XXX Brasil (gegründet ...) importiert von der Muttergesellschaft XXX GmbH Waren (stat. Warennummer: 34... aus Deutschland. XXX Brasil nationalisiert diese Waren und verkauft sie innerbrasilianisch an die weiterverarbeitende Industrie weiter. YYY Brasil (gegründet April 2011) importiert Produkte für die Lederverarbeitende Industrie sowohl von der Muttergesellschaft XXX GmbH, als auch von einem Niederländischen Produzenten. YYY Brasil nationalisiert diese Waren und verkauft diese innerbrasilianisch an die produzierenden Lederfabriken weiter. Beide Firmen zusammen beschäftigen x brasilianische Mitarbeiter.
Nun soll angeblich die XXX Brasil (YYY Brasil) auf diesen innerbrasilianischen Verkaufsrechnungen an ihre Kunden den Einkaufspreis ausweisen. Somit würde sich der Steuersatz von ca. 7 - 12% auf 4% reduzieren. Das Problem ist allerdings, dass durch Veröffentlichung des Einkaufspreises an den Kunden (egal ob Warenwert bei Import, oder Einstandspreis nach Nationalisierung), sich der Kunde die Gewinnspanne bzw. Kostendeckungsspanne der XXX Brasil (YYY Brasil) als reines Handelsunternehmen errechnen kann. Diese "Gewinnkalkulation" ist aber nicht nur ein "Betriebsgeheimnis", sondern auch die Existenzgrundlage der XXX Brasil und YYY Brasil.
Meine Frage nun:
a) stimmt der Sachverhalt?
b) wenn ja, welcher Preis muss veröffentlicht werden – Warenwert oder
Einstandspreis?
c) was passiert, wenn XXX Brasil diesen Wert NICHT veröffentlicht?
- bekommt XXX Brasil dann eine Strafe
- darf XXX Brasil dann „lediglich“ keine Verkäufe mit Steuerermäßigung auf 4% Umsatzsteuer tätigen (diese angesprochene Steuer ist doch vermutlich der mit Umsatzsteuer / Vorsteuer zu vergleichen?- sodass der Kunde keinen Nachteil hätte durch die Vorsteuerverrechnungsmöglichkeit – wohl aber XXX Brasil und YYY Brasil)
d) gibt es schon Reaktionen anderer Import – Firmen?
e) gilt dieser Gesetzesentwurf nur für bestimmte statistische Warennummern?/ bzw. sind bestimmte Nr. ausgeschlossen?
f) gilt dieser Gesetzesentwurf nur für Waren, die NICHT selber in Brasilien von brasilianischen Firmen hergestellt werden?
g) kommt diese „Praxis“ nicht einer Erhöhung der Importzölle gleich? – diese wurden jedoch schon im Dezember 2012 drastisch erhöht
h) verstößt diese „Praxis“ nicht gegen ein „Wettbewerbsverbot“? / Nationale Ware gegen Importware
Herr Sterzinger würde jetzt sagen: "Gute Frage! Nächste Frage?" Aber obwohl ein weiteres Buch über die ICMS-Steuer sicher zuviel wäre, ist eine Klärung angebracht. Dazu reicht ja vielleicht schon ein Fachartikel. Ich fand unter den deutschen Nachrichten zum Thema diesen Beitrag:
"Brasilien: Anpassung der Quoten der ICMS-Steuer
Der brasilianische Ausschuss für Wirtschaftsangelegenheiten CAE (Comissão de Assuntos Econômicos) des Senats genehmigte gestern (24.04.) den Grundgesetzestext, durch den die Quoten der Steuerabgaben ICMS (Steuer für Warenaustausch und Dienstleistungen) beim Handel zwischen den Bundesstaaten mit industrialisierten Produkten angeglichen werden.
Laut des Berichterstatters Delcídio Amaral (der Arbeiterpartei PT aus dem Bundesstaat Mato Grosso do Sul) seien unterschiedliche Quoten für fünf Regionen des Landes vorgesehen. In der Freihandelszone Manaus bleibt die Quote bei zwölf Prozent. In den Bundesstaaten des Nordens, Nordostens, Zentralwestens und für Espírito Santo entwickelte der Senator eine Quote von sieben Prozent des ICMS beim Verkauf industrialisierter Produkte. Zwischen 2014 und 2021 solle also der Prozentsatz stetig von zwölf auf sieben Prozent sinken. In den Bundestaaten des Südens und Südostens außer Espírito Santo wird es eine Reduzierung von zwölf auf vier Prozent geben. Die neue Quote wird ebenso ab 2021 gültig sein."
Hilfreich? Für mich nicht, also grub ich tiefer. Bevor ich erkläre, was Sache ist, will ich eine Tabelle zeigen:
Destino heisst Ziel und Origem heisst Herkunft. Die Abkürzungen stehen für die brasilianischen Bundesstaaten. Bisher galt also z.B. für Ware aus São Paulo, die innerhalb des Bundesstaates, also nach São Paulo, verkauft wurde, dass 18 % ICMS zu zahlen waren. Und wenn die Ware nach Minas Gerais ging, nur 12 %.
