04 Mai 2006

Blick zurück: BRASILIEN AKTUELL im April 2005

Kommentar

Nachdem die Handelsbilanz weiterhin günstig ist, bestätigt auch der Minister für Entwicklung, Industrie und Außenhandel, daß der dem US - Dollar gegenüber erstarkte Real (sooo stark ist er auch wieder nicht!) dem Export nicht geschadet hat. Allerdings haben die Exporte von Schuhen und Kraftfahrzeugen schon zu leiden, aber immerhin konnten 2004 weitere 1.000 brasilianische Firmen der Exportliga beitreten und weitere 600 Produkte der Liste der exportierten Güter hinzugefügt werden. Um am Ende der ersten Aprilwoche mit nur einem Arbeitstag in diesem Monat betrug der Handelsbilanzüberschuß des laufenden Jahres schon 8,612 Mrd. US$. Der Export erreichte 25,039 und der Import 16,427 Mrd. US$, gegenüber dem vergleichbarem Vorjahreszeitraum ein Zuwachs von + 25,1 bzw. + 19,2 %. Beim Import machte sich stark der Stahl bemerkbar, kein Wunder bei den in Brasilien zu verkraftenden Preiserhöhungen.

Und solche Preiserhöhungen nimmt der Zentralbankrat zum Anlass, den Leitzins auch im April zu erhöhen, auf 19,5 % im Jahr. Wobei man sich fragt, was damit bewirkt wird, denn die Inflation wird nicht zuletzt von Preiserhöhungen für Dienstleistungen des Staates (die Preiserhöhung der Omnibusfahrkarten in São Paulo im März machte 0,47 % - Punkte der Monatsinflation von 0,81 % aus!) auf allen Verwaltungsebenen angeheizt. Und diese werden u.a. deshalb teurer, weil jede Leitzinserhöhung auch die Staatsverschuldung erhöht und deshalb der öffentlichen Hand das Geld ausgeht. Und weil man die Steuern nicht unbegrenzt erhöhen kann, wenn man die Wiederwahl Lulas 2006 nicht gefährden will, kommt man eben über höhere Preise besagter Dienstleistungen an das Geld der jetzt schon überforderten Steuerzahler.

Der weiterhin steigende Leitzins hat übrigens auch zu dem unerwünschtem Effekt geführt, daß die Investitionsneigung der brasilianischen Unternehmer abgenommen hat. Zahlen darüber liegen aber nur für 2004 vor. Der Wert der angekündigten Investitionssumme im Zeitraum Juni bis August nahm danach laut dem MDIC - Ministerium für Entwicklung, Industrie und Außenhandel in den letzten drei Monaten des Jahres relativ um 26,5 % bzw. absolut um 8,295 Mrd. US$ ab.

Die Prioritäten der Regierung sieht man auch an den Bemühungen Lulas, den Handelsaustausch mit afrikanischen Staaten zu intensivieren. Hier folgen zur richtigen Einschätzung dieser Bemühungen die Weltimporte 2004:

Mrd. US$ %
Welt gesamt 9.125 100,0
Nafta 2.010 21,8
USA 1.526 16,6
EU 3.784 41,1
Asien 2.214 24,0
japan 455 4,9
China 561 6,1
Indien 94 1,0
Mercosur 94 1,0
Brasilien 66 0,7
Rest der Welt 1.113 12,1

Diese Zahlen wurden am 14.4.2005 von der Welthandelsorganisation veröffentlicht und sind vielleicht der brasilianischen Regierung noch nicht gezeigt worden. Was übrigens die Regierung behindert, ist u.a. der Mangel an Mut, dem argentinischem Partner auf die Zehen zu treten. Dieser ließ nämlich 2004 die Verhandlungen zwischen der EU und dem Mercosur platzen, weil man sich nicht auf freie Handelsbeziehungen vorbereitet fühlt. Und leider wird nicht viel getan, um diesem Mangel an internationaler Wettbewerbsfähigkeit abzuhelfen. Nur gut, daß brasilianische Firmen vermehrt ihre Konkurrenz in Argentinien aufkaufen.

