Agnelli, der VALE-Chef, forderte bereits von der Regierung eine Flexiblisierung der Arbeitsgesetzgebung, um den Firmen eine schnelle und kostenguenstige Loesung ihrer Auslastungsprobleme zu ermoeglichen. Denn - kommen wir zurueck auf die Autohalden - viele Firmen sind von einem Absatzeinbruch ueberrascht worden und konnten ihre Produktion nicht rechtzeitig drosseln. Das Ergebnis sind unerwuenschte Fertigwarenbestaende. Und wenn die Pipeline nicht zugemacht wird, fliessen immer mehr Rohstoffe und Halbfertigwaren von den Lieferanten in die verarbeitende Industrie, die dann zwar mangels Kaeufer nicht mehr auf Halde fertigt, aber ihre Mitarbeiter in Urlaub schickt, wenn nicht sogar entlaesst. Wenn spaeter die Nachfrage wieder anzieht, kann sie wahrscheinlich nicht befriedigt werden, weil die erwahnten Lieferanten auch Leute, wenn auch spaeter als ihre Kunden, abgebaut haben und nicht sofort lieferfaehig sind. Und wegen der gebrannten Kinder, die das Feuer scheuen, haben dann die Fabriken der verarbeitenden Industrie auch zunaechst ihre Vorraete aufgebraucht und zu spaet nachbestellt. Was zu erhoehten Bestellungen fuehren kann, wodurch sich spaeter Bestaende aufbauen, weil die Nachfrage nicht echt war...
Diesen Zyklus kann man im klassischen Buch "System Dynamics" von Prof. J. W. Forrester vom MIT in etwa nachlesen. Ich habe Anfang der 70er Jahre das Glueck gehabt, damit und dem zugehoerigen Simulationssystem arbeiten zu koennen und dabei Prof. Gert von Kortzfleisch von der Uni Mannheim kennenzulernen. Bei WIKIPEDIA koennen Sie ueber ihn u.a. lesen: "1968 war er am Massachusetts Institute of Technology tätig, von dort zurückgekehrt führte er das Gedankengut der Systemdynamik in Deutschland ein. Unter seinen Schülern sind insbesondere Erich Zahn und Peter Milling als Co-Autoren der Studie Grenzen des Wachstums zu nennen."
Da bleibt nur zu hoffen, dass unsere Wirtschaftsfuehrer dieses Gedankengut auch verinnerlicht haben und anwenden. Womit leider nicht zu rechnen ist, wissenschaftliche Methoden sind in der Politik wie die Logik meist nicht gefragt und in der Wirtschaft legt man Wert auf die Praxis: Theorie - vor allem, wenn sie schwerverstaendlich ist, wird als wenig nuetzlich abgetan.
Nun, die Praxis sieht so aus:
- Das Co-makership der Kfz-Industrie funktioniert nicht; wenn es hart auf hart kommt, springt der Lieferant ueber die Klinge nach den Motto "lieber er als wir"
- Beweis (einer unter vielen): die Aussage eines Einkaufvorstandes der Kfz-Industrie mir gegenueber, wenn man Verlust mache, muessen dies die Lieferanten ebenfalls tun
- Im November 2008 hatten laut einer FGV - Umfrage 32 % der brasilianischen Fahrzeugindustrie Ueberbestaende, vor einem Jahr waren es 0 %
- Bei den Zulieferanten sieht es aehnlich aus, die Zahlen sind 17 und 3 %
- Der Stahlhersteller CSN hatte bis September keine aufgelaufenen Fertigwarenbestaende, was produziert war, verliess den Hof in Richtung Kunden. Jetzt schaetzt der Firmenchef Benjamin Steinbruch, dass man zum Jahresende einen Fertigwarenbestand in die Bilanz aufnehmen muss, der einem normalen Zweimonatsbedarf entspricht. Wobei die Frage offenbleibt, was normal ist.
- Die Zahl trifft uebrigens auch auf die Autobauer in Brasilien zu, augenblicklich haben sie mit ueber 300.000 fertigen Fahrzeugen auf ihren Hoefen genug fuer den "normalen" Zweimonatsbedarf.
Zum Trost die Worte einer nach der Krise befragten Kundin in einer populaeren, d.h. preisguenstigen Einkaufsstrasse fuer Konsumenten der Klasse C, D und E in São Paulo: "Krise? Welche Krise?" Ihr Wort in Gottes Ohr!
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