26 Juni 2013

Die "Presidenta" rudert zurück

Es ist schon erstaunlich, wie schlecht vorbereitet die brasilianische Präsidentin unter Druck Massnahmen per Schnellschuss ankündigt und diese dann doch nicht durchführt, weil der wichtige Schritt "Denken + Prüfen lassen" vor der Ankündigung vergessen oder schlecht ausgeführt wurde. So ist es mit der Verfassungsgebenden Versammlung, die per Volksbefragung  einberufen werden sollte, um den Willen der Strasse in der Verfassung zu perpetuieren. So ein Verfahren ist nämlich in der brasilianischen Verfassung nicht vorgesehen, worauf - leider erst nach der Ankündigung im Fernsehen auf zwangsweise gleichgeschalteten Sendern - die Präsidentin von ihrem eigenem Vizepräsidenten und der Standesorganisation OAB - Ordem dos Advogados do Brasil der brasilianischen Anwälte hingewiesen werden musste. Jetzt soll, wie der Justizminister erklärte, gelten, dass die Präsidentin einen direkten Volksentscheid möchte, um die von ihr vorgeschlagenen Reformen durchzusetzen.

Da bleibt die Frage offen, warum in den 8 Jahren Regierungszeit ihres Vorgängers Lula und in den 2 Jahren, die sie selbst schon hinter sich gebracht hat, die Regierungsmehrheit nicht benutzt wurde, um diese Reformen durchzuführen? Die Antwort ist einfach, diese Reformen werden von der Regierung und vom Parlament nicht gewollt!

Aber wenigstens lassen sich die Parlamentarier noch durch die Massendemonstrationen beeindrucken. Das Vorhaben, der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit zu nehmen, bei Verbrechen (vor allem auch bei white collar crimes) selbständig zu ermitteln, wurde mit breiter Mehrheit vom Parlament abgeschmettert. 430 Abgeordnete stimmten gegen den Gesetzesvorschlag (emenda constitucional PEC 37) und nur 9 dafür. Ohne den Druck der Strasse wären die Abstimmungsverhältnisse wahrscheinlich umgekehrt gewesen.

Bezeichnend übrig, wie unsere Präsidentin zu hohlen Phrasen Zuflucht nimmt, wie sie in kommunistischen Ländern oder bei den linken Studenten 1968 in Deutschland üblich waren. So verlangte sie nach einem plebiscito popular, als ob eine Volksabstimmung nicht immer popular sei; siehe auch "Deutsche Demokratische Republik". Ein anderes Beispiel war ihre Forderung, corrupção dolosa als Schwerverbrechen zu bestrafen. Korruption ist eigentlich immer vorsätzlich, also auch hier "doppelt gemoppelt" hält besser. Übrigens ist m.E. Schwerverbrechen nirgends exakt definiert, auch nicht im deutschen Rechtswesen.

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