Wo importiert wird, muß in einem geschlossenem System auch exportiert werden. Trotz des unzweifelhaften Erfolges brasilianischer Firmen im Export blieb Brasilien auf dem 25. Platz in der Weltrangliste der Warenexporteure (d.h. ohne Dienstleistungen) stehen, beim Import rückte Brasilien vom 30. auf den 29. Platz:



Tourismus

Um 100.000 neue Besucher jährlich anzuziehen, soll es zum Jahresende täglich 14,5 h - Flüge der Gesellschaft Emirates Airlines zwischen Dubai und São Paulo geben. In 2004 kamen nur 29.400 Touristen aus dem Mittlerem Osten nach Brasilien. 4,13 Mrd. US$ bzw. 5 % des brasilianischen Exportes gehen heute in Länder der Arabischen Liga, verschwindend wenig, denn der Gesamtimport dieser Länder erreicht 1 Billionen US$ jährlich.

Chemie

Die hohen Erdölpreise schlagen ab April auf die Petrochemie durch, was sich wegen der Massenproduktion in Asien von Kunststoffteilen und der dadurch niedrigeren Rohmaterialkosten so auswirken kann, daß Brasilien solche Produkte künftig importiert. Denn daß Brasilien über den Volumeneffekt günstiger Rohmaterial einkaufen und selbst Kunststoffprodukte exportieren könnte, wird von den Pessimisten im Lande nicht in Erwägung gezogen. Im Gegenteil, diese denken schon über den Import von Plastiktaschen nach. Und nicht über deren Ersatz durch wiederverwendbare Leinenbeutel.

33,7 % der Verpackungen für eßbare Öle sind heute aus Kunststoff (PET), die Hersteller traditioneller Dosenverpackungen haben damit in den letzten sechs Jahren 16 % ihres Marktes verloren. In 2004 wurden laut datamark 2,393 Mrd. Liter zu 65,7 % in Dosen und zu 33,7 % in Plastikflaschen abgepackt, aber fragen Sie mich bitte nicht nach den fehlenden 0,6 %. Brasilien muß laut Abipet (Assoiação Brasileira da Indústria de PET) zur Bedarfsdeckung 50.000 Tonnen Kunstharz einführen und es soll weitere Herstellungskapazität im Lande geschaffen werden.

Pharmasektor

Beim Besuch einer brasilianischen Pharmafirma mit einem Jahresumsatz oberhalb 200 Mio. US$ wurden meinem deutschem Kunden und mir vom geschäftsführenden Gesellschafter im April die über 50 laufenden Forschungsprojekte erläutert. Die überaus erfolgreiche Firma greift Themen auf, die sogar Multis animieren, sich an diesen Projekten zu beteiligen. Es geht vor allem auch um die Nutzung des Potentials einheimischer Pflanzen für neue Medikamente. Hier gibt es noch viele ungenutzte Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen deutschen und brasilianischen Laboratorien.

Maschinenbau

Am 9.5.2005 öffnet die Feimafe ihre Pforten. Im nächsten Beitrag über den brasilianischen Maschinenbau werde ich über diese Messe berichten.

Stahl

Am 6.4.2005 warnte der Exekutivsekretär der brasilianischen Außenhandelskammer Camex, Mário Mugnaini, daß der Stahlsektor für Importe völlig geöffnet würde, wenn es weiterhin Hinweise auf Preismißbrauch und Unterversorgung gäbe.

Erdölindustrie

Die brasilianische Erdölförderung hat am 6.4.2004 erstmalig 1,7 Mio. barrels am Tag überschritten, der mittlere Verbrauch liegt in 2005 ca. bei 1,8 Mio., der Zeitpunkt der kompletten Selbstversorgung rückt näher.

Agrobusiness

Vom 12. bis 21. Mai 2005 findet in Ribeirão Preto die Agrishow statt, zu der die Bank Santander 40 Mio. R$ für Kredite zum Kauf von Landwirtschaftsmaschinen freigibt. Weitere 100 Mio. R$ für diesen Zweck stammen vom Finame - Programm. Das Agrobusiness leidet zur Zeit unter Trockenheit und fallenden internationalen Preisen für Agrarprodukte. Trotzdem will Santander 2005 ca. 2,5 Mrd. R$ für das Agrobusiness freigeben, während es im Vorjahr nur 2 Mrd. R$ waren.


