Das ist jedenfalls die Meinung der lokalen Industrie, die ihre im Lande hergestellten Waren nicht mehr verkaufen kann wegen der ausländischen Konkurrenz. Aber das ist kein typisch brasilianisches Problem, sondern ein globales. Im Zeitalter der Globalisierung werden seit der Krise von 2008 täglich Handelsbarrieren errichtet, die Handelsströme in der Grössenordnung von zusammen 1,6 Billionen US$ beeinträchtigen. 10 % des Welthandels wurden von solchen Massnahmen betroffen, die in den letzten 2 Jahren ergriffen wurden - nachdem die G20 - Länder hoch und (schein)heilig verkündet hatten, dass man gerade das nicht machen werde.
Unser Problem in Brasilien ist, dass es uns zu gut geht im Vergleich zu vielen anderen Ländern. Dazu kommt der starke Real bzw. der schwache US-Dollar, immer noch Leitwährung - oder besser Leidwährung? - der Welt, sowie der schwache Euro, der den US-Dollar als Leitwährung noch nicht ersetzt hat. Dies ist z.B. der €-R$-Kurs der letzten 12 Monate:
Der US$-R$-Kurs sieht nicht besser ist:
Und da die Binnennachfrage vieler Länder sich noch nicht erholt hat, sucht man sein Heil im Export. Und wenn man dann ein aufstrebendes Land wie Brasilien gefunden hat, pumpt man seine Waren natürlich hinein. Das Resultat ist in diesem Fall ein Ansteigen der Importe per August 2010 gegenüber dem Vorjahresvergleichzeitraum von
- 79,7 % bei Anlagegütern
- 44,6 % bei langlebigen Konsumgütern
- 70,5 % bei Schmier- und Treibstoffen (sagte Lula nicht, Brasilien sei autark?)
- 39,6 % Rohstoffe und Halbfertigwaren
Im Januar 2008 importierte Brasilien Güter für mehr als 12 Mrd. US$, dieser Wert stieg bis auf über 17 Mrd. US$ im Monat, stürzte während DER KRISE auf unter 8 Mrd. US$ und erreichte im August 2010 schon wieder 16,3 Mrd. US$.
Kein Wunder, dass die betroffenen brasilianischen Industrien stöhnen. Aber wie sagt man in Brasilien? Versuche nicht, die Sonne mit einem Sieb abzublenden! Also sollte die Industrie auch zugeben, dass sie in vielen Fällen nicht wettbewerbsfähig ist bzw. nicht die Güter herstellt, die im Lande benötigt werden. Das ist nicht unbedingt ihr zuzurechnen, denn die Regierung Lula und ihre Vorgänger haben es nicht geschafft, nach der Demokratisierung des Landes die nötigen Strukturen für diese Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen - keine der wichtigen Reformen wie Steuerreform, Sozialversicherungsreform, Wahlrechtsreform etc. ist auch nur annäherungsweise in Angriff genommen worden. Die Brasilienkosten - custo Brasil - und die alles erstickende Bürokratie machen allen, nicht nur den Industriellen, das Leben schwer und die Korruption sowie der Korpgeist bei Politikern, Beamten und Öffentlichem Dienst, deren Integranten sich ihrer Gruppe mehr verpflichtet fühlen als dem Staat, dem sie dienen sollten, haben bisher Abhilfemassnahmen unmöglich gemacht. Leider muss ich betonen, dass die PT, die als Saubermannpartei angetreten ist, diejenigen, die besser informiert und ideologisch unabhängig sind, schwer enttäuscht hat. Bei ihr ist nicht der Wille zu spüren, das Land für seine Bürger zu gestalten, sondern nur der, an der Macht zu bleiben und sich aus den Futtertrögen, die ihr solange verwehrt blieben, zu bedienen. Mir ist, um Kommentaren vorzubeugen, durchaus bewusst, dass die anderen Parteien nicht viel besser sind. Wobei es mich freut, dass die Verletzung des Steuergeheimnisses des Präsidentschaftskandidaten der Opposition, seiner Familie und seiner Parteikollegen durch PT-Anhänger und -Mitglieder wohl keine Abgründe enthüllt hat, denn diese wären sicher lauthals verkündet worden.
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