ist wie überall auf der Welt Vertrauenssache und bedingt oft neben einer „normalen“ due diligence auch eine tiefgehende Analyse im Personalbereich. Wer eine Firma kauft, muß sich neben der Wertermittlung auch mit der Frage befassen, auf wen in der Firma er sich verlassen kann und von wem er sich besser trennen sollte.
Aber zuerst einige Überlegungen zur Wertermittlung. Die gebräuchlichen Methoden sind nicht immer anwendbar, auch wenn vieles in den letzten Jahren durch die niedrige Inflation - zur Zeit ca. 3 % im Jahr - und die Stabilität des R$ dabei einfacher geworden ist. Als wir die ersten Firmenwertermittlungen 1988 in Brasilien durchführten, waren z.B. Umrechnungen der Bilanz- und GuV - Werte mit Jahresend- bzw. Mittelkursen nicht möglich, weil sie wegen der Inflation zu völlig falschen Werten führten. Diese Zeiten sind vorüber, aber immer noch verkaufen viele Firmen ihre Waren ohne Rechnung oder kaufen ohne Rechnung ein, um der hohen Steuerbelastung zu entfliehen. Die offizielle Buchhaltung alleine spiegelt in diesen Fällen nicht die Wahrheit wider, sie muß durch eine inoffizielle Buchhaltung ergänzt werden, die die „schwarze Kasse“ der Firma berücksichtigt.
Wir raten in diesen Fällen unseren Kunden dringend vom Kauf einer solchen Firma ab, denn „schwarze Kassen“ sind auch in Brasilien gesetzeswidrig und selbst wenn der Käufer diese Praxis nicht fortführen will, hat er Schwierigkeiten zu erwarten. Denn mit Sicherheit werden die Kunden, die ohne Rechnung bei der Firma einkauften, abspringen, wenn aufgrund der korrekten Steuerabführung auf einmal die Preise höher werden. In einem konkreten Fall, der Übernahme einer Schmelzsicherungsfirma durch einen deutschen Konzern, kam es deshalb nicht zu einem Geschäftsabschluß.
Die Wertermittlung einer Firma stützt sich weitgehend auf die in Zukunft erzielbaren Gewinne, die z.T. aus der Vergangenheit abgeleitet werden. Da gerade kleine und mittlere Unternehmen aber ihre Gewinne nicht exakt ermitteln, um Buchhaltungsaufwand zu sparen, sondern mit einem “angenommen“ Gewinn arbeiten, der pauschal versteuert wird, fehlen oft die nötigen Daten für eine Gewinnprojektion.
Weitere Probleme können sich ergeben, wenn die Firma z.B. vom Einkommen der Arbeitnehmer deren Anteil an den Sozialversicherungsabgaben abzog, aber diese Abzüge nicht an die Sozialversicherung weiterleitete. Das ist zwar kein einfacher Regelverstoß, sondern ein Verbrechen, welches entsprechend strafrechtlich verfolgt wird - wenn es entdeckt wird! Und weil viele Arbeitgeber mit dieser Entdeckung nicht rechnen, kommen solche Fälle immer wieder vor.
Da in Brasilien, welches durchaus kein Niedriglohnland mehr ist, die Lohnnebenkosten ca. 100 % der Bruttobezüge betragen, beschäftigen viele Firmen Mitarbeiter, ohne diese ordnungsgemäß zu registrieren. Da gekündigte Mitarbeiter drei Jahre Zeit haben, ihren ehemaligen Arbeitgeber zu verklagen und solche Arbeitsgerichtsprozesse in der Regel auch gewinnen, hat der Firmenkäufer hier ein weiteres Risiko zu tragen, vor allem, wenn der Erwerber ein „reicher“ Ausländer ist. Hier wittert nämlich der ehemalige Mitarbeiter eine Chance, zu Geld zu kommen und Loyalität gegenüber dem neuen Eigentümer empfindet er dabei sicher nicht. Er läßt sich alleine von der Notwendigkeit leiten, zu Geld zu kommen. Diese Notwendigkeit ergibt sich dabei schon aus der einfachen Tatsache, daß es keine der deutschen vergleichbaren Arbeitslosenversicherung gibt.
An ihrer Stelle existiert eine achtprozentige Abgabe auf den Bruttolohn, die FGTS heißt, Fundo de Garantia por Tempo Servido oder Garantiefond für Beschäftigungsdauer. Das besondere Problem liegt darin, daß bei nicht fristloser Kündigung durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer Zugang zu diesem Geld hat, bei eigener Kündigung bleibt es auf seinem Konto bei der Caixa Econômica Federal, der Bundessparkasse, liegen. Wenn der neue Eigentümer die Notwendigkeit zum Personalabbau sieht, muß er bei einer Entlassung z.Z. 50 % Strafe auf den auf diesem Konto liegenden Betrag zahlen, den der Entlassene zuzüglich zum Wert des Garantiefonds erhält. Das Problem liegt darin, daß diese Strafe nicht nur die Gelder berücksichtigt, die im Rahmen des gekündigten Beschäftigungsverhältnisse deponiert wurden, sondern alle angesammelten und noch nicht ausgezahlten Beträge aus früheren Arbeitsverhältnissen in die Berechnung der Strafe einbezieht. Das kann im Einzelfall sehr teuer werden, solche Risiken müssen also unbedingt bei einer due diligence berücksichtigt werden.
Bei der Beurteilung der Führungskräfte zur Entscheidung über deren Verbleib in der Firma ist der Firmenkäufer auf seinen persönlichen Eindruck angewiesen, Zeugnisse sind in Brasilien völlig unbekannt.
Also Vorsicht beim Firmenkauf, landeskundliche Spezialisten sollten die Firma vor der Übernahme gründlich durchleuchten, damit der Käufer vor Überraschungen sicher ist. Aber diese Schwierigkeiten sollten den Käufer auch nicht abschrecken, es gibt genügend Beispiele für erfolgreiche Übernahmen. Wie wichtig dabei die Persönlichkeit des Käufers ist, zeigen Beispiele aus unserer Praxis, wo Brasilianer ausländische hochverschuldete Firmen kauften und diese in wenigen Monaten ohne zusätzliche Investition nachhaltig sanierten. Ihr Geheimnis - exzellente Personalführung und Motivation ohne Verängstigung oder Verunsicherung der Mitarbeiter. Es gibt aber auch Beispiele, in denen der Verkäufer nach der Übergabe ein Konkurrenzunternehmen aufzog und die besten Leute seiner ehemaligen Firma mitnahm. Wer sich in Brasilien engagieren will, sollte sich daher sehr gründlich mit dem Umfeld seiner neuen Firma vor dem Kauf vertraut machen. Brasilien ist anders!
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20 April 2007
Firmenkauf in Brasilien
Engineer, consultor, author e.g. "Aus internationaler Praxis", "Wirtschaftsboom am Zuckerhut", "Facetten des Imports" in "Business Guide Brasilien", articles in "HardvardBusinessManager", "Fortschrittliche Betriebsführung und Industrial Engineering", entrepreneur and inventor
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