Südkorea wird ab 31. Mai brasilianische Hähnchen und Hähnchenfleisch kaufen. Bis jetzt haben die Firmen Sadia, Seara, Frangosul und Perdigão eine Exportgenehmigung erhalten. In den ersten 12 Monaten werden wahrscheinlich 80.000 Tonnen im Wert von 80 Mio. US$ von den brasilianischen Firmen geliefert werden. Brasilien ist der weltgrößte Exporteur auf diesem Gebiet.

Schiffsbau

Als Präsidentschaftskandidat hatte Lula noch scharfe Kritik am Kauf von Erdölförderplattformen im Ausland geübt. Heute will die staatliche Petrobrás drei offshore - Plattformen aus dem Ausland beziehen, eine davon aus China. Begründung: In Brasilien seien diese nicht so schnell zu bekommen, wie man sie benötigt, die einheimischen Werften hätten keine Kapazität dafür frei. Ein Kommentar erübrigt sich. Schade, daß Politiker so oft meinen, ihre Wähler seien Kleinkinder, denen man nicht die Wahrheit sagen und mit Logik kommen dürfe.

Stromsektor

Wir mußten schon Strom sparen, aber trotzdem werden gewaltige Subsidien gezahlt, um die Lücke zwischen der erzeugten und verbrauchten Elektroenergie geldmäßig zu schließen. Diese "Unterstützung" belief sich in den letzten Jahren auf folgende Werte:

1999 2000 2002 2002 2003 2004
Mio.R$ 488,1 675,9 918,2 1.156,2 2.219,3 3.132,4


Im Mittel wurde von den Thermokraftwerken im Norden (Ausnahme Enersul, Wert in den anderen Regionen Brasiliens 15 %) 33,01 % mehr Energie erzeugt als verbraucht, die Einzelwerte sind:

%
Ceam (Amazonas) 45,34
CER (Roraima) 38,29
Ceron (Rondônia) 35,84
CEA (Amapá) 34,44
Eletroacre (Acre) 32,99
Manaus Energia 32,59
Boa Vista Energie 25,67
Coelba (Bahia) 21,16
Celpa (Pará) 14,92
Jarí Celulose 12,49
Cemat (Matogrosso) 10,25
Enersul (Matogrosso do Sul) 8,69

Von den gezahlten 3,1 Mrd. R$ Subsidien wurden ca. 1 Mrd. R$ für Energie ausgegeben, die nie beim Verbraucher ankam. Anstelle Stromzähler zu installieren, sollte man besser mehr Mitarbeiter für Staatsanwaltschaft und Rechnungshöfe bewilligen.

Informationstechnologie

Weniger als 1 % der ungefähr 400.000 im Einsatz befindlichen Traktoren haben einen Bordcomputer in Brasilien, bei den 60.000 Erntemaschinen sind es immerhin schon 4 bis 5 %. Zur Ausrüstung einer guten Erntemaschine gehört heute mindestens auch in Brasilien GPS, Satellitentelefon und Bordcomputer. Dedini z.B. spart pro Ernte durch den Einsatz von IT ca. 9 Mio. Liter Dieselöl. Zur Zeit haben von den 450 landwirtschaftlichen Maschinen und Lkws der Dedinigruppe 100 eine IT - Ausrüstung, weitere 100 werden gerade in Pirassununga nachgerüstet. Erstaunlich, daß die mit Laservermessung und computergestützter Schnittoptimierung versehenen Blockbandsägen von Nienkämpfer in Brasilien noch keinen Abnehmer gefunden haben, die hiesigen Sägewerkbetreiber sehen offensichtlich noch nicht den Nutzen von IT. Nur am Rande sei bemerkt, daß die Ghanesen ihn schon erkannt und über 100 Anlagen gekauft haben.

