16 Oktober 2011

Von Maßstäben

Sie wissen doch, eine Flasche in der Firma ist absolut gesehen wenig, aber eine im Vorstand ist relativ viel. So ist auch mit dem Wachstum. Es ist eine beliebte Übung Berufener und Unberufener, das BIP-Wachstum für das nächste Jahr vorherzusagen. Dass es dabei immer um den Begriff Wachstum geht, ist wahrscheinlich Politikern zu verdanken, denn diese sprechen ja auch vom Nullwachstum oder von einem negativen Wachstum, um vor dem dummen (?) Wahlvolk einen Rückgang zu verschleiern. Also sollte man eigentlich nicht von Wachstum sprechen, sondern von einer Veränderung zum (meist) Vorjahr. Und wenn diese Änderung einen hohen Wert in Prozent(punkten) ausweist, wird in Jubel ausgebrochen. Nun denn, das höchste Wachstum wird 2011 mit 18,7 % in Qatar erwartet, gefolgt von Ghana mit 13,5 % und der Mongolei mit 11,5 %. Sehr schön, relativ gesehen, aber unbedeutend, wenn man die Werte absolut betrachtet. Das Welt-BIP wuchs übrigens 2010 um 5,1 %; 2009 war es noch um 0,7 % geschrumpft.

Und wie steht es um Brasiliens BIP? Zunächst wurden 5,5 % für 2011 vorhergesagt, jetzt sind es nur noch 3,5 bis 3,8  %. Aber Argentiniens BIP soll um 8 % wachsen und das Chiles um 6,5 %, also erheblich mehr als Brasiliens BIP. Dazu muss man aber wissen, dass das BIP des Bundesstaates São Paulo ungefähr dem von Argentinien entspricht und das der Stadt São Paulo dem von Chile. Das in die richtige Relation gerückt, erlaubt einen Blick auf die voraussichtliche BIP-Änderung der G-20 - Staaten (Im "Estado de São Paulo" vom 16.10.2011 habe ich nur diese 19 gefunden):
  • 9,5 % China
  • 8,0 % Argentinien
  • 7,8 % Indien
  • 6,6 % Türkei
  • 6,5 % Saudiarabien
  • 6,4 % Indonesien
  • 4,3 % Russland
  • 3,9 % Südkorea
  • 3,8 % Brasilien 
  • 3,8 % Mexiko
  • 3,4 % Südafrika
  • 2,7 % Deutschland
  • 2,1 % Kanada
  • 1,8 % Australien
  • 1,7 % Frankreich
  • 1,5 % USA
  • 1,1 % Vereinigtes Königreich
  • 0,6 % Italien
  • - 0,5 % Japan
Wie man sieht, wächst in Japan das BIP nicht, sondern geht 2011 zurück; kein Wunder nach den Katastrophen, die das Land dieses Jahr heimsuchten. Im Vergleich von 193 Ländern lag Brasilien mit 7,5 % letztes Jahr auf dem 31. Platz, 2011 reicht es wahrscheinlich nur zum 97. Platz. Interessant fand ich die Begründung von Professor Grisi der FIA für das schlechte Abschneiden Brasiliens im Vergleich zu anderen südamerikanischen Ländern; der sagte nämlich, dass Chile ein Land mit einer profunden Ausbildung sei und seine Wirtschaft weit geöffnet habe, Peru habe wichtige Reformen durchgeführt - im Gegensatz zu Brasilien, füge ich hinzu. Alexandre Chaia, Professor  des INSPER, führte beim Vergleich der BRIC-Staaten aus, dass Brasiliens schlechtes Abschneiden gegenüber China und Russland damit zu begründen sei, dass Brasilien demokratischer sei. 

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