Und die neue Regelung, die kaum einer versteht? Von Vicente Sevilha las ich einige Informationen, die ich hier zusammenfasse:
- Die 4 % gelten nur für Operationen zwischen Bundesstaaten
- Der Senat hat festgelegt, dass dieser Wert für Importware gilt, wenn diese nach der Nationalisierung (Verzollung) nicht industriell in Brasilien weiterverarbeitet wurde oder wenn nach einer Weiterbearbeitung in Brasilien der Importgehalt über 40 % beträgt
- Auch wenn der Versand in einen anderen Bundesstaat nicht unmittelbar nach der Verzollung geschieht, gelten die 4 %
- Also beträgt der ICMS-Wert ab dem 1.1.2013 für alle Operationen zwischen Bundesstaaten für Ware mit einem Importgehalt über 40 % unabhängig vom Datum des Importes 4 %, also auch für Importware, die am 31.12.2012 Lagerbestand einer Firma in Brasilien war
- Für Importware ohne vergleichbare brasilianische Produkte (siehe CAMEX-Liste); für Ware, die in Übereinstimmung mit den Grundproduktionsprozessen hergestellt wurde und für importiertes Naturgas gelten allerdings weiterhin für Operationen zwischen Bundesstaaten 7 bzw. 12 % gemäß der gezeigten Tabelle
- Der Importgehalt ist der Quotient aus "Wert des importierten Anteiles" / "Gesamtwert der Ware" für den Fall einer industriellen Weiterverarbeitung
- Der Importgehalt ist jedes mal zu ermitteln, wenn ein neuer Verarbeitungsprozess dazu kommt
- Der Wert des importierten Anteiles ist der Wert des Importes, der als Ausgangsbasis für die ICMS-Berechnung beim Import galt
- Der Gesamtwert der Ware beim Verlassen eines Bundesstaates ist der vollständige Warenwert mit allen Steuern und Abgaben
- Wenn eine Importware weiterverarbeitet wurde, muss darüber eine Erklärung abgegeben werden: FCI - Ficha de Conteúdo de Importação
- In dieser FCI müssen die folgenden Informationen enthalten sein: Beschreibung der Ware nach der Industrialisierung, Warentarifnummer NCM/SH gemäß Mercosulnomenklatur, GTIN-Kode (Numeração Global de Ítem Comercial, falls vorhanden) der Ware; Maßeinheit, Wert des Importanteiles, Gesamtwarenwert beim Verlassen des Bundesstaates, in dem die Industrialisierung stattfand und der Inhalt des Importes
- Diese Erklärung muss digital an die zuständige Bundeseinheit geschickt werden und digital unterschrieben sein, der Verkäufer erhält anschliessend eine Quittung mit einer Kontrollnummer, die in den Fiskaldokumenten beim Warenversand angegeben werden muss
- Der Beginn dieser Regelung wurde zeitlich auf den 1.5.2013 verschoben
- Ebenfalls ab dem 1.5.2013 muss auf der elektronischen Rechnung NF-e die FCI-Nummer angegeben werden
- Die FCI-Erklärung muss immer dann neu eingereicht werden, wenn sich der Importanteil um mehr als 5 % verändert
- In der NF-e, also der elektronischen Rechnung (Nota Fiscal Eletrônica) muss der Wert des Imortanteiles, die FCI-Nummer und der prozentuale Importanteil am Warenwert abgegeben werden, wenn die Ware beim Aussteller der Rechnung industriell weiterverarbeitet wurde
- Für den Fall reiner Handelsware ohne industrielle Weiterverarbeitung muss der Importwert angegeben werden
- Da die NF-e noch nicht (war auch nicht anders zu erwarten) an diese neue Regelung angepasst wurde, müssen diese Informationen unter "Zusätzliche Informationen" aufgeführt werden
- Die Códigos de Situação Tributária – CST wurden an die neue Situation angepasst: 0 = national, 1 = Direktimport, 2 = in Brasilien gekaufte Importware, 3 = in Brasilien weiterverarbeitete Importware mit einem Importgehalt über 40 %, 4 = brasilianische Ware, die in Übereinstimmung mit den produktiven Grundprozessen nach Decreto Lei 288/67 und den Gesetzen 8.248/91, 8.387/91, 10.176/01 und 11.484/07 hergestellt wurden, 5 = nationale Ware mit einem Importgehalt bis zu 40 %, 6 = Direktimport ohne entsprechende nationale Ware nach CAMEX-Liste, 7 = in Brasilien gekaufte Importware ohne entsprechende nationale Ware nach CAMEX-Liste
- Firmen, die nach dem SIMPLES NATIONAL - Verfahren besteuert werden, brauchen diese Vorschriften nicht zu berücksichtigen und zahlen weiterhin zwischen 1,25 und 3,95 % ICMS
- Die Liste der ausländischen Produkte, die keine entsprechende nationale Konkurrenzprodukte haben, kann unter www.sevilha.com.br/semsimilar abgerufen werden
Also muss man "die Hosen herunterlassen" und tatsächlich dem Käufer seiner Ware mit Importgehalt über 40 % sagen, wie hoch dieser Anteil wertmässig ist. Was passiert, wenn man dies nicht tut, steht noch nicht fest, aber sicher muss mit Sanktionen gerechnet werden. Unsere Buchhaltungsfirma hat deshalb zum Mittel der Einstweiligen Verfügung gegriffen, um zu vermeiden, dass man sich ab 1.5.2013 offenbaren muss.
PS: Bei den drei Dingen handelt es sich um Feuer, Pfeife und Stanwell(tabak), siehe die Werbung des Knollennasenmännchens von Loriot! Wie Sie sehen, bin ich auf die Werbung hereingefallen:
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