Kfz - Hersteller und -Zulieferer

Die Nachricht vom 1. April, daß DaimlerChrysler die Produktion der A-Klasse in Juiz de Fora im August aufgeben und den SmartFormore dort nicht bauen wird, war leider kein Aprilscherz. Die Zulieferer ThyssenKrupp, Johnson Controls, Lear, Aethra und Decoma/Magna kündigten daraufhin an, daß man in den nächsten Wochen ebenfalls die Aktivitäten für dieses Werk mit 1.100 Mitarbeitern, welche zur Zeit 20 Stunden in der Woche arbeiten, einstellen und damit auch die dort beschäftigten ca. 200 Mitarbeiter der Zulieferer entlassen werde. Das ist das vorläufig unrühmliche Ende für ein Werk, welches erst 1999 eingeweiht worden war. Die Fabrik war mit massiver, auch finanzieller Unterstützung (in Form von Steuervergünstigungen) der Regierung gebaut worden.

Am 7.4.2005 verkündigte Fiat in Italien, daß man 1,3 Mrd. R$ (380 Mio. €) im brasilianischem Werk in Betim von 2005 bis 2007 investieren wolle. Das Geld soll für die Entwicklung neuer Fahrzeuge und Technologien verwendet werden. 2004 hatte Fiat in Betim 350.000 Fahrzeuge produziert, aber 460 Mio. R$ Verlust eingefahren. Dieser Verlust ist auf Rückstellungen in Höhe von 740 Mio. R$ zurückzuführen, ohne diese wäre ein Gewinn von 280 Mio. R$ erzielt worden. Das Brasiliengeschäft macht für die Fiatfahrzeuggruppe 20 % des Weltgeschäftes aus. Letztes Jahr hat die brasilianische Fiat mit 478 Mio. US$ 44 % mehr exportiert als im Jahr zuvor.

Michelin wird eine Fabrik in Rio für 200 Mio. US$ bauen, die Ende 2007 die Produktion mit 400 Mitarbeitern aufnehmen soll. Bridgestone Firestone baut für 280 Mio. US$ bereits an einer neuen Fabrik in Camaçari, die in zwei Jahren fertig sein soll. Continental baut ebenfalls in Camaçari eine Fabrik für 260 Mio. US$, deren Produktion ab Ende 2006 zu 90 % exportiert werden soll. Goodyear investiert 120 Mio. US$ in den Ausbau der Fabrik in Americana. In 2004 hat die brasilianische Reifenindustrie 52 Mio. Reifen produziert.

Am 14.4.2004 wurde der Kaufvertrag für die MWM Motores in São Paulo unterschrieben, der neue Eigentümer International aus Canoas formte daraus die MWM International Indústria de Motores Ltda. mit einem Umsatz von heute 600 Mio. US$ und einem Umsatzziel für 2010 von 1 Mrd. US$, wobei davon 40 % exportiert werden sollen. Die neue Firma hat bei in Brasilien hergestellten Dieselmotoren einen Marktanteil von 53 %. die Gesamtproduktion Brasiliens wird dieses Jahr ca. 300.000 Einheiten betragen. Der bisherige MWM - Eigentümer Heinz Hermann Thiele, dem auch die Knorr Bremse gehört, informierte die wichtigsten Kunden persönlich vom Verkauf.

Dana wird in der Fabrik in Campo Largo 3 Mio. R$ für ein neues Gebäude investieren und 60 zusätzliche Mitarbeiter einstellen, um für 1.157 Volvobusse, die für Chile bestimmt sind, Chassis zu bauen.

São Paulo ist immer noch der stärkste Bundesstaat, was die hiesige Automobilproduktion angeht, wenn auch der Anteil gegenüber den Vorjahren kontinuierlich gesunken ist:



Getreu dem Prinzip "Wes Brot ich eß, des Lied ich sing", ging auch der Anteil der Zulieferer, die vor zehn Jahren zu 86,3 % im Bundesstaat São Paulo beheimatet waren, auf heute 72,5 % zurück. Follow Source und Just in Time forderten ihren Tribut.

