30 März 2019

SWOT-Analyse Brasiliens

Was ich hier geschrieben habe, kann natürlich noch verfeinert und ergänzt werden:
Brasilien war in den früheren 50er Jahren nach dem Krieg Wunschtraum vieler deutscher Unternehmer, in dieser Zeit kamen Firmen wie Volkswagen und Mercedes in Brasilien an und brachten hunderte Zulieferer im Schlepptau mit, andere wie Siemens, die heute schon über 100 Jahre in Brasilien tätig sind, verstärkten ihre Aktivitäten wieder. Heute sind ungefähr 1500 deutsche Firmen in Brasilien ansässig, aus allen Bereichen und in allen Größenordnungen. Praktisch alle DAX-Unternehmen haben Niederlassungen hier, aber auch viele Mittelständler haben sich in Brasilien angesiedelt. EUROLATINA hat dazu beigetragen, als Leiter des ehemaligen Firmenpools Brasilien / Mercosur der IHK Essen habe ich allein ca. 300 deutschen Unternehmen geholfen, in Brasilien Fuss zu fassen oder zu erkennen, dass dies kein Markt für sie ist. Seit 25 Jahren gründen wir für ausländische Firmen Niederlassungen in Brasilien und bauen diese auf und verwalten sie. Deshalb sind uns die Probleme, die in obiger SWOT-Analyse dargestellt sind, aus der Praxis wohlbekannt. 

Die GTAI schreibt über Brasilien: "Brasilien ist sowohl in Bezug auf die Fläche als auch hinsichtlich der Einwohnerzahl das fünftgrößte Land der Welt. Von der schweren Rezession erholt sich die Wirtschaft nur allmählich. Brasilien bleibt aufgrund des riesi­gen Binnenmarktes und seiner breit aufgestellten Industrie ein bedeutendes Exportziel und ein wichtiger Pro­duktionsstandort für die deutsche Industrie." Das kann nur unterstrichen werden!

Wenn man der in- und ausländischen Presse heute über Brasilien liest, erhält man den Eindruck, dass eine Bande von Hasadeuren, angeführt von einem unfähigen Präsidenten, das Land in den Abgrund führt. Dem ist nicht so! Brasilien wird von einem Präsidenten, der politisch höchst unkorrekt ist, auf einen steinigen Weg gebracht, der aus der Misere, in die uns 13 Jahre sozialistische Staatsführung gebracht haben, herausführt. Aber nicht nur das, auch die in fünf Jahrhunderten geschaffenen Privilegien einer Oligarchie will er abschaffen, was naturgemäß auf erbitterten Widerstand stößt. 

Die Presse im Verein mit dem OAB und anderen Kräften schreckt dabei selbst vor Geschichtsfälschung nicht zurück und eine Richterin verbot sogar, dass das Militär an die Regierungsübernahme 1964 erinnert - einen Putsch dürfe man nicht feiern. Bolsonaro, der die damalige Intervention der Militärs verteidigt, wird deshalb bei der UNO angeschwärzt. Heute erhielt ich dazu folgende Zeitungsausschnitte und Bilder:





Wenn das Militär damals nicht eingeschritten wäre, wäre Brasilien mit großer Wahrscheinlichkeit von den Kommunisten übernommen worden und wir hätten heute Verhältnisse wie in Kuba oder Venezuela. Dass dem nicht so ist, hat Brasilien seinen Militärs zu verdanken, die damals von einem Großteil der Bevölkerung gerufen wurden! Aber das auszusprechen, ist politisch genauso wenig korrekt, wie daran zu erinnern, dass Pinochet nach seiner diktatorischen Regierung in freier Wahl zum Präsidenten Chiles gewählt wurde. Auch hier wurde verhindert, dass ein Land kommunistisch wurde.

Wer Portugiesisch versteht, kann hier https://twitter.com/jairbolsonaro die Tweets des Präsidenten direkt lesen und sich selbst seine Meinung aus erster Hand bilden.

Wie sollte man jetzt die obige SWOT-Analyse interpretieren?
  • Brasilien will in die OECD aufgenommen werden und ein Freihandelsabkommen mit der EU unterzeichnen; mit Chile wurde ein Handelsabkommen am 21.11.2018 schon unterschrieben, jetzt wird die Annäherung an die von der PT verteufelten USA betrieben, ohne China zu vernachlässigen oder zu verprellen.
  • Die Inflation ist seit längerer Zeit auf einem Rekordniveau, aber auf einem niedrigen! Das erlaubte es, den Leitzins seit März 2018 bei 6,5% zu halten, ebenfalls ein Rekord. Jetzt fehlt die angestrebte Unabhängigkeit der Zentralbank, um auch die Schuldzinsen für natürliche und juristische Personen zu reduzieren. Dazu muss allerdings auch die Staatsverschuldung abgebaut werden, denn der größte Kreditnehmer Brasiliens ist der brasilianische Staat selbst - deshalb sehen die Banken keinerlei Notwendigkeit, die Schuldzinsen für Bürger und Firmen zu senken - bisher!
  • Un die Staatsverschuldung zu reduzieren, muss die Rentenreform realisiert werden. Darüber hatte ich schon ausführlich geschrieben, deshalb hier nur der Hinweis, dass mächtige privilegierte Gruppen alles versuchen, diese Reform zu torpedieren. Und dass der Parlamentspräsident von Bolsonaro in einem Ton, der an einen Zickenkrieg erinnert, mehr Dialogbereitschaft und Einsatz fordert und ihm vorwirft, dem Parlament (und dem Senat) die Verantwortung für die Reform, die eine Verfassungsänderung bedingt, aufzubürden, hilft auch nicht gerade. Dabei stellt sich die Frage, was Bolsonaro denn verhandeln soll? Geht es wieder um das berühmte "Was gibts Du mir, was geb ich Dir"? Bolsonaro hat mit seinem Wirtschaftsminister den Reformvorschlag eingebracht, jetzt ist es Sache des Parlamentes, diesen zu diskutieren und dann darüber abzustimmen, mit oder ohne Änderungen. So einfach sollte es sein. Aber wer schon immer daran gewöhnt war, als Abgeordneter für jedes Zugeständnis gegenüber der Regierung, in welcher Form auch immer, belohnt zu werden, hat es natürlich schwer, auf einmal seine lieb gewordenen "Rechte" aufzugeben.
  • Die Rentenreform ist allein aus demografischen Gründen überfällig und unvermeidlich. Zusätzlich muss Bolsonaro seinen bereits begonnenen Abbau des aufgeblähten Beamtenapparates fortsetzen. Auch dem wird natürlich Widerstand entgegengesetzt. Die Schuldenquote des Staates beträgt aktuell 87% der BIP, das ist für ein Schwellenland viel zu hoch; die Situation war vor der PT-Regierung wesentlich besser.
Langer Rede kurzer Sinn, Brasilien steht vor einem Umbruch. Wenn es der Regierung gelingt, alle Brasilianer, nicht nur die Wähler Bolsonaros, davon zu überzeugen, dass der jetzt eingeschlagene Weg richtig ist, dann sollten die, die als ausländisches Unternehmen noch keine Geschäfte mit oder in Brasilien machen, sich beeilen, um den Anschluss nicht zu verpassen! Springen Sie auf den Zug auf, er fährt schon!

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