportmittel, zum Beispiel um zur Arbeit zu kommen (88,1 Prozent). Damit sind sie fünf oder mehr Tage in der Woche mit ihrem Fahrrad unterwegs. Das zeigt die Studie „Das Profil des brasilianischen Fahrradfahrers“ von den Nicht-Regierungsorganistionen „Observatório das Metrópoles“ und „Transporte Ativo“. Die Weiterlesen...
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Levy: „Verfahren zur Amtsenthebung ist positiv zu sehen“ 
08.12.15

Nach Einschätzung von Finanzminister Joaquim Levy führt das Verfahren zur Amtsenthebung gegen Dilma Rousseff nicht zu einer Verunsicherung der Investoren oder gar dazu, dass sich diese von Brasilien abwenden würden. „Der Grund dafür sind nicht nur Pläne der Regierung, sondern auch gute Instrumente, die mit der Bevölkerung geschaffen werden, die zeigen, auf welchem Weg sich Weiterlesen...
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NGOs rufen Plattform zur Überwachung der Landnutzung ins Leben 
08.12.15

Ein Netzwerk von Nicht-Regierungsorganisationen hat in São Paulo die Plattform „MapBiomas“ ins Leben gerufen, die jedes Jahr Karten über die Landnutzung in Brasilien per Satellitenbildern veröffentlichen soll. Über die Plattform soll die Erstellung der Karten möglich sein sowie die Extrahierung der Daten. Die Daten zur Erstellung der Karten kommen von der Nasa, die über eine Weiterlesen...
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Auto-Branche hofft auf Besserung dank Argentinien 
07.12.15

Die Wahl von Maurício Macri zum neuen Präsidenten von Argentinien stimmt die Autohersteller wieder optimistischer, sagt Luiz Moan, Präsident des brasilianischen Bundesverbands der Fahrzeughersteller (Anfavea). Insbesondere in Bezug auf bessere Geschäfte zwischen Brasilien und dem Nachbarland, wenn das bilaterale Fahrzeug-Abkommen erneuert wird, das im Juni kommenden Jahres ausläuft. Die Gespräche zur Verlängerung sollen im Januar Weiterlesen...
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Schulstreik nach Einlenken des Gouverneurs beigelegt 
07.12.15

Nach mehrwöchigen Schulstreiks und Protesten der Schüler im Bundesstaat São Paulo hat der Gouverneur Geraldo Alckmin die Pläne zur Schließung von 92 Schulen vorerst auf Eis gelegt. Am Freitag (04.12.) kündigte der Gouverneur an, die Pläne zur Neustrukturierung des Schulnetzes auszusetzen. Zuletzt war es im Bundesstaat vielerorts zu Demonstrationen und Bestzungen von Straßen durch Schüler Weiterlesen...
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Notstand in Brasilien: Der fatale Mückenstich 
04.12.15

„Brasilien verzeichnet eine dramatische Häufung von Schädelfehlbildungen bei Säuglingen. Dahinter steckt offenbar das von Mücken übertragene Zika-Virus.“ (nzz.ch) Mehr auf der Internetseite der Neuen Zürcher Zeitung. Weiterlesen...
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Auf dem Weg von der Rezession in die Depression: Düstere Aussichten für Brasilien 
04.12.15

„Brasiliens Wirtschaft leidet insbesondere unter der politischen Führungslosigkeit. Die Aussichten auf eine baldige Besserung sind gering.“ (nzz.ch) Mehr auf der Internetseite der Neuen Zürcher Zeitung. Weiterlesen...
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Die brasilianische Krankheit 
04.12.15

„Der Rohstoff-Crash bringt auch Regierungen ins Wanken. Steht Südamerika vor einer politischen Zeitenwende?“ (capital.de) Mehr auf der Internetseite von Capital. Weiterlesen...
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Brasilien: Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff 
04.12.15

„Brasiliens Parlamentspräsident hat einem Verfahren zur Ablösung von Präsidentin Rousseff zugestimmt. Doch die Hürden für eine Amtsenthebung sind hoch.“ (tagesspiegel.de) Mehr auf der Internetseite des Tagesspiegels. Weiterlesen...
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Brasilien: Gnadenstoß für das Leben im Rio Doce 
04.12.15

„Schon vor dem verhängnisvollen Dammbruch am 5. November war der Fluss Rio Doce verdreckt und verseucht. Die toxischen Schlammmassen haben das letzte Leben im Fluss zerstört. Tonnenweise Fische sind verendet.“ (stuttgarter-zeitung.de) Mehr auf der Internetseite der Stuttgarter Zeitung. Weiterlesen...
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Brasilien: Showdown in Brasilia 
04.12.15

„Der Machtkampf in Brasilien spitzt sich dramatisch zu: Gelingt es dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses, die ungeliebte Präsidentin Dilma Rousseff durch ein Amtsenthebungsverfahren zu stürzen? Oder stürzt Rousseff vorher ihn selbst?“ (faz.net) Mehr auf der Internetseite der FAZ. Weiterlesen...
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