Der März 2005 ist der beste Monat in der Geschichte der brasilianischen Autoindustrie gewesen. Die Rekordwerte waren 936,4 Mio. US$ Export und 218.600 produzierte Fahrzeuge. Im März 2005 wurden 30 % mehr Fahrzeuge abgesetzt als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Mit Glück werden sich diese Werte weiter verbessern, wenn VW den Fox für 8.950 € ab April nach Europa exportiert. Wobei laut "Estado de São Paulo", unserer hiesigen FAZ, der Wagen in Kopenhagen - Schweden offiziell lanziert wird. Hoffentlich sind die Dänen damit einverstanden. Weitere Zahlenwerte dazu finden Sie beim Kfz - Herstellerverband ANFAVEA.

In 2004 stieg die Weltfahrzeugproduktion um 5,6 %, die Südamerikas aber um 24 %. Allerdings machte der Anteil Südamerikas nur 4 % der weltweit gefertigten 63,9 Mio. Autos aus. Brasilien liegt jetzt mit 2,2 Mio. Fahrzeugen auf dem neuntem Platz, vor Großbritannien mit 1,85 Mio. Einheiten.

Infrastruktur und Private Public Partnership

Am 4.4.04 verkündete das Transportministerium die Vergabe von Konzessionen für insgesamt 3.000 km Bundesstraßen und BAB an, was den Gewinnern innerhalb der 25 Jahre Gültigkeitsdauer ca. 13 Mrd. R$ Investitionen abverlangen wird. Die Verträge für die wichtigen BAB Fernão Dias (São Paulo - Belo Horizonte) und Régis Bittencourt (São Paulo - Curitiba) sollen bis Oktober unterzeichnet werden.

Bergbau

Eisenerz ist teu(r)er geworden, die CVRD erhöhte die Preise um 71 %. Und da das Erz am Preis eines Rohbleches 8 bis 10 % ausmachen soll, kann man sich die Auswirkungen denken. Allerdings sind diese angeblich nicht so gravierend wie man annehmen könnte, wenn man die oft zitierten 33 % hört, denn ein Auto habe laut IBS - Instituto Brasileiro de Aço nur einen Masseanteil von 400 kg Flachstahl und 150 kg anderen Stahl, was 1.100 R$ entspräche bzw. 6,4 % dieses Fahrzeuges. Wobei das IBS sicher nicht Ausschuß und Schrott (Stanzreste, Späne...) berücksichtigt hat und ebensowenig offensichtlich Gußeisen (Motorblock...), die ja auch aus dem Eisenerz stammen. Und Masse und Wert müssen auch nicht konform gehen, wenn man Äpfel mir Birnen vergleicht.

Die CVRD hatte letztes Jahr schon ein außergewöhnlich gutes Resultat zu verzeichnen (12,2 Mrd. R$ liquide Mittel und 6,46 Mrd. R$ Gewinn), dieses Jahr sollen diese Werte noch übertroffen werden. Allein in 2005 sollen 3,3 Mrd. US$ investiert werden.

Interessantes

Im ersten Vierteljahr 2005 betrug die mittlere Monatsfluktuation der brasilianischen Arbeitnehmer mit formalem Anstellungsverhältnis 3,93 %, was einem Jahreswert von 47,16 % entspricht! Diese Zahl vermittelt einen falschen Eindruck, weil viele Arbeitnehmer mehrmals im Jahr den Arbeitgeber wechseln, meist gezwungenermassen, weil sie entlassen wurden. Die mittleren Monatsbezüge der Entlassenen betrugen 2.443,23 R$, der Eingestellten 388,50 R$. Für eine sozialistische Regierung eigentlich ein sehr bedenkliche Entwicklung, aber die Alarmglocken schrillen noch nicht, denn die Politiker und der öffentliche Dienst sind offensichtlich nicht von ihr betroffen.

Die Überziehungszinsen betrugen im April im Mittel 8,24 %, aber im Monat!

Das Parlament geht jetzt gegen den in Brasilien weit verbreiteten Nepotismus vor, wobei der Abgeordnete Jaír Bolsonaro meinte, daß es auch verboten sein müßte, seiner Geliebten einen Posten im öffentlichen Dienst zu verschaffen, schließlich wisse jeder, daß dies heute zur Praxis gehöre.

Amir Khair, früherer Finanzchef der Stadt São Paulo, veröffentlichte eine Studie über Steuern und verglich die Daten von 119 Staaten von 2002. Die Steuerlast in entwicklungsmäßig mit Brasilien vergleichbaren Ländern betrug im betrachtetem Jahr 21,2 %, in Brasilien waren es 35,8 %. Der Anteil der Lohnsteuer in Brasilien betrug dabei 6,7 %-Punkte, während es in Asien 1,1 und in Afrika 0,9 % waren. Von allen 119 untersuchten Ländern war nur Schweden mit 6,9 %-Punkten noch unbarmherziger als Brasilien. Der Anteil der Verbrauchssteuern war in Brasilien 47,2 % des Gesamtsteueraufkommens, der Wert für die anderen Länder lag bei 28,6 %.

Die brasilianische Regierung hat im April für die Stammzellenforschung einmalig 10 Mio. R$ freigegeben und gleichzeitig die Aufwendungen für Parlamentarier um jährlich 190 Mio. R$ erhöht.

Im Ausland lebende Brasilianer schicken fast 3 Mrd. US$ jährlich zu ihren Familien im Heimatland. Dazu paßt, daß viele auf die USA schimpfen, aber 30 Mrd. US$ der in 2003 von Ausländern in die Heimat transferierten 100 Mrd. US$ eben aus diesen USA stammen. Nach dem Motto "die fütternde Hand wird erstmal gebissen".

In 2003 wurden 2,3 Mrd. R$ mit 225 Mio. Büchern in Brasilien umgesetzt. Der Brasilianer liest statistisch gesehen im Jahr 1,8 Bücher. 52 aller Buchverlage in Brasilien setzen weniger als 1 Mio. R$ im Jahr um, 74 % aller Buchverlage hoffen, daß 2005 besser als das Vorjahr wird, in diesem Jahr sollen 16.000 neue Titel erscheinen.

Die Schneiderin Belmira Damasco starb 2001 mit 89 Jahren, bezieht aber nach wie vor Rente. Jeden Monat werden ca. 400 R$ an sie überwiesen plus ein halbes Minimumgehalt, eine Rente, die sie von ihrem Vater erbte. Die Familie versucht seit September 2001 diesen Geldfluß zu stoppen, bis dato (3.4.2005) ohne Erfolg. Wie gut die Registrierung der Rentenempfänger funktioniert, merkt man auch daran, daß es ab einem Alter von 70 Jahren mehr Rentenempfänger als lebende Einwohner gibt. Diese Inkompetenz der Behörden kostet nach Schätzung des zuständigen Ministers ca. 30 Mrd. R$ im jahr. Und dann wird über das Defizit der Rentenversicherung gejammert!

Die Regierung hat zwar die Vereinheitlichung des Wechselkurses angekündigt, aber am 18.4.2005 konnte man im "Estado de São Paulo" folgende Dollarkurse (Kauf) vom 15.4. câmbio comercial 2,617, câmbio paralelo 2,707, câmbio turismo 2,560 lesen.

25 % des brasilianischen BIP wurde 2002 in nur 9 Städten erzeugt, nämlich São Paulo, Rio de Janeiro, Brasília, Manaus, Belo Horizonte, Duque de Caxias, Curitiba, Guarulhos und São José dos Campos. Zu dieser Zeit lebten in diesen Städten 15,2 % der brasilianischen Bevölkerung.

Nicht aus Neigung, sondern aus Notwendigkeit sind immer mehr Brasilianer Unternehmer und stehen dabei weltweit auf Platz 7:

Land % der Bevölkerung mit unternehmerischer Tätigkeit
Peru 40,3
Uganda 31,6
Ekuador 27,2
Jordanien 18,3
Neuseeland 14,7
Island 13,6
Brasilien 13,5
Australien 13,4
Argentinien 12,8
USA 11,3

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