Karneval ist vorüber und Brasilien fängt an, zu arbeiten. Die Regierung von Präsident Bolsonaro hat dies schon vorher getan, auch wenn die nationale Presse und sonstige Medien anderes berichten. Kein Wunder, sehen Sie sich an, was unter FHC (Fernando Henrique Cardoso), Lula und Dilma für Regierungspropaganda ausgegeben wurde und was Bolsonaro als Budget (Werte in R$, brasilianische Billionen sind deutsche Milliarden) dafür geplant hat:
Klar, dass die Medien den neuen Präsidenten so schnell wie möglich wieder loswerden wollen, entgehen ihnen doch Milliarden, egal ob in R$, US$ oder € ausgedrückt!
Vergessen wir für einen Augenblick die Animositäten zwischen Bolsonaro und den Medien und den damit verbundenen Spiegelgefechtereien und wenden wir uns Wichtigem zu. Zum Beispiel dem Verhältnis Brasiliens zu den USA. Am 11.3.2019 wurde bekannt, dass letzte Woche - von den Medien völlig unbemerkt - das neue Abkommen über Technologieschutz unterschriftsreif verhandelt wurde und damit die Voraussetzung geschaffen wurde, die Raketenabschussbasis Alcântara kommerziell zu nutzen, z.B. für die Beförderung von Satelliten in eine Umlaufbahn um die Erde. Das hatte 2000 schon FHC versucht, war aber an den Parlamentsabgeordneten gescheitert, die die Souveränität Brasiliens gefährdet sahen. Am 19.3. soll das Abkommen von Bolsonaro und Trump im Weißen Haus unterschrieben werden. Damit ist auch eine Zusammenarbeit beider Staaten in der Raumfahrt möglich geworden.
Dass Bolsonaro Feinde nicht nur bei den Medien hat, muss seinen Wählern niemand erklären. Aber damit nicht genug, haben sich auch die die Staatsangestellten gegen ihn verbündet und wollen mit allen Mitteln verhindern, dass die von ihm ins Parlament eingebrachte Neuordnung der Altersversorgung durch die staatliche Rentenversicherung Realität wird. Denn dann würden sie Privilegien verlieren, von denen die Arbeitskräfte der Privatwirtschaft nur träumen können. Zum Beispiel die Regelung, dass die Pensionäre des Öffentlichen Dienstes ihr letztes Gehalt als Ruhestandbezüge weiterhin voll ausgezahlt bekommen und ihnen jede Erhöhung der Besoldung der Aktiven zu Gute kommt.
Die Regierung hat sich fest vorgenommen, mindestens 1 Billion R$ mit der Reform der Altersversorgung einzusparen. Man ist bereit, an einzelnen Regeln Korrekturen vorzunehmen, aber an diesem Zielwert will man festhalten. Dabei ist es lächerlich, ein Land mit den Problemen Brasiliens zu sehen, welches ein Mindestalter von 62 Jahren für Frauen und 65 Jahren für Männer für die Pensionierung nicht durchdrücken kann und in dem 55 jährige Rentner und Pensionäre gang und gäbe sind. Man muss sich nur die demografischen Werte Brasiliens ansehen, um sich auszumalen, wann das Land Pleite ist, dazu sind keine Kenntnisse der höheren Mathematik nötig. Den Gegnern der Rentenreform, die frühere Äußerungen Bolsonaros gegen eine solche als Argument verwenden wollen, sei gesagt, was Adenauer einmal gemeint hat. Nämlich sinngemäß, dass ihm niemand verbieten kann, schlauer zu werden. Und auch Bolsonaro hat schon öffentlich eingestanden, dass seine früheren Erklärungen nicht der Weisheit letzter Schluss waren.
Wenn das Ausland merkt, dass der Reformwillen Brasiliens nicht nur leeres Geschwätz ist, dann wird dieses Land sich nicht mehr retten können vor Investoren, die es nach Brasilien drängt. So hat z.B. Mauro Pentedao, Sozius der Anwaltskanzlei Machado Meyer und dort zuständig für Infrastrukturprojekte, nach einer road show in den USA geäußert, dass die gute Stimmung anfängt, an die Verhandlungstische zurückzukehren. Seine Kanzlei vermerke eine deutliche Zunahme des Interesses von Ausländern, in Brasilien zu investieren - alles hänge jetzt von der Zustimmung des Kongresses zur Rentenreform ab. Das Vertrauen der Investoren werde gestärkt durch die Qualität der Minister Bolsonaros, die klar auf einer wirtschaftsliberalen Linie lägen. Die Investoren würden Interesse an guten Geschäften in Brasilien haben und keinen Sektor bevorzugen, auch wenn besonderes Interesse an Infrastrukturprojekten und dem Einzelhandel bestünde. Noch im März würden wichtige Konzessionen von Flughäfen, Häfen und Eisenbahnen versteigert werden, von Geschäftsmöglichkeiten in den Sektoren Energie, Öl, Gas und Telekommunikation ganz zu schweigen und von der bevorstehenden Privatisierung der Eletrobrás und dem Desinvestitionsprogramm der Petrobrás.
Der Plan des Wirtschaftsministers Paulo Guedes, den Parlamentariern die Entscheidungsgewalt über den Bundes-, Bundestaats- und Kommunalhaushalt wieder zu geben, könnte ebenfalls stark zur Verstärkung der Regierungsinvestitionen beitragen. Heute ist ein Großteil der Regierungsausgaben auf allen Ebenen gesetzlich vorgegeben und nur über einen sehr kleinen Teil kann das Parlament und die Regierung frei entscheiden. Das führt dazu, dass Haushaltsmittel nicht nach Notwendigkeit verwendet werden, sondern nach früher vorgegebenen und heute festgeschriebenen Prozentanteilen am Haushalt, die auf die Ausgaben für die verschiedenen Ressorts angewandt werden. Der Bundeshaushalt Brasiliens beträgt 1,5 Billionen R$, ohne den Haushalt der Bundesstaaten und Kommunen. Allein die staatliche Rentenversicherung verschlingt 600 Mrd. R$ jährlich mit immer weiter steigenden Tendenz - Brasilien ist schon lange kein Land der jungen Einwohner mehr -; weitere 300 Mrd. R$ werden für die Bezüge der aktiven Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes aufgewandt.
Die Produktivität Brasiliens gibt Anlass zur Sorge. Es gibt natürlich Unternehmen mit hoher Produktivität, aber nicht genug, um die Produktivität spürbar ansteigen zu lassen. Hier hilft nur Modernisierung der Produktionsmittel, sei es in der Industrie, der Landwirtschaft oder dem Dienstleistungssektor. Wichtig ist dafür eine wirtschaftliche Öffnung Brasiliens, die die Unternehmen durch den dann spürbaren Wettbewerbsdruck von außen zur Modernisierung zwingen würde. Weitere wichtige Maßnahmen wären die Verbesserung der Infrastruktur und eine weitere Desregulierung des Arbeitsmarktes und eine Verminderung der Komplexität des Steuersystems und der Höhe der Steuern. Wie Bolsonaro sagt, weniger Brasília und mehr Brasilien! Dazu gehört natürlich auch der Verkauf fast aller Staatsunternehmen an den Privatsektor und nicht wie in der Vergangenheit an Staatsfirmen anderer Länder. Das versteht der Präsident nicht unter Privatisierung. Von dieser aussparen will er im wesentlichen nur die Petrobrás, die Banco do Brasil und die Caixa Econômica Federal.
Lassen wir uns positiv überraschen und hoffen wir, dass der Bürgersinn die Oberhand über die egoistischen Interessen von Gruppen gewinnt und auch behält. An dieser Stelle will ich ausdrücklich die Gewerkschaften erwähnen, deren Funktionäre bis vor kurzem nur sich selbst und nicht ihre Mitglieder vertraten. Das war möglich, weil sie den Gegenwert des Verdienstes eines Arbeitstages jeden Werktätigen Brasiliens erhielten, ohne Rechenschaft - Lula sei Dank - über die Verwendung dieser Milliarden R$ ablegen zu müssen. Damit ist nach der ersten Reform der Arbeitsgesetzgebung Schluss, was wir dem vielgeschmähten Übergangspräsidenten Temer zu verdanken haben. Die Arbeitgeber dürfen jetzt nicht mehr einfach den Verdienst eines Arbeitstages an die Gewerkschaften überweisen, was früher geschah, ohne die Arbeitnehmer zu fragen. Heute zahlt der Arbeitnehmer freiwillig seinen Beitrag an seine Gewerkschaft und muss seiner Bank dazu extra einen Auftrag erteilen, es gibt keinen Automatismus mehr. Fazit? Die Gewerkschaften entlassen Mitarbeiter, verkaufen Immobilien, verkleinern ihre Geschäftsführung und fusionieren mit anderen Gewerkschaften und versuchen, Mitglieder zu werben und durch erbrachte Dienstleistungen zu halten. Mit anderen Worten, sie handeln wie Unternehmer.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen